10.7.3 Berechnung des Verwandtenunterstützungsanspruchs
Der Regierungsrat des Kantons Aargau hat Richtlinien über die Geltendmachung von Verwandtenunterstützung (Verwandtenunterstützungsrichtlinien, VUR) erlassen. Diese dienen den Gemeinden als Hilfsmittel für die Geltendmachung und Berechnung eines allfälligen Verwandtenunterstützungsbeitrags.
Bei der Berechnung des effektiven Unterstützungsanspruchs werden der Bedarf der unterstützten Person und die Leistungsfähigkeit der verwandten Person einander gegenübergestellt.
Bedarf der unterstützten Person
Der maximale Anspruch auf Verwandtenunterstützung richtet sich nach dem existenzsichernden Bedarf der unterstützten Person. Die Verwandtenunterstützung soll den allgemeinen Lebensunterhalt, also insbesondere Ernährung, Kleidung, Wohnung sowie Gesundheitskosten der unterstützten Person sichern. Der Anspruch auf Verwandtenunterstützung erstreckt sich zudem auf Kosten für stationäre Aufenthalte, beispielsweise zur Behandlung von Suchterkrankungen, und für den Vollzug von strafrechtlichen Sanktionen (Judith Widmer, Verhältnis der Verwandtenunterstützungspflicht zur Sozialhilfe in Theorie und Praxis, Zürich 2001, S. 49). Die Berechnung des Bedarfs der unterstützten Person kann entsprechend der Bedarfsberechnung in der Sozialhilfe erfolgen (BGE 132 III 97 E. 2.4).
Bedarfsberechnung der unterstützungspflichtigen Person
Das anrechenbare Einkommen der unterstützungspflichtigen verwandten Person setzt sich zusammen aus dem effektiven Einkommen und einem Vermögensverzehr (§ 3 Abs. 1 VUR) . Unter dem effektiven Einkommen wird das aktuell tatsächlich erzielte Einkommen verstanden, welches mittels aktuellen Belegen zu ermitteln ist. Anders als bei der grundsätzlichen Prüfung eines Verwandtenunterstützungsanspruchs, sollte bei der Berechnung des Anspruchs in der Regel nicht einzig auf eine Steuerveranlagung abgestellt werden.
Die finanziellen Mittel einer Ehepartnerin / eines Ehepartners oder einer eingetragenen Partnerin / eines eingetragenen Partners der unterstützungspflichtigen Person können nicht direkt zur Verwandtenunterstützung herangezogen werden. Im Rahmen der ehelichen Unterstützungspflicht können sich diese dennoch erhöhend auf die Unterstützungspflicht auswirken. Die finanziellen Verhältnisse der Ehepartnerin / des Ehepartners oder der eingetragenen Partnerin / des eingetragenen Partners können indirekt insofern berücksichtigt werden, als diese / dieser mehr an den Unterhalt der Familie beisteuern muss, als dies ohne Verwandtenunterstützungspflicht der Fall wäre. Folglich ist das Gesamteinkommen des Ehepaares zwar massgebend für die Berechnung des für die Verwandtenunterstützung verfügbaren Beitrags, aber die Einkommenshöhe der unterstützungspflichtigen verwandten Person bestimmt die Höchstgrenze des Verwandtenunterstützungsbeitrags (Judith Widmer, Verhältnis der Verwandtenunterstützungspflicht zur Sozialhilfe in Theorie und Praxis, Zürich 2001, S. 41 f.). Weitere Erläuterungen und Beispiele finden sich in der SKOS Praxishilfe "Berechnung der Verwandtenunterstützung".
Vom verbleibenden Betrag wird der jährliche Vermögensverzehr wie folgt berechnet (§ 3 Abs. 3 VUR):
Die Anrechnung des Vermögens erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die pflichtige Person eine angemessene Altersvorsorge aufbauen und erhalten kann
(§ 3 Abs. 6 VUR).
Ermittlung des effektiven Anspruchs auf Verwandtenunterstützungsbeitrags
Als Verwandtenunterstützungsbeitrag ist grundsätzlich die Hälfte der ermittelten Differenz zwischen dem anrechenbaren Einkommen und der Pauschale für gehobene Lebensführung einzufordern (§ 5 Abs. 1 VUR). Die unterstützungspflichtigen Verwandten müssen sich jedoch nicht mehr als den effektiven Bedarf der zu unterstützenden Person anrechnen lassen
(BGE 132 III 97 E. 2.4).