Öffentliches Beschaffungswesen
Das öffentliche Beschaffungswesen (früher Submissionswesen) regelt das Vergabeverfahren von öffentlichen Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen. Die Wahl des Verfahrens sowie die Ausschreibung der Aufträge sind geregelt.
Das Beschaffungsrecht verpflichtet die öffentliche Hand und die ihr angeschlossenen Unternehmen, Beschaffungen und Aufträge gemäss den Vorgaben, insbesondere unter Berücksichtigung der Schwellenwerte, zu vergeben.
Neue Beschaffungsplattform
Per 1. Juli 2024 wurde die neue Beschaffungsplattform in Betrieb genommen. Die bestehende Plattform wurde auf www.old.simap.ch verschoben und durch die neue Plattform (www.simap.chDas Linkziel ist nicht barrierefrei. Bitte wenden Sie sich bei Fragen an unsere allgemeine Auskunft: Telefon 062 835 35 35, Montag bis Freitag, 07:30 - 17:00 Uhr.) ersetzt. Es wurden keine Daten von der alten in die neue Plattform übernommen. Verfahren, welche auf der alten Plattform eröffnet wurden, müssen deshalb auf der alten Plattform (welche zu www.old.simap.ch wurde) zu Ende abgewickelt werden. Das Betriebsende der bestehenden Plattform ist per 31. Dezember 2024 vorgesehen. Allfällige Zuschläge für Beschaffungen, welche auf der bestehenden Plattform eröffnet wurden, können ab dem 1. Januar 2025 nur noch auf der neuen Plattform publiziert werden. Weiterführende Informationen sind zu finden unter: https://prod.simap.ch/de.
Grundlagen
TRIAS – Leitfaden für öffentliche Beschaffungen
Der Leitfaden TRIAS richtet sich an die Praktikerinnen und Praktiker der Verwaltungsstellen sowie weitere dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehenden Auftraggebern. Er soll mithelfen, dass Beschaffungen sämtlicher Beschaffungsgegenstände reibungslos durchgeführt werden können.
Herausgeberin und Autorin des Leitfades ist die Schweizerische Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK). Der Leitfaden ist unter www.trias.swiss verfügbar und enthält Fragestellungen, Checklisten und Verweise auf die rechtlichen Grundlagen.
Rechtsgrundlagen
International
- WTO Übereinkommen (GPA): Revidierstes Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, GPA (SR 0.632.231.422), in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Januar 1996
- Bilaterales Abkommen CH-EU: Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, Bilaterales Abkommen (SR 0.172.052.68), in Kraft getreten am 1. Juni 2002
Schweiz/Bund
- Binnenmarktgesetz: Bundesgesetz über den Binnenmarkt, BGBM (SR 943.02), in Kraft getreten am 1. Juli 1996
Kanton Aargau
- Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB, SAR 150.960) vom 15. November 2019
- Dekret über das öffentliche Beschaffungswesen (DöB, SAR 150.920) vom 23. März 2021
Geltungsbereich
Die Vorschriften über die öffentlichen Beschaffungen gelten für folgende Auftraggebende:
- Kanton
- Gemeinden
- kantonale und kommunale Einrichtungen des öffentlichen Rechts
- andere Trägerinnen und Träger kantonaler und kommunaler Aufgaben (auch Private) und
- weitere Auftraggebende (auch Private) für Aufträge, die zu mehr als 50 Prozent mit öffentlichen Geldern subventioniert werden
Im Staatsvertragsbereich zusätzlich:
Mit ausschliesslichen oder besonderen Rechten ausgestattete Behörden sowie öffentliche und private Unternehmen in den Bereichen:
- Wasserversorgung
- Energieversorgung (Elektrizitäts-, Gas- und Wärmeversorgung)
- Verkehrsanordnung und
- Telekommunikation
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960), Artikel 4
Öffentlicher Auftrag und Übertragung öffentlicher Aufgaben und Verteilung von Konzessionen
Das Vergaberecht gilt auch explizit für die Übertragung öffentlicher Aufgaben oder von Konzessionen gilt. Die von Lehre und Praxis entwickelten Ausnahmen vom Geltungsbereich werden ausdrücklich erwähnt, etwa für Grundstücksgeschäfte, Quasi-In-House-Beschaffungen (bei staatseigenen Unternehmen) oder In-State-Beschaffungen (bei anderen Vergabestellen). Nicht mehr unterstellt sind die Aargauische Kantonalbank als Auftraggeberin sowie Aufträge an Organisationen der Arbeitsintegration.
