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Portal Beschäftigung

Praxisbeipiele

Zahlreiche Gemeinden, gemeinnützige Organisationen und Private bieten Beschäftigungsmöglichkeiten für Personen aus dem Asylbereich an. In den nachfolgenden Erfahrungsberichten werden einige ausgewählte Beschäftigungsangebote näher vorgestellt.

Natur- und Landschaftsschutz

Landschaftsfoto: grüne Wiese, Bäume, Bauernhof.
Foto: Kanton Aargau

Biologische Landwirtschaft Dällenbach

Handkreissäge oder Handsäge – beides bringt das gewünschte Resultat hervor

In Uerkheim auf dem Biolandwirtschaftsbetrieb von Georg Dällenbach wird seit einigen Monaten einmal die Woche ein Asylsuchender beschäftigt. Es geht um die Pflege von Naturschutz- und Biodiversitätsflächen. Beispielsweise werden Ast- und Steinhaufen als Verstecke und Nistgelegenheiten für Kleintiere gebaut. Oder es werden zu gross geratene Sträucher bei Zäunen zurückgeschnitten sowie Unkraut wie die Blacke beseitigt. Dällenbach überlegt sich jeweils gut, welche Aufgaben er dem Asylsuchenden zuweist: "Das Erklären soll nicht länger dauern als nachher das Ausführen." Zudem ist Flexibilität gefragt, denn manchmal zeigt sich erst beim Ausprobieren, dass etwas nicht so funktioniert, wie eigentlich geplant. Zum Beispiel benutzt der Asylsuchende die Handsäge um Holz zu sägen, da er mit der elektrischen Handkreissäge nicht umzugehen weiss. "Als Resultat springt das Gleiche heraus und das ist wichtig", hält Georg Dällenbach fest.

Erschwerte Kommunikation

Es sei eine Kunst die passende Tätigkeit für jemanden zu finden. Wenn die Person kaum Deutsch spreche, müsse man herausspüren wo ihre Fähigkeiten liegen, merkt der Bio-Landwirt an. Die fehlenden Deutschkenntnisse seien auch das grösste Hindernis im Umgang mit dem etwas über 50-jährigen Somalier, der zurzeit beschäftigt wird. Die erschwerte Kommunikation bedeutet aber nicht, dass ein gemeinsames Arbeiten unmöglich ist. Einfache Arbeiten, die vorgezeigt werden können und deren Resultate direkt sichtbar sind, sind gut erklär- und machbar. Bisher hat Dällenbach gute Erfahrungen gemacht mit den beiden Asylsuchenden, die er bis heute beschäftigt hat. Sie arbeiten schnell, sind motiviert und froh einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen zu können.

Dem Sozialen Platz einräumen

An einen Moment erinnert er sich gerne zurück. Mit seiner Frau und seiner Tochter sowie dem damaligen Asylsuchenden aus Kurdistan räumten sie gemeinsam den Waldrand auf, machten nach getaner Arbeit ein kleines Feuer und grillierten zusammen. Dieses gemütliche Beisammensein habe allen Freude bereitet. "Dem Sozialen Platz einzuräumen ist wichtig", streicht Georg Dällenbach heraus.

Landwirtschaftsbetrieben mit der Möglichkeit ein Beschäftigungsangebot zu machen, rät er, dass sie sich Zeit nehmen, um das Engagement vorzubereiten. Es gilt zu überlegen, welche Beschäftigungen in welchen Situationen den Asylsuchenden angeboten werden können. Betriebe müssten sich vor Augen führen welche Handgriffe bei den jeweiligen Tätigkeiten gemacht werden müssen, um entscheiden zu können, ob diese als Beschäftigungsmöglichkeit für die Teilnehmenden infrage kommen.

