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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1605 - 1606 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Dokumentation |
Würdigung: | Ehemals strohgedeckter bäuerlicher Vielzweckbau, dessen Kernbau gemäss einer dendrochronologischen Holzaltersbestimmung von 1605/06 stammt. Als Hochstudhaus (Firstständerkonstruktion) mit charakteristischem weit herabhängendem Walmdach und ungebrochenen Dachflächen ist es ein wichtiger baulicher Zeuge für eine den Aargau prägende Hausgattung. Die rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion mit zwei durchgehenden und einem abgefangenen Firstständer sowie First, Unterfirst, Sperrafen und Windpfetten ist intakt erhalten, weshalb dem Gebäude eine grosse konstruktionsgeschichtliche und handwerkliche Bedeutung zukommt. Mit seiner exponierten Lage unmittelbar an der Brittnauerstrasse prägt das Hochstudhaus das Ortsbild im Bereich des ältesten Siedlungsteils von Strengelbach. Als Bestandteil der Korporation "Dörfligmeind" (heute "Dörfli Strengelbach AG") ist es zudem von lokalhistorischer Bedeutung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Gemäss der dendrochronologischen Holzaltersbestimmung wurde das ehemals strohgedeckte Hochstudhaus 1605/06 errichtet [1]. Einer zweiten Bauphase ist die Erweiterung des Wohnteils nach Norden und Westen in Fachwerkbauweise zuzuordnen, mit der vermutlich seine firstparallele Aufteilung in zwei unabhängige Teile einherging. Die beiden Wohneinheiten umfassten je eine Wohnung, einen Tremkeller und die Hälfte der Scheune. Aufgrund der stichbogigen Fenster mit kräftig profilierten Bänken hat dieser Umbau wahrscheinlich bereits im 18. Jh. stattgefunden. Nachdem 1875 zuerst nur der First sowie ab 1880 nach und nach weitere Dachflächen mit Ziegeln gedeckt wurden, erfolgte die vollständige Umdeckung von Stroh auf Ziegel gemäss den Brandkatastereinträgen etwa um 1920 [2]. Wahrscheinlich ist in diesem Zusammenhang aufgrund des zusätzlichen Gewichts der Ziegel der stehende Dachstuhl entstanden. Das Gebäude gehörte wohl seit seiner Errichtung zu der sogenannten "Dörfligmeind". Diese Korporation umfasste die Eigentümerschaften der 15 Häuser im "Dörfli", dem ältesten Dorfteil von Strengelbach. Sie besassen gegenüber der Ortsbürgergemeinde zusätzlichen Besitz und Nutzungsrechte. Das Korporationsgut umfasste vor allem Landwirtschaftsland sowie Wald und somit auch Bau- und Brennholz. Mit dem Ende des Ancien Régimes 1798 und der Gründung der politischen Gemeinden im Rahmen der ersten modernen Verfassung existierte die "Dörfligmeind" als juristische Person in Gestalt einer Genossenschaft (Dörfligenossenschaft) weiter bis sie 2012 in die Aktiengesellschaft "Dörfli Strengelbach AG" umgewandelt wurde [3]. Im 20. Jh. war das Gebäude für einen längeren Zeitraum im Besitz der Familie Hauri, weshalb es den Übernamen "Hauri-Haus" erhielt. Walter Hauri war nicht nur Landwirt, sondern betreute auch als Förster den Korporationswald der "Dörfligmeind" [4]. Um eine spätere Ergänzung handelt es sich beim Schopfanbau an der östlichen Stirnseite zur Strasse hin. Dieser wurde im 20. Jh. errichtet und erfuhr fortlaufend kleinere Anpassungen, etwa durch den Einbau einer Heizung sowie von Zwischenwänden aus Kalksandstein und Beton. Der Wohnteil zeigt im Innern durchgehend moderne Oberflächen, wobei sich möglicherweise darunter noch historische Bausubstanz findet. |
Beschreibung: | Das ehemals strohgedeckte Hochstudhaus befindet sich im Dorfteil "Dörfli" auf der Westseite der Brittnauerstrasse gegenüber einem stattlichen bäuerlichen Vielzweckbau aus der Zeit um 1840 (kantonales Denkmalschutzobjekt STR001). Mit seiner prominenten Stellung prägt es den Strassenraum des Dörflis. Der Kernbau des Gebäudes von 1605/06 wurde ursprünglich als rein hölzerner Ständerbau errichtet und trägt ein tiefherabgezogenes Walmdach wie es für Hochstudhäuser charakteristisch ist. Der Baukörper gliedert sich in einen Wohnteil im Westen, ein mittiges Tenn und einen Stall. Östlich schliesst zur Strasse hin ein Schopfanbau unter Teilwalmdach mit niedrigerer Firsthöhe an. Vom ursprünglich rein hölzernen Ständerbau zeugen noch eindrücklich die