11.2.1 Kürzung von Sozialhilfeleistungen bei Nichtbefolgung von Auflagen und Weisungen
Gemäss § 13b Abs. 1 SPG können Sozialhilfeleistungen gekürzt werden, wenn Auflagen und Weisungen nicht befolgt werden und die betreffende Person auf Sanktionen im Fall der Nichtbefolgung ausdrücklich hingewiesen wurde.
Das Auflagen- und Weisungsverfahren (2-stufiges Verfahren) hat wie folgt abzulaufen:
Es liegt im Ermessen der Sozialbehörde, ob sie Auflagen und Weisungen erlassen will. Es besteht keine Pflicht dazu. Im Rahmen ihres Ermessensspielraums hat die Sozialbehörde zu entscheiden, ob überhaupt eine Auflage oder Weisung zu treffen ist und welche konkrete Auflage oder Weisung gegebenenfalls zu wählen ist.
Bevor die Sozialbehörde einen Entscheid mit Auflagen und Weisungen erlassen kann, hat sie der unterstützten Person das rechtliche Gehör zu gewähren (§ 21 Abs. 1 VRPG, vgl. Kapitel 1.2.4 Wahrung des rechtlichen Gehörs). Konkret bedeutet dies, dass die unterstützte Person über die geplanten Auflagen und Weisungen sowie über die Folgen, welche eine allfällige Nichteinhaltung einer verfügten Auflage oder Weisung mit sich bringt, zu informieren ist. Weiter muss der unterstützten Person die Möglichkeit geboten werden, sich innert einer angemessenen Frist mündlich oder schriftlich zu diesen Informationen zu äussern. Die Anordnung von Auflagen und Weisungen hat schriftlich mittels einer beschwerdefähigen Verfügung zu erfolgen (§ 26 ff. VRPG). Angeordnete Auflagen und Weisungen müssen zudem rechtlich und tatsächlich durch die unterstützte Person erfüllbar sein und sollten so klar formuliert sein, dass die unterstützte Person genau weiss, was von ihr erwartet wird und wie sie die Auflagen und Weisungen erfüllen kann. Die Folgen der Missachtung von Auflagen und Weisungen in Form von Leistungskürzungen müssen ausdrücklich angedroht worden sein, damit die Leistungskürzung vorgenommen werden kann. Somit gilt, dass die Kürzung im Auflageentscheid lediglich anzudrohen ist und nicht bereits beschlossen werden darf.
Die Sozialbehörde kontrolliert die Befolgung der von ihr rechtskräftig verfügten Auflagen und Weisungen (erste Verfügung). Bei einem Verstoss gegen die Auflagen und Weisungen ist der unterstützten Person erneut das rechtliche Gehör zu gewähren. So wird der unterstützten Person die Möglichkeit geboten, sich zu ihrem Verhalten zu äussern und allfällige Entschuldigungsgründe vorzubringen. Die Sozialbehörde beurteilt anschliessend das Fehlverhalten und entscheidet über die Notwendigkeit einer Kürzung sowie über deren Dauer und Höhe. Die festgelegte Kürzung ist der unterstützten Person in Form einer zweiten begründeten und beschwerdefähigen Verfügung zu eröffnen (zweite Verfügung). Sobald die Verfügung rechtskräftig ist, können die Sanktionen vollzogen werden.
Bei der Festlegung der konkreten Kürzung ist immer das Verhältnismässigkeitsprinzip zu berücksichtigen. Die Kürzung bemisst sich nach dem Verschulden der unterstützten Person beziehungsweise danach, was dieser konkret vorgeworfen werden kann. Je nach Schwere des Verschuldens kann die Kürzung hinsichtlich Höhe und Dauer unterschiedlich ausfallen. Weiter sind die Interessen der von einer Kürzung indirekt mitbetroffenen Personen in einer Unterstützungseinheit zu berücksichtigen. Dies können Ehepartnerinnen und Ehepartner, eingetragene Partnerinnen und Partner oder Kinder der sanktionierten Personen sein. Für Kinder und Jugendliche besteht zusätzlich ein besonderer verfassungsrechtlicher Schutz auf Unversehrtheit und Förderung ihrer Entwicklung (Art. 11 BV). Der Bedarf von Kindern und Jugendlichen ist deshalb grundsätzlich von der Kürzung auszunehmen (vgl. SKOS-Richtlinien Kapitel F.2 Erläuterungen b).
Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit können der Grundbedarf für den Lebensunterhalt um 5% bis 30% gekürzt sowie Integrationszulagen und Einkommensfreibeträge gekürzt beziehungsweise gestrichen werden (vgl. SKOS-Richtlinien Kapitel F.2).
Wird die materielle Hilfe aufgrund Nichtbefolgung von Auflagen und Weisungen ein erstes Mal gekürzt, ist die Existenzsicherung zu beachten. Die Existenzsicherung liegt bei 70% des Grundbedarfs gemäss den SKOS-Richtlinien (§ 15 SPV). Die Kürzungen sind in der Regel zu befristen. Eine Kürzung unter die Existenzsicherung kommt allenfalls in Frage, wenn ein zweites Mal aus dem gleichen Grund gekürzt wird (vgl. Kapitel 11.2.2 Kürzung von Sozialhilfeleistungen unter die Existenzsicherung und Einstellung von Sozialhilfeleistungen bei Nichtbefolgung von Auflagen und Weisungen).
Junge Erwachsene in Einpersonenhaushalten und in Zweckwohngemeinschaften erhalten einen tieferen Grundbedarf als Kinder und Erwachsene (vgl. Kapitel 7.1.5 Grundbedarf für junge Erwachsene). Bei Kürzungen ist zu beachten, dass den jungen Erwachsenen dennoch mindestens 70% des Grundbedarfs nach ordentlichen Ansätzen auszuzahlen ist.