Grossprojekte 2021
Auch im zweiten Pandemiejahr liefen die Baustellen fast im ganzen Kanton unverändert auf hohem Niveau. Von der aufwendigen Fassadenrestaurierung einer Villa des Historismus bis zur Umnutzung einer geschichtsträchtigen Reithalle ist die Bandbreite der denkmalpflegerischen Bauberatung und Baubegleitung äusserst vielfältig.
Villa Clara in Kölliken
Mitten in Kölliken, gleich neben dem Gemeindehaus, steht seit bald 150 Jahren die Villa Clara, die sich 1879 der erfolgreiche Textilfabrikant Jakob Matter-Hüssy erstellen liess.
Bereits Ende des 19. Jahrhundert und noch einmal in den 1920er Jahren wurden Veränderungen am Äussern und im Innern des Gebäudes vorgenommen – doch präsentiert sich die Villa sehr einheitlich als stolzer Bau des Historismus mit einer beachtlichen inneren Ausstattung an hochwertigen Parkettböden, Kachelöfen, Wandtäfern und bauzeitlichen Türen. Die Villa steht im Eigentum der Einwohnergemeinde und nach der kantonalen Unterschutzstellung des Gebäudes im Jahr 2019 wurde die dringend nötige Restaurierung der Gebäudehülle in Angriff genommen.
Viele Jahre wurde der Unterhalt des Gebäudes nur minimal gemacht – es wartete also eine grössere Aufgabe auf das mit der Restaurierung beauftragte Büro von Strebel Kiener Architekten aus Schöftland: die Fassade mit den aufwendigen Architekturdetails wie Sockelpartie, Fenstereinfassungen und speziell die umlaufenden Gesimsbänder mit dem Konsolenfries im Dachbereich bedurften grosser Sorgfalt.
Anschliessend wurden die Fassaden mit einem entsprechenden Farbkonzept neu gemalt. Das Dach wurde isoliert und neu eingedeckt; die Fenster wurden energetisch ertüchtigt, teilweise ersetzt und auf Ende September 2021 wurde das Zentrum von Kölliken um eine wachgeküsste Schönheit reicher.
Alte Reithalle in Aarau
Seit dem Bau der Alten Reithalle in Aarau – eigentlich drei Hallen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts – war dies militärisches Gebiet, mitten in der Stadt Aarau. 1972 wurde die Kavallerie aufgelöst und private Reitsportvereine übernahmen die älteren zwei zusammenhängenden Hallen. 2008 wurde die neue Reithalle im Schachen in Aarau eröffnet und die Alte Reithalle stand zur Disposition.
Gleichzeitig suchte der Kanton Aargau einen Standort für eine Bühne mittlerer Grösse. Die Städte Aarau und Baden bewarben sich, Aarau kriegte den Zuschlag. Nach einem Wettbewerb und einer längeren Planungszeit, während der als zusätzlicher Nutzer Argovia Philharmonic dazukam, gingen die grossen Bauarbeiten los.
Bereits vorher haben sich anlässlich der verschiedenen Zwischennutzungen die grossen Qualitäten der Halle gezeigt. Das Konzept der damaligen Gewinner des Wettbewerbs – Barão-Hutter Architekten aus St. Gallen – sah genau das vor, dass nämlich die Halle als Ganzes mit seinem einzigartigen Dachstuhl erlebbar bleiben sollte. Somit wurden gewisse Volumen für die Nebenräume, Garderoben etc. in die Halle gestellt und die möglichen Unterteilungen der Halle werden mit flexiblen Vorhangsystemen bewältigt.
Am 16. Oktober 2021 fand die feierliche Eröffnung der neuen Alten Reithalle statt und seither wurde in der Fachpresse viel Lobendes über diesen neuen Kulturstandort geschrieben. Es ist wohl z.Z. das schweizweit interessanteste Mehrspartenhaus-Projekt, welches in historischen Mauern beheimatet ist. Die Begleitung der Kantonalen Denkmalpflege stellte eine gewisse Besonderheit dar, da die Reithalle im Eigentum des Kantons war und das Gebäude de iure nicht unter kantonalem Schutz stand – sehr wohl aber als Schutzobjekt behandelt und deshalb auch bauberatend begleitet wurde.
Und vieles mehr…
Was nicht erwähnt wurde, sind unter anderem die Gesamtrestaurierung und Umnutzung des ehemaligen Sigristenhauses in Boswil zum neuen Künstlerhaus, die Innen- und Aussenrestaurierung der prächtigen röm.-kath. Pfarrkirche in Fischbach-Göslikon oder die Restaurierung des Abthäuschens auf der Klosterhalbinsel Wettingen neben vielen anderen grösseren und kleineren Projekten, die später im Bericht der Kantonalen Denkmalpflege in der kommenden ARGOVIA-Jahresschrift behandelt werden. (Reto Nussbaumer)