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Bauberatung

Grossbaustellen 2018

2018 wurden verschiedene grosse Restaurierungsprojekte abgeschlossen. Sie spiegeln das reiche Kulturerbe des Aargaus wider und reichen u. a. vom barocken Schloss Rued, einem Hochstudhaus in Staffelbach und dem biedermeierlichen Gärbigut in Oftringen über das Stapferschulhaus in Brugg und das Schützenhaus in Aarau bis zu Bauten der Nachkriegsmoderne wie dem Bata-Clubhaus in Möhlin, der Kirche Heilig Geist in Suhr und dem Schwimmbad Bünzmatt in Wohlen.

Möhlin, Baťa-Clubhaus. Der grosse Saal im 1. Obergeschoss dient als Werkstatt für die Ertüchtigung der Fenster und die Ergänzung der Heizungsabdeckung, 2015. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Butzenscheiben und Beton

Grossbaustellen bei Architekturdenkmalen der Nachkriegsmoderne – das bedeutet auch, dass die Denkmalpflege sich längst nicht mehr nur mit Butzenscheiben, sondern auch mit Beton beschäftigt. Neben der nach wie vor sehr wichtigen Pflege der "klassischen Baudenkmale" wie Kirchen und Schlösser, aber auch Tätschdach- und Hochstudhäuser, hat die Pflege von jungen Baudenkmalen mit ihren spezifischen Fragestellungen an Bedeutung gewonnen. Die Qualitäten, Entwicklungs- und Restaurierungsmöglichkeiten dieser Bauten zeigen beispielhaft die Massnahmen beim Baťa-Clubhaus in Möhlin und bei der Pfarrkirche Heilig Geist in Suhr.

Das Baťa-Clubhaus in Möhlin

Die Baťa-Kolonie in Möhlin, welche der tschechische Schuhkönig Tomáš Baťa ab 1932 erbauen liess, ist ein Paradebeispiel modernen Siedlungsbaus. Mit dem Clubhaus realisierte der Architekt Hannibal Hugo Naef 1948 den südlichen Abschluss der Siedlung, die seit Beginn Wohnen und Arbeiten vereint. Das Clubhaus wurde in vielen Architekturzeitschriften wohlwollend als Beitrag zu der damals aktuellen Bauaufgabe "Wohlfahrtsgebäude" besprochen. Das T-förmige Gebäude besteht aus einem zweigeschossigen Haupttrakt sowie einem eingeschossigen, zum Park überleitenden Quertrakt. Mit seinem leicht vorspringenden Flachdach nimmt es wesentliche Züge der Architektur der 1950er-Jahre vorweg. Im Clubhaus konnten sich die teilweise weit entfernt wohnenden Arbeiterinnen und Arbeiter verköstigen, einkaufen und Freizeitvergnügungen hingeben. Im Erdgeschoss waren u. a. ein Lebensmittelladen, eine Küche, eine seinerzeit für das "Teambuilding" unabdingbar notwendige Kegelbahn, ein Coiffeursalon und ein Café untergebracht. Von der grosszügigen Eingangshalle erschliesst bis heute eine repräsentative Treppe das Obergeschoss mit dem von zwei Reihen schlanker Metallstützen unterteilten Speise- und Versammlungssaal. Nachdem Baťa 1990 die Schuhproduktion in Möhlin aufgegeben hatte, beherbergte das Clubhaus u. a. einen Brocki-Laden. Mit dem Erwerb der Baťa-Kolonie durch den heutigen Eigentümer setzte 2005 eine intensive Diskussion darüber ein, was für dieses grosse Areal das richtige Mass zwischen Erhalt und Weiterentwicklung ist und welche Nutzungen bei den verschiedenen Gebäuden denkmalverträglich und zukunftsträchtig sind.