Bau einer Trockenmauer, Gerüst, vier Asylbewerber.
Foto: zVg

Sanierung Trockenmauern – Stadtbauamt Lenzburg

Mit dem Handwerk des Trockensteinmauerbaus vertraut werden

Das Beschäftigungsangebot "Sanierung Trockenmauern" am Schlossberg und Goffersberg in Lenzburg kam in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Verband der Trockensteinmaurer (SVTSM) zustande. Das befristete Projekt startete im November 2017 und läuft voraussichtlich noch bis Ende März 2018. Acht Personen aus dem Asylbereich aus Lenzburg und Aarau nehmen am Beschäftigungsangebot teil. Die Trockenmauer wird um die 15 Meter lang. Mit dem Bau sind verschiedenen Tätigkeiten verbunden, die einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad aufweisen. Zum Beispiel Podest- und Stützmauerbau, Aushub- und Erdarbeiten, Abbruch bestehenden Mauerwerks, Steintransport mit Karrette/Seilwinde sowie Steinbearbeitung und korrektes Aufschichten.

Der Einsatzwille ist da

Für alle Teilnehmende konnten passende Aufgaben gefunden werden. Christian Brenner vom Stadtbauamt Lenzburg und Verantwortlicher des Projekts, ist zufrieden mit dem Verlauf: "Die Teilnehmenden sind willige Leute. Sie sehen es als Abwechslung an, etwas in ihrem Alltag machen zu können". Sie hätten auch einen Teilnehmenden gehabt, der aufgrund einer körperlichen Behinderung aus dem Projekt ausgestiegen sei, aber grossen Einsatzwillen gezeigt habe. Brenner spürt, dass die Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge grosse Hoffnungen haben dank dieser Tätigkeit weiterzukommen. Sie sind dankbar, etwas Sinnvolles zu lernen. Zudem schätzen sie das Zusammensein und den Austausch mit den Schweizer Kollegen.

Spezialisten vereinfachen die Arbeit

Insgesamt hat das Beschäftigungsprojekt mit den Personen aus dem Asylbereich gut geklappt. Das ist auch den Spezialisten vom SVTSM vor Ort zu verdanken. Sie realisierten schon einige Trockenmauerbauprojekte, unter anderem eines in Äthiopien. Den Umgang mit Personen aus anderen Kulturkreisen sind sie bereits gewohnt und fehlende Sprachkenntnisse stellen keine grosse Hürde dar. Schon eher Mühe bereitete den Projektverantwortlichen, dass sich einige Teilnehmende nicht meldeten, wenn sie verhindert waren. Auch mit den abgegebenen Zetteln, auf denen eine Telefonnummer vermerkt war auf der sie sich abmelden konnten, klappte es nicht. "Vielleicht liegt es daran, dass sie sich nicht getrauten oder kein Geld auf dem Handy hatten", vermutet Brenner.

Gute Arbeitskleidung braucht es

Die fehlenden Arbeitskleider stellten die grössere Schwierigkeit dar. Die Teilnehmenden besassen weder Schuhe mit Stahlkappen, noch gute Arbeitshosen oder Handschuhe. Brenner und sein Team besorgten die notwendige Ausrüstung und stellten die gekauften Utensilien den Teilnehmenden für den Einsatz jeweils zur Verfügung. Über eine Angewohnheit eines Teilnehmenden hat sich Brenner erstaunt: "Einer unserer Teilnehmer zog immer die Socken aus, wenn er die Arbeitsschuhe anzog. Wir wiesen ihn zu Beginn noch darauf hin, dass er frieren würde, aber liessen ihn gewähren". Gefreut hat Brenner die Tatsache, dass ein Teilnehmer sich mit Trockenmauern gut auskannte, da sein Vater oder Grossvater in seinem Heimatland damit zu tun hatte.

Für Brenner hat es sich bewährt, Spezialisten vor Ort zu haben, die das Handwerk beherrschen und den Umgang mit Personen aus dem Asylbereich gewohnt sind. Er empfiehlt diese Konstellation potentiellen Anbietern. Des Weiteren müsse auch daran gedacht werden, die notwendige Arbeitskleidung für die Teilnehmenden zu besorgen. Diesen Aufwand braucht es, wenn im Freien und mit schwerem Material hantiert wird.

