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Bauberatung

Eine Zierde für jeden Garten

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde ein kleiner Holzpavillon geschaffen, der als dekoratives Element eine Gartenanlage in Seon schmückte. Nachdem seine kantonale Schutzwürdigkeit bereits 2009 festgestellt wurde, erfuhr das kunstvolle Objekt eine wechselvolle Geschichte, die beinahe zu seinem Verlust geführt hätte. Aktuell wird der schöne Holzpavillon an seinem neuen Standort in Fahrwangen sanft in Stand gestellt. Die nicht mehr schutzfähigen Elemente werden originalgetreu ersetzt und ergänzt und die wertvollen Malereien konservierend restauriert. Auf diese Weise wird der Pavillon wieder einer Nutzung zugeführt, die seiner ursprünglichen Bestimmung nahekommt.

Holzpavillon an seinem ursprünglichen Standort in Seon, 2009. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.

Mit dem Stichwort "Schweizer Holzstil" verbindet man normalerweise stattliche Chaletbauten aus Holz. Diese Stilarchitekturen waren im Historismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommen und entstammten dem Ideal der Naturverbundenheit, das ab dem späten 18. Jahrhundert ganz Europa erfasste. Als malerisch anmutende Holzbauten mit reicher Gliederung und schönen Zierschnitzereien können Sie als Gegenbild zur aufkommenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert verstanden werden und stehen sinnbildlich für die romantisierende Sehnsucht nach dem einfachen Leben in den Alpen. Unser Bild dieser stattlichen Holzbauten täuscht jedoch über die Ursprünge dieser Stilrichtung hinweg. So hat sich der sogenannte Schweizer Holzstil insbesondere auch im Bereich dekorativer Kleinbauten in Landschaftsgärten entwickelt und fand erst ab dem frühen 19. Jahrhundert seinen Weg zurück in die Schweiz. Heute zeugen noch einzelne Bahnhofsbauten, historische Hotels und Villenbauten von dieser Entwicklung. Oft vergessen werden hingegen die kleinen Holzbauten, die in verschiedenster Ausprägung als eigentliche Schmuckstücke anspruchsvolle Gartenanlagen zierten und von welchen schweizweit nicht mehr viele Beispiele erhalten sind. Als Kleinarchitekturen waren diese Bauten leicht transportier- und auswechselbar. Ihre filigrane Ausgestaltung hat den Standortwechseln und den sich ändernden Nutzungs- und Gestaltungsvorstellungen leider in vielen Fällen nicht standgehalten. Das gleiche Schicksal drohte dem Gartenpavillon, der dank dem Einsatz mehrerer Beteiligter heute in Fahrwangen stehen darf.

Aussen toll – innen etwas ganz Besonderes

Datieren lässt sich der Gartenpavillon aufgrund seiner für den Schweizer Holzstil typischen Formensprache in das späte 19. Jahrhundert. Aussen erscheint er als schmuckvolle Kleinarchitektur mit durchbrochenen Schnitzereien, farbigen Glasfenstern und auf die Architektur abgestimmter Farbfassung. Im Inneren hingegen überrascht der Pavillon mit einer für solche Kleinbauten untypisch reichen Ausstattung. An der rückwärtigen Längsseite befinden sich auf Gipsgrund drei Bildfelder, von denen das mittlere zwei Engelfiguren (Putti) mit einem Blumenkorb zeigt und die beiden seitlichen zwei Landschaftsdarstellungen enthalten, von denen die linke eine Jagdszene am Wildbach und die rechte eine Seelandschaft in den Alpen mit einer Hirtenszene zeigt. Die Malereien weisen Ähnlichkeiten mit der ab 1804 gedruckten Panoramatapete "Les Vues de Suisse" der Manufaktur Jean Zuber in Rixheim (Elsass) auf, die auf Grundlage von Kupferstichen eine Phantasielandschaft des Berner Oberlandes darstellt. Im Aargau und wohl auch darüber hinaus stellt die Ausgestaltung einer Kleinarchitektur mit Malereien dieser Qualität eine Besonderheit dar und der kleine Holzpavillon kann somit – auf den zweiten Blick – als ein sehr wertvolles Kulturobjekt gelten.