Baťa-Clubhaus in Möhlin, 2019. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, Christine Seiler
Möhlin, Baťa-Clubhaus. Ehemalige Kegelbahn, die heute als Zugang zu den Hotelzimmern dient, 2019. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, Christine Seiler

Mit der von 2014–2018 in zwei Etappen ausgeführten Restaurierung und Teilumnutzung des Clubhauses gibt es für alle, die in der Baťa-Kolonie wohnen, ebenso wie für alle, die hier arbeiten, nun wieder einen gemeinsam nutzbaren Treffpunkt. Wurde der Saal im Obergeschoss bereits 2015 mit einer Aufführung des Lehrertheaters Möhlin wiedereröffnet, so ist nach 28 Jahren Pause jetzt auch die Gastronomie ins Clubhaus zurückgekehrt. Und wenn man sich von dem wunderbaren Ort nicht trennen mag, stehen nun im Clubhaus fünf Hotelzimmer zur Verfügung, die in den ehemaligen Ladenbereich gemäss dem "Haus-im-Haus-Prinzip" eingebaut worden sind. Mit diesem Nutzungsangebot übernimmt das Clubhaus so wie schon zu seiner Erbauungszeit eine wichtige Funktion für das Sozialleben in der Baťa-Kolonie.

Möhlin, Baťa-Clubhaus. Restaurant, 2019. © Kantonale Denkmalpflege Aargau, Christine Seiler

Kirche Heilig Geist in Suhr

Kirche Heilig Geist in Suhr. Entfernen der Farbpakete auf der Unterseite des Vordachs im Zuge der Betonrestaurierung 2018. © Tobias Hotz

Die Frage der nachhaltigen Nutzung stellte sich bei der Restaurierung der Kirche Heilig Geist in Suhr nicht. Der 1961 nach Plänen des bekannten Architekten Hanns A. Brütsch fertiggestellte Sichtbetonbau, ein als Saalkirche konzipierter Baukörper mit einer kühnen Dachkonstruktion in Form eines Hängedachs, der von einem freistehenden Glockenturm von 30 Metern Höhe begleitet wird, dient nach wie vor als röm.-kath. Pfarrkirche. Der Sakralbau hatte seit seiner Entstehung diverse Sanierungsmassnahmen erfahren und die ursprüngliche Sichtbetonoberfläche war durch dicke Farb- und Kittschichten unlesbar geworden. Zudem gab es rund 20 kleinere Schadensstellen auf Grund rostender Armierungseisen. Dieser technisch für das Alter des Gebäudes verhältnismässig gute, ästhetisch aber unbefriedigende Zustand erlaubte es, eine Betonrestaurierung vorzunehmen, die den Namen "Restaurierung" verdient. Während Sichtbetonfassaden häufig mit Standardprodukten saniert werden, widmete sich hier der Restaurator Tobias Hotz der Reparatur und den Ergänzungen des Kunststeins. Die Fassade wurde gereinigt und dicke Farbschichten wurden entfernt. Für Flickstellen ging man analog zu den Prinzipien der Restaurierung von Naturstein vor und stellte einen für das Objekt passenden Mörtel in einer Spezialmischung her. Mit dieser Rückführung in den ursprünglichen Zustand ist nun die Schalungsstruktur, die den Sichtbeton charakterisiert, wieder sichtbar.

Kirche Heilig Geist in Suhr nach der Betonrestaurierung 2018. © Kantonale Denkmalpflege Aargau

Alte und junge Baudenkmale

Alte Baudenkmale, wie die weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannten Schlösser, und junge Baudenkmale, wie das Baťa-Clubhaus oder die Kirche Heilig Geist in Suhr, bedürfen für ihren langfristigen Erhalt gleichermassen einer sinnvollen und denkmalverträglichen Nutzung und der Pflege. Während ältere Bauten aber in der Regel bereits eine lange Umbau- und Restaurierungsgeschichte und damit wertvolle historische Schichten aus verschiedenen Epochen aufweisen, ist bei Grossbaustellen junger Baudenkmale oft der ursprüngliche bauzeitliche Zustand unter nur wenigen Farbschichten wiederzuentdecken. Auch 2019 werden wir Instandsetzungen, Restaurierungen, Renovationen und Umbauten bei alten und jungen Baudenkmalen begleiten und freuen uns, Ihnen bei Gelegenheit im Zuge der Fortsetzung der Reihe "Zu Gast bei" Einblicke in aktuelle Grossbaustellen geben zu dürfen.