Grundsätze bei öffentlichen Beschaffungen
Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung
Geregelt in: Binnenmarktgesetz (SR 943.02) Art. 5 Absatz 1 sowie IVöB (SAR 150.960) Art. 12
- Festlegung einheitlicher Fristen (auch Fristverlängerungen) für alle Anbietenden
- Orientierung aller Anbietenden über erteilte Erläuterungen/Fragenbeantwortungen
- Vorgabe gleicher Teilnahmebedingungen für alle Anbietenden und
- Verzicht auf technische Spezifikationen, die Anbietende bestimmter Herkunft oder bestimmter Produkte benachteiligen
Wirksamer Wettbewerb
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 2
- Einholung möglichst vieler Angebote, sowie
- Abwechslung unter den Anbieterinnen und Anbietern in Einladungsverfahren und bei freihändigen Vergaben
Beachtung der Ausstandsregeln
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 13
- unabhängige und unvoreingenommene Beurteilung der Angebote und
- Ausstand schon bei Anschein der Befangenheit
Vertraulichkeit von Informationen
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 11
- Bekanntgabe von Informationen nur mit Zustimmung der Anbieterinnen und Anbieter oder aufgrund gesetzlicher Vorschrift und
- keine Einsicht in Konkurrenzangebote im Vergabeverfahren
Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen
- im Zweifelsfall Nachweis der Bezahlung von Abgaben, Steuern und Sozialleistungen
Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen und der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmende
- Einhaltung insbesondere der Vorschriften der Bundesgesetze über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) und über die Unfallversicherung und
- Einhaltung der Gesamt- und der Normalarbeitsverträge oder – wo solche nicht bestehen – von orts- und berufsüblichen Standards.
Gleichbehandlung von Frau und Mann
- Gleichbehandlung hinsichtlich Lohn und Vergabe von Aufträgen
Wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel
- Wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel in umfassender Weise
- Beschaffung von Sachmitteln und Dienstleistungen in bedarfsgerechter Qualität und
- Berücksichtigung der wirtschaftlich günstigsten Angebote
Qualitätswettbewerb
Das Vergaberecht im Kanton Aargau wird damit nicht grundlegend neu geregelt. Der Geltungsbereich bleibt weitgehend unverändert. Es unterstehen im Grundsatz auch die gleichen Auftraggeber sowie dieselben Aufträge wie nach dem bisherigen Recht. Der Paradigmenwechsel weg vom Preis hin zum Qualitätswettbewerb wurde bereits mit den seit 1997 bestehenden rechtlichen Vorgaben für das öffentliche Beschaffungswesen eingeleitet. So erfolgten bspw. die Arbeitsvergaben seit Inkrafttreten des Submissionsdekrets an das sogenannte wirtschaftlich günstigste Angebot, welches aufgrund der Bewertung von im Voraus definierten und bekannt gegebenen Zuschlagskriterien bestimmt wird. Die revidierte IVöB verstärkt nun jedoch diese Bemühungen.
Vergabeverfahren
Wahl des Vergabeverfahrens
- Umschreibung der Aufgabe/Beschaffung
- Bestimmung der Auftragsart
- Dienstleistungen
- Lieferungen
- Bauten
- Bestimmung des Auftragswerts
- Wahl der Verfahrensart
- Nicht Staatsvertragsbereich: Freihändiges Verfahren, Einladungsverfahren, Selektives Verfahren oder Offenes Verfahren
- Staatsvertragsbereich: Freihändiges Verfahren, Selektives Verfahren oder Offenes Verfahren
Auftragsarten: Lieferung, Dienstleistung und Bauten
Lieferungen
Beschaffung von Gütern wie Maschinen, Geräte, Mobiliar, Schul- und Büromaterial, Fahrzeuge, Heizmaterialien, Informatikbedarf durch Kauf, Pacht, Leasing, Miete oder Mietkauf
Dienstleistungen
Tätigkeiten und Verrichtungen wie Architektur, Ingenieurleistungen, Planungen aller Art, Geometerarbeiten, Reinigungs-, Pflege-, Wartungs- und Unterhaltsarbeiten, Werbung, Versicherungen, Informatikdienstleistungen, Transportleistungen, Meinungs- und Marktforschung, Drucken, Abfall- und Abwasserbeseitigung
Bauten
Infrastrukturanlagen wie Strassen, Brücken, Wasserbauten, Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgungsanlagen, Schulhäuser, Spitäler, Verwaltungsgebäude, Werkhöfe
- Bauhauptgewerbe:
Alle Arbeiten für die tragenden Elemente eines Bauwerks. Auftragsarten Hoch- und Tiefbau, Strassenbau, Aushub-, Bagger- und Traxarbeiten, Abbrucharbeiten sowie Spezialtiefbau. Zimmerei- oder Metallbauarbeiten, wenn sie als Tragkonstruktion eines Gebäudes dienen. - Baunebengewerbe:
alle übrigen Bauarbeiten wie Schreiner-, Maler-, Gipser-, Plattenleger-, Dachdecker-, Spengler-, Heizungs-, Lüftungs-, Metallbau-, Sanitär-, Elektroinstallations-, Gärtnerarbeiten
Auftragswert
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 15
Der Wert einer Beschaffung entspricht dem geschätzten Wert eines einzelnen Auftrags für eine Lieferung, Dienstleistung oder Baute ohne Mehrwertsteuer.