Gartenpavillon, Wandmalerei, Wildbach in den Alpen mit Jagdszene, Zustand vor der Konservierung, 2021. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.
Gartenpavillon, Wandmalerei, Seelandschaft mit Hirtenszene, Zustand vor der Konservierung, 2021. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.

Wechselvolle Geschichte mit glücklichem Ausgang

Um die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Pavillon in den Garten eines Bauernhauses in Seon versetzt, wo er in Vergessenheit geraten ist und ihm sogar der Abbruch drohte. 2009/2010 sollte sich das Schicksal für den Holzbau wenden, indem er nach Hallwil transportiert wurde, wo er im Zuge eines grösseren Sanierungsprojekts an einem würdevollen neuen Platz instand gestellt werden sollte. Leider wurde das Projekt in Hallwil nicht realisiert und so folgte ein schwieriges Kapitel in der Lebensgeschichte des Pavillons. Das Grundstück in Hallwil wurde mitsamt dem Gartenpavillon veräussert und der neue Eigentümer sah für den Pavillon keine Verwendung. Bis 2020 stand der Holzbau etwas verloren und ohne Nutzung in Hallwil und wurde leider nicht immer ausreichend vor der Witterung geschützt. Auf diese Weise ging ein Teil seiner wertvollen Bausubstanz verloren und der Pavillon harrte seiner dringenden Sanierung und der Rettung vor dem Verfall. Mit einem erneuten Besitzerwechsel sollte sich sein Schicksal zum Glück wenden.

Gartenpavillon an seinem Standort in Hallwil 2020. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.

Die neue Eigentümerin des Pavillons erkannte dessen Wert und in enger Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege wurde ein auf die Kleinbaute und ihr reiches Innenleben abgestimmtes Konservierungs- und Restaurierungskonzept entwickelt. Nach dem Transport des Holzbaus in die Werkhallen der Firma Schäfer Holzbautechnik AG in Dottikon wurden die noch vorhandenen schutzwürdigen und schutzfähigen Elemente bestimmt. Leider erwies sich die gesamte hölzerne Dachkonstruktion und der Grossteil der – zu einem späteren Zeitpunkt eingefügten – Gipsdecke mit ornamentaler Architekturmalerei als nicht mehr schutzfähig. Als grosser Glücksfall hingegen kann gelten, dass sich die wertvollen Malereien auf der rückwärtigen Innenwand erhalten haben und dass jene aktuell konserviert und sanft restauriert werden. Die Gebäudehülle wird soweit möglich erhalten und mit sorgfältig gearbeiteten Reparaturstellen ergänzt, die sich in Form und Material am ursprünglichen Bestand orientieren.

Holzpavillon mit nicht mehr sanierfähiger Decke, Zustand vor der Konservierung, Werkstatt Schäfer Holzbautechnik Dottikon, 2021. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.
Holzpavillon mit Malereien an der Rückwand und Reste der Gipsdecke, Zustand vor der Konservierung, Werkstatt Schäfer Holzbautechnik Dottikon, 2021. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.

Ein Werk von Meistern und Lehrlingen

Holzpavillon, Sicherung des Gipsträgers der Malereien durch die Firma Knöchel + Pungitore, Werkstatt Schäfer Holzbautechnik Dottikon, 2021. Foto: Schäfer Holzbautechnik AG.

Der Holzpavillon wurde im vergangenen Jahr mit grosser Sorgfalt und Können im Zusammenspiel zwischen erfahrenen Meistern und Lehrlingen in Stand gestellt. In einem ersten Schritt wurden die fragilen Gipsflächen als Träger der bedeutenden Malereien in den Werkhallen in Dottikon durch die spezialisierte Firma Knöchel + Pungitore AG aus Littau gesichert. Gleichzeitig wurden die noch schutzfähigen Elemente der Gipsdecke demontiert und konserviert.

