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Erinnerungskultur

Die Eidgenossen kommen! Geschichten zum Aargauer Schicksalsjahr 1415 erleben

Im Frühling 1415 entreissen die Eidgenossen in einem handstreichartigen Feldzug den mächtigen Habsburgern ihre Stammlande im Aargau. Die Folgen dieses Ereignisses sind bis heute spürbar.

Mit der Aufteilung des Aargaus unter den Eidgenossen bildeten sich die heute noch den Kanton prägenden Regionen Freiamt, Baden, Berner Aargau und Fricktal heraus. Zwei davon, das Freiamt und die damalige Grafschaft Baden, werden von den eidgenössischen Orten gemeinsam verwaltet und damit zum verbindenden Element der noch jungen Eidgenossenschaft. Unter dem Motto "Die Eidgenossen kommen!" wird der ganze Kanton Aargau 600 Jahre nach der historischen Weichenstellung zum Schauplatz eines vielfältigen und attraktiven Erlebnisprogramms rund um die Ereignisse und Folgen von 1415.

Das offizielle kantonale Gedenkjahr 1415 ging am 20. November 2015 mit einem feierlichen Gedenkakt im Stadtmuseum Aarau zu Ende. Nachstehend ein Bilderrückblick auf die vielfältigen und interessanten Projekte, Veranstaltungen und Ausstellungen zum Gedenkjahr 1415.

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Eidgenossen gegen Habsburger

Szene aus der Spiezer Chronik von Diebold Schilling, 1485. © Burgerbibliothek Bern – Mss.h.h.I.16

Die Ereignisse im Jahr 1415 reihen sich in die lange Geschichte der Konflikte zwischen den Habsburgern und den Eidgenossen ein. Diese beginnen um 1300 als die Habsburger versuchten, ihre Herrschaft zwischen Rhein und Alpen auszubauen. Bei der Schlacht von Morgarten 1315 gelingt es den Eidgenossen erstmals das Heer der Habsburger unter Herzog Leopold I. zu schlagen.

Mit der Schlacht von Sempach 1386 treten die Konflikte in ihre brisanteste Phase, und erst rund einhundert Jahre später werden sie durch eine vom französischen König vermittelte Aussöhnung beendet. Für die Eidgenossenschaft ist das 15. Jahrhundert somit eine Zeit tiefgreifender Veränderungen – aus einem zunächst losen Staatenbund wird eine gefestigte Einheit.

1415: Ereignisse und Folgen

Der Feldzug der Eidgenossen im Überblick. © Kanton Aargau

Ausgangspunkt des Einmarsches der Eidgenossen in den Aargau im Frühling 1415 ist ein Streit zwischen dem habsburgischen Herzog Friedrich IV. – zu seinem Herrschaftsgebiet gehört auch der Aargau – und dem König des heiligen römischen Reiches, Sigismund von Luxemburg. Diese treffen am Konzil von Konstanz aufeinander, wo im Frühjahr 1415 die damalige Spaltung innerhalb der Kirche überwunden werden soll. Herzog Friedrich ist in Konstanz, um einem der drei konkurrierenden Päpste seine Unterstützung zukommen zu lassen. Als sich abzeichnet, dass der von Herzog Friedrich unterstützte Papst keine Chancen haben würde, verhilft ihm Friedrich am 21. März zur Flucht. Kurze Zeit später wird dieser aber aufgegriffen und auf Geheiss von König Sigismund gefangengenommen. Zehn Tage nach diesem Ereignis, am 30. März, fordert Sigismund von seinen Verbündeten, den Besitz Friedrichs anzugreifen.

Die Eidgenossen lassen sich nicht zweimal bitten: Zwischen dem 18. April und dem 18. Mai erobern die Berner, Zürcher und Luzerner sowie weitere eidgenössische Orte die meisten Gebiete südlich des Juras – nur das Fricktal bleibt im Besitz der Habsburger. Damit verändert sich die politische Situation im ehemals habsburgischen Stammland – dem damaligen Aargau – völlig. Die Habsburger sehen sich auf die Gebiete nördlich des Juras zurückgeworfen. Der westliche Teil des Aargaus wird schrittweise in den bernischen Staat integriert.

Meilenstein der Schweizer Geschichte

Für die Schweizer Geschichte von grosser Relevanz sind die Entwicklungen in der Grafschaft Baden und den Freien Ämtern. Hier werden die ersten Gemeinen Herrschaften der Eidgenossenschaft errichtet. Diese gilt es gemeinsam zu verwalten: Aus der Rechnungsablegung der eidgenössischen Landvögte entsteht die Tagsatzung in Baden, die lange Zeit die einzige gesamteidgenössische Institution bleiben sollte. Das Interesse an den Gemeinen Herrschaften eint die eidgenössischen Orte nicht nur vorübergehend gegen die Habsburger, sondern langfristig auch über innere, vor allem konfessionelle Gräben hinweg. Die Eroberung des Aargaus bildet damit die wichtigste Voraussetzung, damit sich aus den verschiedenen Stadt- und Landorten der alten Eidgenossenschaft ein handlungsfähiges politisches Gebilde entwickeln konnte.

