Geschichte 1712: Der Zweite Villmergerkrieg
Der Zweite Villmergerkrieg war ein militärischer Konflikt zwischen reformierten und katholischen Orten der Alten Eidgenossenschaft. Er brachte eine politische Neuordnung und beendete die Vormachtstellung der katholischen Orte.
Als Villmergerkriege werden zwei militärische Konflikte der Alten Eidgenossenschaft bezeichnet. Beim Dorf Villmergen in der gemeinsam verwalteten Zone zwischen den Machtblöcken fanden 1656 und 1712 blutige Entscheidungsschlachten statt. Politischer Streitpunkt war die Machtverteilung im eidgenössischen Staatenbund. Insbesondere die aufstrebenden Wirtschaftszentren Bern und Zürich beanspruchten mehr Einfluss in den gemeinsam regierten Gebieten. Im Ersten Villmergerkrieg 1656 hatten sich die katholischen Truppen durchgesetzt und die seit dem Zweiten Kappeler Landfrieden von 1531 geltende Vormachtstellung der katholischen Orte gefestigt.
Toggenburger Wirren
Auslöser für den Zweiten Villmergerkrieg waren seit Jahrzehnten schwelende Spannungen zwischen dem Kloster St. Gallen und seinen mehrheitlich reformierten Untertanen im Toggenburg. Im April 1712 eskalierte der Konflikt. Die reformierten Stadtstaaten Zürich und Bern erklärten dem Fürstabt von St. Gallen den Krieg. Erste Besetzungen und Plünderungen fanden auf dem Terrain der heutigen Ostschweiz statt.
Katholischer Korridor
Die katholischen Fünf Orte Luzern, Schwyz, Uri, Zug und Unterwalden entschieden sich zur Gegenwehr. Wie bereits im Ersten Villmergerkrieg besetzten sie strategisch wichtige Städte und Flussübergänge im Freiamt und in der Landvogtei Baden. In diesen gemeinsam regierten Gebieten hatten die katholischen Orte die Oberhand. Sie stellten rund drei Viertel der Landvögte und es gelang ihnen, die Region weitgehend katholisch zu halten. Ziel war die Sicherung eines aus den Freien Ämtern und der Grafschaft Baden bestehenden "katholischen Korridors" zwischen dem Berner und dem Zürcher Herrschaftsgebiet.
Kriegsschauplatz Baden
Gleichzeitig mobilisierte Bern seine Truppen. Bei Stilli überquerten sie die Aare und vereinten sich mit den Zürcher Truppen. Die Städte Mellingen und Bremgarten wurden von den Reformierten eingenommen. Unter Artilleriebeschuss kapitulierte am 1. Juni 1712 auch die katholisch besetzte Stadt Baden.
Friedensbemühungen
Der militärische Druck führte zur Intensivierung der seit Beginn der Auseinandersetzungen betriebenen Friedensgespräche. Am 18. Juli 1712 unterzeichneten die Gesandten Zürichs, Berns, Luzerns und Uris einen Friedensvertrag, der aber nie in Kraft trat. Die Innerschweizer Landsgemeinden lehnten die verlustreichen Friedensbedingungen ab. Die Kriegshandlungen wurden fortgesetzt.
Politische Neuordnung
Nach Gefechten bei Sins und am Zürichsee kam es am 25. Juli 1712 zur Entscheidungsschlacht bei Villmergen. Die besser ausgerüsteten Berner Truppen errangen den Sieg und zwangen die katholischen Orte erneut an den Verhandlungstisch. Im Vierten Landfrieden von Aarau wurden die Machtverhältnisse zugunsten der reformierten Orte neu geregelt. Der Preis für die politische Neuordnung war hoch: Mit rund 4000 Toten und Verletzten war der Zweite Villmergerkrieg die mit Abstand blutigste Auseinandersetzung innerhalb der Eidgenossenschaft.
Literatur
- Zweiter Villmergerkrieg, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS)
- Der 4. Landfrieden von 1712, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS)
- Dubler, Anne-Marie: Gemeinsam beherrscht und verwaltet. Die Freien Ämter als eidgenössisches Untertanenland. In: Argovia 119 (2007), S. 8-57
Zu Retro-Seals - Fuhrer, Hans Rudolf (Hg.): Villmerger Kriege 1656/1712. Militärgeschichte zum Anfassen. Heft 19. Birmensdorf 2005
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Luginbühl, Hans; Barth-Gasser, Anne; Baumann, Fritz; Piller; Dominique: 1712. Zeitgenössische Quellen zum Zweiten Villmerger- oder Toggenburgerkrieg. Lenzburg 2011
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Sauerländer, Dominik: Villmergen – eine Ortsgeschichte. Villmergen 2000
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Lau, Thomas: Stiefbrüder. Nation und Konfession in der Schweiz und in Europa (1656-1712). Köln 2009
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Maissen, Thomas: Geschichte der Schweiz. Baden 2010
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In der Kantonsbibliothek ausleihen - Brändle, Fabian: Demokratie und Charisma. Fünf Landsgemeindekonflikte im 18. Jahrhundert. Zürich 2005
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In der Kantonsbibliothek ausleihen - Máthé, Piroska: Vom Pergament zum Chip. Kulturgüter im Staatsarchiv Aargau. Aarau 2003, S. 92
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Meier, Bruno: Das Kloster Muri. Geschichte und Gegenwart der Benediktinerabtei. Baden 2011
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Steiner, Peter: Das Wynental im Zweiten Villmergerkrieg, in:
Monatsbeiträge der Historischen Vereinigung Wynental, 01.09.2007 - Richner, Raoul: Uli Gloors Heldenmut, in:
Monatsbeiträge der Historischen Vereinigung Wynental, 01.10.2004 - Denkmalkommission Villmergen (Hg.): Gedenkschrift zur Denkmaleinweihung vom 22. Mai 1960 in Villmergen. Villmergen 1960
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Historische Gesellschaft Freiamt (Hg.): Der Zweite Villmergerkrieg 1712, in: Unsere Heimat, Nr. 79, 2012
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Quellen
- Regesten und Register zu den Acta Helvetica. Sammlung Zurlauben, hrsg. von der Aargauer Kantonsbibliothek, Aarau, Frankfurt a. M. 1979-
In der Kantonsbibliothek ausleihen - Sammlung Zurlauben
- Ochsenbein, Rudolf (Hg.): Tagebuch des Venners und Oberstl. Johannes Fankhauser von Burgdorf über den zweiten Villmergerkrieg 1712. Burgdorf 1899
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