Holzpavillon, Historischer Bestand mit Ergänzung der schadhaften Elemente in gleichen Formen, Werkstatt Schäfer Holzbautechnik Dottikon, 2021. Foto: Schäfer Holzbautechnik AG.

Die noch vorhandenen schutzfähigen Werkteile des Holzpavillons wurden sorgfältig gesichtet und dem Bau zugeordnet. Die nicht mehr schutzfähigen Holzbauteile wurden demontiert und mit grosser Sorgfalt und Liebe zum Detail durch Lehrlinge der Firma Schäfer Holzbautechnik AG nachgearbeitet – ein Aufwand, der sich mit Sicherheit gelohnt hat und der Erfahrungen ermöglicht hat, von welchen die jungen Holzbauspezialisten sicher noch ihr ganzes Berufsleben profitieren können.

Holzpavillon, Wiederaufbau im Sommer 2021 am neuen Standort in Fahrwangen durch die Firma Schäfer Holzbautechnik AG. Foto: Schäfer Holzbautechnik AG.

Nach der Sicherung der wertvollen Bausubstanz und Ergänzung des Holzwerks konnte der Holzpavillon im Sommer 2021 nach Fahrwangen an seinen neuen Standort versetzt werden. Hier wurden die Arbeiten am Pavillonbau fertiggestellt. Die nach altem Vorbild erneuerte Dachkonstruktion spannt sich neu über den Altbestand. Die reich mit Glas geschmückten Fenster und Türen wurden eingesetzt und die neu geschaffenen Dekorationselemente montiert.

Als krönender Abschluss werden aktuell die wertvollen Malereien durch die Restauratoren der Firma Link + Link GmbH gereinigt und konserviert. Die Resultate sind verblüffend und bald werden die Malereien wieder gut lesbar das dekorative Schmuckstück des schönen Pavillons bilden. In einem letzten Schritt werden die neuen Holzelemente im Aussenbereich zurückhaltend dem historischen Bestand angeglichen.

Holzpavillon, Wiederaufbau im Sommer 2021, Reinigungsmuster (Bildmitte) im Bereich der Malereien durch die Firma Link + Link GmbH. Foto: Link + Link GmbH.

Ein Standort mit Vergangenheit und Zukunft

Der Pavillon in Fahrwangen wurde von seiner Eigentümerin aus dem Dornröschenschlaf erweckt und vor seinem Verfall gerettet. Mit grosser Initiative und gelebter Begeisterung für unsere kulturelle Vergangenheit wurde ein historischer Kleinbau vor dem Untergang gerettet und in eine neue Zukunft geführt. Hier am neuen Standort in Fahrwangen ist mit der aktuellen Restaurierung und Konservierung des Holzpavillons ein harmonisches Zusammenspiel entstanden zwischen historischem Bestand und seinen jüngeren Ergänzungen. Die wechselvolle Geschichte des Baus mit all den zu bedauernden Verlusten an originaler Bausubstanz wird nicht geleugnet und bleibt ablesbar. Die ganz in der Tradition des seriell gefertigten Holzbaus des 19. Jahrhunderts gefertigten Elemente ergänzen den Bestand auf selbstverständliche Weise und gehören vom Zeitpunkt ihrer Fertigung und Montage mit zum Schutzwert der Kleinbaute. Die hohe Wertschätzung gegenüber der alten und der neuen Handwerkskunst wird dadurch verdeutlicht, dass die schöne Kleinbaute – auf Antrag der Eigentümerin - seit 2021 unter kantonalem Denkmalschutz steht. Auf diese Weise schliesst sich der Kreis seit 2009 und wird der Schutzwürdigkeit des Pavillons Rechnung getragen.

Holzpavillon an seinem neuen Standort in Fahrwangen, 2021. © Kantonale Denkmalpflege Aargau.