Schweizerischer Verband der Trockensteinmaurer

Pflege

Asylsuchender hält einer alten Dame den Becher zum Trinken an den Mund.
Foto: zVg

Essen verabreichen im Reusspark

Stolz sein den Kindern den Beschäftigungsort zeigen zu können

Im Zentrum für Pflege und Betreuung Reusspark im Freiamt können sich seit über einem Jahr Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge melden, um das Pflegepersonal beim Essenverabreichen zu unterstützen. Dieses Beschäftigungsangebot wird rege genutzt. Zu Beginn startete das Projekt mit zehn Personen. In der Zwischenzeit sind es 25 Teilnehmende, die an zwei bis fünf Tagen in der Woche während den morgendlichen und abendlichen Essenszeiten den Bewohnerinnen und Bewohnern das Essen eingeben. Die Teilnehmenden sind motiviert und engagiert. Nur ganz vereinzelt kam es bisher vor, dass jemand aufgrund psychischer Probleme oder Unzuverlässigkeit ungeeignet war. Frau Scimonetti, Leiterin Geriatrie und Verantwortliche des Beschäftigungsangebots, zieht eine positive Bilanz: "Das Pflegepersonal wird entlastet, die Teilnehmenden verbessern ihre Deutschkenntnisse, knüpfen Kontakte und bescheren den Bewohnerinnen und Bewohnern viel Freude." Besonders schätzt sie die Offenheit der Teilnehmenden, die ihr von ihren Familien erzählen und von ihren Plänen, was die Zukunft anbelangt. "Einige nehmen auch ihre Kinder einmal mit, um ihnen zu zeigen, wo sie beschäftigt sind", führt sie aus und ergänzt, "das erfüllt sie mit Stolz".

Unentschuldigtes Fehlen

Besonders freut sich Scimonetti, dass ein Teilnehmer als Praktikant gewonnen werden konnte und nun das Kombijahr an der Berufsschule absolviert. Eine schöne Erinnerung habe sie auch an die Weihnachtsfeier, an der die meisten Teilnehmenden teilgenommen haben. Der Austausch unter den Bewohnerinnen und Bewohnern, deren Angehörigen und den Personen aus dem Asylbereich werde von allen Seiten geschätzt. Es gab zudem kaum Schwierigkeiten im Projekt. Ein Problem, das vor allem zu Beginn bestand, war das Abmelden bei Nichterscheinen. "Die Teilnehmenden haben ein Handy, jedoch kein Geld darauf. Nicht jeder konnte sich telefonisch melden, wenn er nicht zur Beschäftigung erscheinen konnte", erklärt Scimonetti. Beobachtet habe sie ausserdem, dass Frauen häufiger fehlten als Männer. Ein Grund seien ihre Kinder, denn, wenn die Ehemänner mit deren Betreuung überfordert waren, blieben die Frauen der Beschäftigung fern.

Vorteile auf beiden Seiten

Interessierten Anbietern von Beschäftigungsangeboten gibt sie mit auf den Weg, dass Personen aus dem Asylbereich grosse Motivation zeigen. Zudem habe sie auch gute Erfahrungen mit muslimischen Teilnehmenden gemacht: "Die Religion war nie ein Problem. Stereotypen haben sich diesbezüglich nie bestätigt." Es könnten noch vermehrt Personen aus dem Asylbereich für solche Tätigkeiten eingesetzt werden und dies in unterschiedlichen Branchen. So haben Beschäftigungsangebote für beide Seiten Vorteile. Dennoch sei es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass für die Betreuung der Teilnehmenden mehr Zeit als für andere Helferinnen und Helfer aufgewendet werden müsse: "Es braucht viele Gespräche, Erklärungen und Kontakt mit den Teilnehmenden", erklärt Scimonetti.