Geburtsstunde der Aargauer Regionen

Aufgrund der neuen Herrschaftskonstellationen nach 1415 bilden sich auf dem Gebiet des heutigen Kantons Aargau vier Regionen heraus: Das Freiamt, Baden, der Berner Aargau und das Fricktal. Das Jahr 1415 gilt darum als Geburtsstunde der Aargauer Regionen. Als 1803 im Rahmen der von Napoleon einberufenen Helvetischen Consulta der Kanton Aargau gegründet wird, entsteht ein aus vier unterschiedlichen Landesteilen bestehender neuer Kanton. Die Ereignisse von 1415 haben nicht nur einschneidende Konsequenzen für die Geschichte der Eidgenossenschaft, sie prägen ebenso den Aargau und seine Regionen bis heute.

Top Thema - Die Eidgenossen kommen!

Die Kapitulationsbriefe der aargauischen Städte sind im Staatsarchiv Aargau digital verfügbar.

Die Ereignisse 1300 - 1511

Um 1300: In den letzten zwei Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts entstehen mehr und mehr Konflikte zwischen den Habsburgern, die ihre Herrschaft zwischen Rhein und Alpen ausbauen, und den Ländern Uri, Schwyz und Unterwalden.

1315: Bei der Schlacht von Morgarten gelingt es den Schwyzern, das Heer der Habsburger unter Herzog Leopold I. zu schlagen. In der Folge schliessen die Waldstätte ein Bündnis – den Bund von Brunnen – und erhalten vom römisch-deutschen König die Bestätigung ihrer Reichsfreiheit.

1332: Luzern beginnt, sich von Habsburg abzuwenden und tritt dem Bund der Waldstätte bei.

1351 – 1353: Zürich, Zug, Glarus und Bern schliessen Bündnisse mit den Waldstätten.

1386: Vernichtende Niederlage der Habsburger unter Herzog Leopold III. gegen die Eidgenossen bei der Schlacht von Sempach.

1412: Schliessung eines "Fünfzigjährigen Friedens" zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern.

1415: Die Eidgenossen entreissen den Habsburgern ihre Stammlande im Aargau.

1436 – 1450: Im Rahmen eines innereidgenössischen Konflikts geht Zürich ein Bündnis mit Habsburg ein. Habsburg versucht, im "Alten Zürichkrieg" seine verlorenen Herrschaftsgebiete wieder zurück zu erlangen, scheitert aber nach langen Auseinandersetzungen.

1450: Die Eidgenossen beschwören ihre alten Bündnisse neu und festigen damit ihren Zusammenhalt.

1474: Der habsburgische Herzog Sigmund von Tirol ist zu einem Friedensvertrag mit den Eidgenossen bereit. Die so genannte "Ewige Richtung" beendet die lange Feindschaft zwischen den beiden Konfliktparteien.

1499: Die Habsburger gehen während des "Schwabenkrieges" ein letztes Mal auf Konfrontationskurs, doch die Eidgenossen besiegen die Heere des "Schwäbischen Bundes" in mehreren Schlachten. Im Frieden zu Basel am 22. September 1499 wird der eigenständige Status der Eidgenossenschaft anerkannt, der Rhein wird über weite Strecken zur Grenze.

1511: Kaiser Maximilian I. macht mittels eines neuen, vererbbaren Vertrags eine endgültige Aussöhnung der Habsburger mit den Eidgenossen möglich.

Bildnachweis

Diebold Schilling: Spiezer Chronik, 1485 Burgerbibliothek Bern – Signatur: Mss.h.h.I.16

Mehr zum Thema

Literatur

  • Brun, Peter: Schrift und politsches Handeln. Eine "zugeschriebene" Geschichte des Aargaus 1415– 1425. Zürich 2006.
    In der Kantonsbibliothek ausleihen
  • Gerber, Roland: Herrschaftswechsel mit Misstönen. Der Übergang der Herrschaft Aarburg von Habsburg an Bern zwischen 1415 und 1458. In: Argovia 120. Aarau 2008, 131–155.
    Zu Retro-Seals
  • Meier, Bruno: Zur Habsburgerforschung im Aargau. In: Argovia 120. Aarau 2008, 8-17.
    Zu Retro-Seals
  • Nierhäuser, Peter (Hg.): Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee, Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich ; Bd.77 (174. Neujahrsblatt), Zürich 2010.
    In der Kantonsbibliothek ausleihen
  • Niederhäuser, Peter: Eidgenössische Kleinstädte und ihre Beziehungen zum Reich und zu Habsburg. In: Dünnebeil Sonja (Hg.): Aussenpolitisches Handeln im ausgehenden Mittelalter. Akteure und Ziele. Regesta Imperii Beiheft 27. Wien 2008, 259–276.
    In der Kantonsbibliothek ausleihen
  • Sauerländer, Dominik: Aargau. 2.2 - Der Aargau wird eidgenössisch (1415). In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS)
    Zum HLS
  • Stettler, Bernhard: Die Eidgenossenschaft im 15. Jahrhundert. Die Suche nach einem gemeinsamen Nenner. Zürich 2004.
    In der Kantonsbibliothek ausleihen
  • Würgler, Andreas: Die Tagsatzung der Eidgenossen. Politik, Kommunikation und Symbolik einer repräsentativen Institution im europäischen Kontext 1470-1798, Habilitationsschrift Universität Bern 2004.
    In der Kantonsbibliothek ausleihen