Bauaufträge Staatsvertragsbereich
Bei Bauaufträgen ist im Staatsvertragsbereich der Gesamtwert des Bauwerks massgebend.
Daueraufträge
Bei Daueraufträgen, mehreren gleichartigen Aufträgen, Aufteilung in Lose und bei Optionen wird der Auftragswert besonders berechnet.
Grundsätzliches
Eine Beschaffung darf nicht aufgeteilt werden in der Absicht, die Vergabevorschriften zu umgehen.
Verfahrensarten
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 17–25
Freihändiges Verfahren
- Keine öffentliche Ausschreibung
- Die Auftraggeberin lädt eine Anbietende direkt ein, ein Angebot einzureichen.
Einladungsverfahren
- Keine öffentliche Ausschreibung
- Die Auftraggeberin lädt – in der Regel mindestens drei – Anbietende direkt ein, Angebote einzureichen.
Selektives Verfahren
- Öffentliche Ausschreibung
- Alle Anbietenden können Anträge auf Teilnahme einreichen.
- Die Auftraggeberin bestimmt aufgrund der Prüfung der Eignung diejenigen Anbietenden, die ein Angebot einreichen können.
Offenes Verfahren
- Öffentliche Ausschreibung
- Alle Anbietenden können Angebote einreichen
Schwellenwerte und Verfahren im Nicht-Staatsvertragsbereich
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Anhang 2
Im Nicht-Staatsvertragsbereich gelten für die angeführten Verfahrensarten die in der folgenden Tabelle aufgeführten Schwellenwerte.
Verfahrensart | Lieferungen | Dienstleistungen / Bauten Baunebengewerbe | Bauten Bauhauptgewerbe |
---|---|---|---|
Freihändige Vergabe | unter 150'000 | unter 150'000 | unter 300'000 |
Einladungsverfahren | unter 250'000 | unter 250'000 | unter 500'000 |
Offenes/selektives Verfahren | ab 250'000 | ab 250'000 | ab 500'000 |
Schwellenwerte im Staatsvertragsbereich
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Anhang 1
Im Staatsvertragsbereich ist immer das offene oder das selektive Verfahren anzuwenden (sofern nicht ausnahmsweise das freihändige Verfahren zulässig ist), wenn die in der folgenden Tabelle aufgeführten Schwellenwerte erreicht werden.
Auftraggeberin/Auftraggeber | Bauleistungen (Gesamtwert) | Lieferungen | Dienstleistungen |
---|---|---|---|
Kantone | ab 8'700'000 | ab 350'000 | ab 350'000 |
Behörden und öffentliche Unternehmen in den Sektoren Wasser, Energie, Verkehr und Telekommunikation | ab 8'700'000 | ab 700'000 | ab 700'000 |
Auftraggeberin/Auftraggeber | Bauleistungen (Gesamtwert) | Lieferungen | Dienstleistungen |
---|---|---|---|
Gemeinde/Bezirke | ab 8'700'000 | ab 350'000 | ab 350'000 |
Private Unternehmen mit ausschliesslichen oder besonderen Rechten in den Sektoren Wasser, Energie und Verkehr | ab 8'700'000 | ab 700'000 | ab 700'000 |
Öffentliche sowie aufgrund eines besonderen oder ausschliesslichen Rechts tätige private Unternehmen im Bereich des Schienenverkehrs und der Gas- und Wärmeversorgung | ab 8'000'000 | ab 640'000 | ab 640'000 |
Öffentliche sowie aufgrund eines besonderen oder ausschliesslichen Rechts tätige private Unternehmen im Bereich der Telekommunikation | ab 8'000'000 | ab 960'000 | ab 960'000 |
Erweiterte Ausnahmen für freihändige Beschaffung unabhängig vom Schwellenwert
Der Katalog der Ausnahmegründe, die eine über den Schwellenwerten ausnahmsweise eine freihändige Beschaffung erlauben, wurde bei Folgeaufträgen erweitert. So können solche direkt vergeben werden, wenn "ein Wechsel des Anbieters für Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereitet oder substanzielle Mehrkosten mit sich bringen würde" (Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB).
