INV-REI905 Spinnerei "Fischer", 1832 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REI905
Signatur Archivplan:REI905
Titel:Spinnerei "Fischer"
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2011)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Reinach (AG)
Adresse:Hauptstrasse 88
Versicherungs-Nr.:29
Parzellen-Nr.:2138
Koordinate E:2656493
Koordinate N:1233231
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656493&y=1233231

Chronologie

Entstehungszeitraum:1832
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Fabrikgebäude, Manufakturgebäude

Dokumentation

Würdigung:Spätklassizistisch-biedermeierlicher Fabrikbau von 1832, der als eine der ersten mechanischen Spinnereien erstellt wurde und später verschiedene Industriezweige beherbergte. Der durch eine solide Konstruktionsweise und grosszügige Raumverhältnisse überzeugende Bau bewahrt die historischen Fenster und einen jüngeren Fassadenschmuck. In einer leichten Kurve stehend, markiert die Fabrik noch heute als mächtiger, nur unwesentlich veränderter Baukörper den südlichen Ortseingang. Die Tatsache, dass von ihr im späten 19. Jahrhundert die weitere industrielle Entwicklung des Ortsteils ausging, macht sie zu einem wichtigen industriegeschichtlichen Bauzeugen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Fabrikgebäude wurde 1832 von Samuel und Johann Heinrich Fischer, zwei Brüdern des Reinacher Baumwollverlegers und damaligen "Bären"-Besitzers Johann Jakob Fischer, als mechanische Spinnerei errichtet. Die zunächst allein auf weiter Flur stehende Fabrik begründete die in der Folge rasch fortschreitende Industrialisierung am südlichen Dorfausgang. Die um 1850 vorhandenen vier grossen Spinnereistühle mit zusammen 1248 Spindeln wurden mit der Wasserkraft des Mühlekanals betrieben. Das unterschlächtige Wasserrad war an der östlichen Traufseite in einem Radhäuschen montiert (vgl. Ansicht von ca. 1910, Fotodokumentation). Die spätere Bezeichnung "Litzi", die sich auf die Strohflechterei bezieht [1], erhielt das Gebäude 1869 mit dem Verkauf an den Schwager der Gebrüder Fischer, den Arzt Gottlieb Hegnauer, und dessen Schwiegersohn Hans Streit. Die Firma Streit & Co., die schon 1877 Konkurs ging, betrieb mit Hilfe der vorhandenen Wasserkraft des Mühlebachs eine Rosshaar- und Hanfreibe [2]. Nach dem Niedergang dieses Industriezweigs und einem kurzen Abstecher in die Seidenindustrie gelangte das Gebäude 1891 in den Besitz der Menziker Zigarrenfabrikanten "Weber Söhne". Seit den 1970er Jahren dient sie als Lagerhalle der Drahtwerke Fischer AG.
Das Radhäuschen wurde nach 1940 abgebrochen (auf der Siegfriedkarte von 1940 noch eingezeichnet), der Mühlekanal nach 1996 überdeckt (vgl. Kurzinventar von 1996).
Beschreibung:Das am ehemaligen Mühlekanal längs der Landstrasse erstellte Fabrikgebäude ist ein spätklassizistisch-biedermeierlicher Mauerbau unter einem geraden Satteldach, welches teilweise noch die originale, mit Holzschindeln unterlegte Biberschwanz-Einfachdeckung aufweist. Der Baukörper ragt dreigeschossig über einem halb eingetieften Keller hoch. Gleichmässig verteilte Fensterachsen - längsseitig acht, schmalseitig drei - gliedern die Fassaden. Die Fenster, von denen jene im Giebelfeld das zeittypische Palladio-Motiv mit zentraler Rundbogenöffnung aufweisen, sind aus Sandstein gearbeitet. Direkt unter dem First ist eine Lünette eingelassen. Die gefugten Zementputz-Ecklisenen, wohl aus der Zeit um 1900, werden von Kapitellen mit einem antikisierenden Triglyphenfries-Motiv bekrönt.
Die Erschliessung des Gebäudes erfolgt über ein Treppenhaus mit einfacher hölzerner Wangentreppe und grosszügig bemessenem Treppenauge in der nordwestlichen Gebäudeecke. Die frühere, in der Mittelachse der nördlichen Giebelfront angelegte Eingangstür, war über eine ausladende, geschwungene Freitreppe zugänglich (vgl. Ansicht von ca. 1910, Fotodokumentation). Bei der Umnutzung der "Litzi" als Lagerhaus musste sie einem Liftturm und einer Verladerampe weichen.
Die Fabrikräume bestehen aus dreischiffigen Hallen, welche abgesehen von der Erschliessungsecke jeweils die gesamte Geschossfläche einnehmen (im Erdgeschoss und 2. Obergeschoss in einer späteren Phase mit Zwischenwänden versehen). Das Tragsystem bilden zwei Längsreihen hölzerner Stützen mit Sattelhölzern, die im 2. Obergeschoss mittels gusseiserner Strebekonsolen mit den hölzernen Unterzügen nachträglich verschraubt wurden.
Anmerkungen:[1] "Litze" wurde eine geflochtenes Strohband genannt.
[2] Beides sind Rohstoffe der Strohwarenindustrie.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 52.
Literatur:- Peter Steiner, Reinach. Die Geschichte eines Aargauer Dorfes, Reinach 1964, S. 332, 340-341.
- Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 393, 399-340 (Abb.).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
- Historische Vereinigung Wynental, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121947
 

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