INV-STR905 Brittnauerstrasse 60, 1843 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-STR905
Signatur Archivplan:STR905
Titel:Brittnauerstrasse 60
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2023)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Strengelbach
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dörfli
Versicherungs-Nr.:10, 11
Parzellen-Nr.:733
Koordinate E:2637453
Koordinate N:1235820
Situationsplan (AGIS):https://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2637453&y=1235820

Chronologie

Entstehungszeitraum:1843
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz ehem. Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Bäuerliches Wohnhaus von 1843, das 1913 mit einem Ökonomietrakt in Heimatstilformen zu einem Vielzweckbau ergänzt wurde. Das Gebäude bewahrt seine äussere Erscheinung mit sorgfältigen Details wie gequaderte Lisenen und Gewände aus Sandstein, Holzsäulen und zierbeschnitze Büge. Dem bäuerlichen Vielzweckbau kommt mit seiner prominenten Stellung im Dörfli ein hoher Situationswert zu. Als Wohn- und Geschäftshaus der Firma Johann Müller AG und als Bestandteil der Korporation "Dörfligmeind" (heute "Dörfli Strengelbach AG") ist es von lokalhistorischer Bedeutung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss der Inschrift am Schlussstein, der sich am Türsturz des ehemaligen Hauseingangs an der südöstlichen Traufseite befindet, wurde das bäuerliche Wohnhaus 1843 errichtet. Ein erster Ökonomieteil im Südwesten des Wohnhauses wurde gemäss Brandkataster 1885 angebaut. Es handelte sich um ein Gebäude aus Stein und Holz unter einem Ziegeldach [1]. Diesen ersten Scheunenanbau zeigt ein Gemälde von 1904 des Malers Othmar Döbeli (siehe Bilddokumentation) [2]. Wahrscheinlich 1913, für dieses Jahr ist im Brandkataster eine Erhöhung des Versicherungswertes verzeichnet, wurde der Ökonomietrakt durch den heutigen Bau ersetzt [3].
Seit 1892 steht das Gebäude in Verbindung mit der Textilfirma Johann Müller AG. Diese liess sich 1845 in Strengelbach im Dörfli nieder und betrieb in einem Bauernhaus am Waldrand (Dalchenweg 4 u. 6) eine Garndruckerei. In zweiter Generation wurde das Familienunternehmen 1892 an den heutigen Standort verlegt und eine Färberei sowie eine Strickerei und Wirkerei angegliedert. Das Fabrikareal wurde nach und nach mit zusätzlichen Bauten für die sich entwickelnde Produktion ergänzt. Der bäuerliche Vielzweckbau wird auch heute noch von der Johann Müller AG genutzt, wobei das Innere des Gebäudes modernisiert wurde.
Zusätzlich gehörte das Gebäude wohl seit seiner Errichtung zu der sogenannten "Dörfligmeind". Diese Korporation umfasste die Eigentümerschaften der 15 Häuser im "Dörfli", dem ältesten Dorfteil von Strengelbach. Sie besassen gegenüber der Ortsbürgergemeinde zusätzlichen Besitz und Nutzungsrechte. Das Korporationsgut umfasste vor allem Landwirtschaftsland sowie Wald und somit auch Bau- und Brennholz. Mit dem Ende des Ancien Régimes 1798 und der Gründung der politischen Gemeinden im Rahmen der ersten modernen Verfassung existierte die "Dörfligmeind" als juristische Person in Gestalt einer Genossenschaft (Dörfligenossenschaft) weiter bis sie 2012 in die Aktiengesellschaft "Dörfli Strengelbach AG" umgewandelt wurde [4].
Beschreibung:Der bäuerliche Vielzweckbau befindet sich im Dorfteil "Dörfli" auf der Westseite der Brittnauerstrasse und gehört zum Areal der Johann Müller AG. Mit seiner prominenten Stellung prägt er den Strassenraum des Dörflis. Der zweigeschossige, verputzte Massivbau gliedert sich in den ostseitigen Wohnteil von 1843 und den jüngeren Wirtschaftsteil mit Tenn, Stall und giebelseitigem ehemaligem Fabrikationstrakt von 1913. Ein traufseitig weit auskragendes, geknicktes Teilwalmdach spannt sich über den gesamten Baukörper. Die Flugsparrenkonstruktion an der Strassenseite ist wohl nachträglich verschalt worden. Die nach Südosten ausgerichtete Hauptfassade des Kernbaus, der ein ursprünglich bäuerlicher Nutzgarten vorgelagert ist, ist mit fünf regelmässigen Fensterachsen versehen, denen in der Dachfläche Giebeldachgauben entsprechen. Am Türsturz des gartenseitigen Hauseingangs ist die Jahrzahl "1843" zu lesen. Auch die nordwestliche Trauffassade hat fünf Fensterachsen, während die strassenseitige Stirnseite deren drei zählt. Sämtliche Fenster besitzen in Sandstein gehauene Gewände mit einem Ladenfalz und kräftig profilierten Bänken. Aus Sandstein bestehen auch die gequaderten Ecklisenen, die den Wohntrakt einfassen. Die nordwestliche Trauffassade zeigt eine Obergeschosslaube auf vier schlanken gedrechselten Holzsäulen toskanischer Ordnung. Die Laube wurde mit einer neuen Holzverschalung versehen und teilweise mit Fenstern ergänzt.
Die Erschliessung erfolgte ursprünglich über einen durchlaufenden Quergang. Eine Aussentreppe führt über die Laube ins Obergeschoss und in das ausgebaute Dachgeschoss. Das Innere des Gebäudes ist vollständig modernisiert (Auskunft der Johann Müller AG; keine Innenbesichtigung). Von der Nordwestfassade her ist ein kleiner Gewölbekeller zugänglich, in dem sich heute eine Heizung befindet.
Der Wirtschaftstrakt ist gegenüber dem Wohnteil um Mauerstärke eingezogen. In seinen Detailformen zeigt er Elemente des Heimatstils ist aber auch dem älteren Wohnteil angeglichen. Dies belegen die übernommenen gequaderten (Eck-)Lisenen. Die südwestliche Stirnseite ist mit einer korbbogigen Giebelverschalung versehen, die auf zierbeschnitzen Bügen abgestützt ist. Das Heubühnengeschoss über den markanten Korbbogentoren belichtet eine Reihe ovaler Fenster (Ochsenaugen). Die Stallmauer in Sichtbackstein stellt wohl eine nachträgliche Veränderung dar.
Anmerkungen:[1] StAAG, CA.0001/0660, Vers.-Nr. 184.
[2] Widmer-Dean 2014, S. 126.
[3] StAAG, CA.0001/066, Vers.-Nr. 10.
[4] Widmer-Dean 2014, S. 115–129.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Einzelobjekt 0.2.4, Erhaltungsziel A.
Literatur:- Heinrich Fehr, Geschichte der Gemeinde Strengelbach, o.O. [1960], S. 97.
- Markus Widmer-Dean, Strengelbach. Ein Dorf und seine Geschichte, Strengelbach 2014, S. 126–127.
- Hans u. Therese Berchtold, Strengelbach in alten Ansichten, Zaltbommel 1985, o. S.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0659 (1850–1874) Vers.-Nr. 2; CA.0001/0660 (1875–1898) Vers.-Nr. 184 u. 3; CA.0001/0661 (1899–1938) Vers.-Nr. 10 u. 11, Brandkataster Gemeinde Strengelbach.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=141217
 

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