Es ist indessen davon auszugehen, dass die Gerichtspraxis diese Ausnahmen weiterhin eng auslegt und namentlich verlangen wird, dass der Grundauftrag rechtmässig vergeben wurde und die Folgeaufträge nicht der Umgehung der Ausschreibungspflicht dienen.
Ausschreibung
Ausschreibungen auf SIMAP / im Amtsblatt
Der Kanton publiziert seine öffentlichen Ausschreibungen auf der Beschaffungsplattform SIMAP.
Beschaffungsplattform SIMAP
SIMAP ist eine Beschaffungsplattform im Internet, welche vom Bund und den Kantonen betrieben und genutzt wird. Die öffentlichen Auftraggeber können ihre Ausschreibungen und die jeweiligen Ausschreibungsunterlagen auf diesem Portal veröffentlichen. Interessierte Anbieter können nebst den Publikationen auch die dazugehörenden Ausschreibungsunterlagen elektronisch herunterladen.
Veröffentlichung auf SIMAP, ohne Amtsblatt-Publikation
Im offenen und selektiven Verfahren müssen die Ausschreibung, der Zuschlag sowie der Abbruch des Verfahrens auf simap.ch veröffentlicht werden (Art. 48 Abs. 1 IVöB). Der Kanton Aargau verzichtet dafür auf die Verpflichtung zur Publikation in weiteren Publikationsorganen.
Ein freihändiger Zuschlag, bei dem auf eine Ausnahmebestimmung abgestellt wird, ist auf simap.ch mit Angaben zum berücksichtigten Anbieter, dem Preis des Angebots, einem Hinweis auf die entsprechenden Ausnahmetatbestände sowie einer Rechtsmittelbelehrung zu publizieren. Das DöB sieht zudem in § 3 Abs. 1 vor, dass neu auch im Nichtstaatsvertragsbereich freihändige Zuschläge publiziert werden müssen.
Warum SIMAP?
Unter der Leitung des Vereins "simap.ch" soll mit dieser Beschaffungsplattform die Geschäftsbeziehungen zwischen den Vergabestellen, den Anbietern und der Öffentlichkeit gefördert und die damit verbundenen Dienstleistungen wie zum Beispiel Auskünfte, Beratung und Ausbildung sichergestellt werden.
Technischer Support für SIMAP
Simap Support
Holzikofenweg 36
3003 Bern
Telefon: + 41 58 464 63 88
E-Mail: E-Mail Support
Webseite Support
Minimale Frist zur Angebotseinreichung auch im Nichtstaatsvertragsbereich
Im Nichtstaatsvertragsbereich beträgt die Frist zur Einreichung eines Angebots in der Regel mindestens 20 Tage (Art. 46 Abs. 4 IVöB).
Zusätzliche Beschaffungsinstrumente
Die IVöB sieht Instrumente vor, die im Rahmen eines Einladungs-, offenen oder selektiven Verfahrens angewendet werden können:
- Elektronische Auktionen (Art. 23 IVöB): Mit ihnen können standardisierte Leistungen weitgehend automatisiert beschafft werden.
- Dialog (Art. 24 IVöB): Mit dem Dialog kann der Auftraggeber den Leistungsgegenstand oder die Lösungswege bei komplexen oder innovativen Leistungen im Austausch mit den Anbietern konkretisieren. Nicht zulässig dabei sind Preisverhandlungen. Der Dialog erfordert hohe Transparenz und ein sorgfältiges Vorgehen des Auftraggebers. Der Auftraggeber hat in der Ausschreibung bzw. den Ausschreibungsunterlagen seine Bedürfnisse und Anforderungen zu formulieren sowie die Modalitäten des Dialogverfahrens bekannt zu geben und den Ablauf sowie den Inhalt ausreichend zu dokumentieren. So ist der Ablauf des Dialogs einschliesslich Dauer, Fristen, Entschädigung und Nutzung der Immaterialgüterrechte in einer Dialogvereinbarung festzulegen. Der Auftraggeber kann die Zahl der teilnehmenden Anbietenden nach sachlichen und transparenten Kriterien reduzieren.