Bohlenständerwände im Bereich des Obergadens an der südlichen Längsseite und jene zwischen dem Tenn und dem Wohnteil sowie die sehr gut erhaltene rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion samt gefächerter Rafenlage. An der Obergadenwand der Südwestfassade sind zur Aussteifung mehrfach gezahnte, sehr altertümlich wirkende Kopfhölzer an den jeweiligen Ständer und das Geschossrähm angeblattet. Bauzeitlich dürfte auch der mit einer breiten Zierfase und Kerbverzierungen versehene Brustriegel unter einem der Obergadenfenster sein. Die Wand zwischen Wohnteil und Tenn zeigt, dass Wandständer mittels verblatteter Kopfbänder auch mit den quer zum First verlaufenden Spannbäumen verbunden sind. Zum Ursprungsbau gehört auch der mächtige Schwellenkranz mit doppelten Schlössern. Seit der Erweiterung des Wohntraktes im 18. Jh. zeigt sich das Erdgeschoss in Fachwerkbauweise. An der westlichen Stirnseite haben sich die Stichbogenfenster mit stark profilierten Sohlbänken erhalten. Von besonderer historischer und handwerklicher Bedeutung ist die Dachkonstruktion von 1605/06. Sie besteht aus drei Hochstüden (Firstständern) beidseits des Tenns und über dem Wohnteil. Der Hochstud auf der Ostseite des Tenns ist abgefangen. Neben den Hochstüden haben sich auch die anderen Bestandteile, die zu dieser Konstruktion gehören, erhalten, nämlich die Firstpfette, der Unterfirst, die Sperrafen, Rafen und Windstreben. Bei der Erweiterung des Wohnteils im 18. Jh. wurde die Firstpfette nach Westen angesetzt, gestützt von einer auf einem Hahnenbalken abgefangenen Firstsäule. Auch dieser angefügte Teil der Dachkonstruktion ist rauchgeschwärzt. Der nördliche Längswalm wurde mit Aufschieblingen ergänzt, damit der Wohnteilanbau unter das Vollwalmdach integriert werden konnte. Die Dachfläche zeigt deshalb aussen an dieser Stelle einen Knick. Wohl im Zusammenhang mit der Umdeckung auf Ziegel wurde im Bereich des Kernbaus nachträglich ein stehender Stuhl ergänzt. Da der Wohnteil im Innern modernisiert wurde, lassen sich über die Raumaufteilung des Ursprungsbaus keine sicheren Aussagen machen. Wahrscheinlich besass er nach einem gängigen Schema einen vierteiligen Grundriss mit Stube, Nebenstube, Küche und Kammer. Mit der Hauserweiterung- und aufteilung im 18. Jh. erhielt die südöstliche Haushälfte einen eigenen Zugang über eine der Küche vorgelagerte Erdgeschosslaube. In den seit Jahrzehnten nicht mehr benutzten und nicht mehr zugänglichen Obergaden, der nach Süden zwei Kammern aufweist, gelangte man vermutlich über eine Aussentreppe sowie über die noch bestehende Tür, die auf Obergadenhöhe in die Tennwand eingelassen ist. Unter dem Kernbau befinden sich zwei Balkenkeller, die über einen Aussenzugang mittels steiler Holztreppen vor der nördlichen bzw. der südlichen Längsfassade zugänglich sind. An historischer Ausstattung hat sich im nördlichen Wohnteil ein grüner Kachelofen wohl aus dem 18. Jh. erhalten; die Sitzkunst wurde im 20. Jh. erneuert. Der Ökonomietrakt des Hochstudhauses ist im Bereich des Tenns, das auf der Nordseite das alte Tenntor bewahrt, gut erhalten. Der Stall hingegen wurde im 20. Jh. mit Backsteinen neu aufgemauert und durch den strassenseitigen Anbau erweitert. |
Anmerkungen: | [1] Raymond Kontic, Basel, Dendrochronologische Holzaltersbestimmung, 2000. [2] StAAG: CA.0001/0659–0661. [3] Widmer-Dean 2014, S. 115–129. [4] StAAG: CA.0001/0659–0661; Berchtold 1985, o. S. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Baugruppe 1.1, Erhaltungsziel A. |
Literatur: | - Markus Widmer-Dean, Strengelbach. Ein Dorf und seine Geschichte, Strengelbach 2014, S. 124–127. - Hans u. Therese Berchtold, Strengelbach in alten Ansichten, Zaltbommel 1985, o. S. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0659 (1850–1874) Vers.-Nr. 9A u. 9B; CA.0001/0660 (1875–1898) Vers.-Nr. 9A u. 9B; CA.0001/0661 (1899–1938) Vers. Nr. 16, Brandkataster Gemeinde Strengelbach. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Archiv, Sign. STR839.001-BE-2000-01/001: Brittnauerstrasse 54, Raymond Kontic, Basel, Dendrochronologische Holzaltersbestimmung, 2000. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=141219 |
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