Räumungsarbeiten

Zwei Asylbewerber verräumen zusammen einen Tisch.
Foto: Badener Tagblatt/Alex Spichale

Räumungsarbeiten im Kurtheater Baden

Aus kurzen Einsätzen längerfristige Kontakte knüpfen

Im April 2018 herrschte reger Betrieb im Kurtheater in Baden. Ende März wurde das Haus wegen Umbauarbeiten geschlossen und innert wenigen Wochen von tatkräftigen Helferinnen und Helfern leer geräumt. Acht Personen aus dem Asylbereich unterstützten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei diesem Unterfangen. Die Technik wurde abgebaut, Einrichtungsgegenstände und sonstiges Material wie Kabel, Scheinwerfer und Lampen in Kisten verstaut. Im Rahmen des Beschäftigungsangebots "Räumungsarbeiten im Kurtheater Baden" wurden diese Arbeiten durchgeführt. Die Theaterstiftung Region Baden-Wettingen, die das Kurtheater betreibt, initiierte diese Beschäftigungsmöglichkeit. Die Motivation lag einerseits darin, Geflüchteten die Möglichkeit zu bieten, Arbeitserfahrungen zu sammeln und andererseits mit einem kleinem Budget möglichst viel herauszuholen, erklärte Katja Stier, Kommunikationsverantwortliche der Theaterstiftung.

Bedenken und Vorurteile abbauen

Für sie war das Projekt ein grosser Erfolg: "Wir haben durchwegs positive Erfahrungen gemacht. Alle Teilnehmenden sprachen und verstanden ausreichend Deutsch, waren immer freundlich und hilfsbereit und überdurchschnittlich engagiert." Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kurtheaters Baden wurde diese Einstellung sehr positiv aufgefasst. Es wurde sehr lobend über die Teilnehmenden gesprochen. Anfängliche Bedenken und Vorurteile konnten aus dem Weg geräumt werden. Die Arbeitsatmosphäre war sehr entspannt und interessante Gespräche in den Mittagspausen trugen zur guten Stimmung bei: "Einmal versuchten ein Kurde und ein Afghane den Unterschied zwischen Schiiten und Sunniten zu erklären. Die Diskussion endete schliesslich auf beiden Seiten mit Gelächter". Frau Stier würde es nicht überraschen, wenn aus dem Projekt längerfristige Kontakte zwischen einigen Mitarbeitenden und Personen aus dem Asylbereich geknüpft worden wären, die über das Beschäftigungsangebot Bestand hielten. Herausforderungen im Projekt zeigten sich bei der Organisation der Teilnehmenden. Es sei zu Beginn etwas schwierig gewesen, zu wissen, wer an welchen Tagen dabei sein werde, erklärte Frau Stier. Die Planung wurde dadurch erschwert, dass angemeldete Personen kurzfristig abgesagt hätten, beispielsweise weil sie erkrankten oder mit einer Schnupperlehre starteten. Insgesamt zieht sie eine positive Bilanz und würde eine Beschäftigungsmöglichkeit in diesem Rahmen erneut durchführen und auch weiterempfehlen.

Sich gegenseitig kennenlernen

Zukünftigen Anbietern von Beschäftigungsangeboten empfiehlt Frau Stier eine Informationsveranstaltung zu machen: "Das ist eine gute Gelegenheit sich gegenseitig kennenzulernen, den Teilnehmern die Räumlichkeiten zu zeigen und die Arbeiten zu erläutern, wie auch um die Erwartungen zu klären und um einen Eindruck von ihren Deutschkenntnisse zu bekommen." Des Weiteren könne auch schon geschaut werden, welche Personen sich für welche Tätigkeiten eigenen. Die einen können gut mit bestimmten Werkzeugen umgehen, andere bringen bestimmte Sozialkompetenzen mit und wiederum andere spezielle Fähigkeiten, die entsprechend eingesetzt werden können.