- Rahmenverträge (Art. 25 IVöB): Der Auftraggeber kann mit Rahmenverträgen einem oder mehreren Anbietern einen Auftrag für Leistungen erteilen, die während einer gewissen Zeit – längstens fünf Jahre – abgerufen werden sollen. Der Auftraggeber kann so die Bedingungen festlegen für Einzelaufträge, die im Lauf eines späteren Zeitraums erteilt werden sollen, so insbesondere der Preis und die im Einzelfall zu erbringenden Leistungen. Vorgesehen sind zwei Modelle: Einerseits die Ausschreibung eines Rahmenvertragspartners, bei dem die späteren Bestellungen ausgelöst werden oder anderseits die Evaluation mehrerer Vertragspartner, die beim späteren Leistungsbezug angefragt werden können und die sich bei den Einzelaufträgen untereinander konkurrenzieren.
Konkretere Anforderungen an Anbieter und Subunternehmer
Die von den Anbietern einzuhaltenden Teilnahmebedingungen wie die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen, der Lohngleichheit und des Umweltrechts sind konkret formuliert. Die Anbieter müssen diese Anforderungen ihren Subunternehmern überbinden. Zum Beizug von Subunternehmern regelt Art. 31 Abs. 3 IVöB, dass "die charakteristische Leistung" grundsätzlich vom Anbieter zu erbringen ist. Damit sollen Angebote von Anbietern verhindert werden, die selber keine oder nur untergeordnete Aufgaben übernehmen. Die uneingeschränkte Weitergabe sämtlicher durch die Leistungserbringerin übernommenen Leistungen ist inskünftig nicht mehr möglich. Der Auftraggeber hat die aus seiner Sicht charakteristischen Leistungen zu bezeichnen. Art. 31 Abs. 2 IVöB äussert sich zu Mehrfachbewerbungen von Subunternehmern sowie von Mitgliedern von Bietergemeinschaften. Sie sind zulässig, wenn der Auftraggeber sie in der Ausschreibung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich zugelassen hat.
Referenzen auch privater Auftragsgeber
Der Auftraggeber darf nicht verlangen, dass der Anbieter bereits einen oder mehrere öffentliche Aufträge erhalten hat. Er hat beim Abstellen auf Referenzen eines Anbieters vergleichbare Aufträge öffentlicher oder privater Auftraggeber zuzulassen. Damit sollen langjährige Seilschaften zwischen Auftraggebern und Anbietern verhindert werden.
Zuschlagskriterien
Art. 29 IVöB unterscheidet zwischen möglichen Kriterien innerhalb (Abs. 1) und zusätzlichen Kriterien ausserhalb des Staatsvertragsbereichs (Abs. 2). Es sind die beiden Kriterien Qualität und Preis immer zu nennen.
Die IVÖB zählt das Gesetz mögliche qualitative Zuschlagskriterien nicht abschliessend auf. Art. 29 Abs. 1 IVöB nennt beispielsweise zusätzlich: Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik, sodann Nachhaltigkeit (mit den drei Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales), weiter die Lebenszykluskosten (als Oberbegriff für Beschaffungs-, Betriebs-, Rückbau- und Entsorgungskosten). Solche Kriterien bedingen eine klare Umschreibung der geforderten Nachweise sowie der vorgesehenen Bewertung. Beurteilt der Auftraggeber zum Beispiel die Angebote nach dem Kriterium Lebenszykluskosten, hat er in den Ausschreibungsunterlagen die von den Anbietern bereitzustellenden Daten und die Methode zur Bestimmung der Lebenszykluskosten zu nennen.
Mit dem Zuschlagskriterium "Plausibilität des Angebots" kann die angebotene Leistung plausibilisiert und bewertet werden. Eine Vergabestelle kann demnach einen Abzug bei einem Angebot vornehmen, wenn ein Anbieter den mit der Leistung verbundenen Aufwand signifikant unterschätzt und/oder die Schwierigkeit eines Vorhabens nicht erkennt oder sonst unplausible Angaben macht. Für die Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass die Schätzung des Stundenaufwands im Angebot entweder mit einer individuellen Qualitätsprognose oder durch eine Gegenüberstellung zu den Angeboten der Mitbewerber oder der internen Aufwandschätzung der Vergabestelle überprüft und verifiziert werden darf. Soll die Plausibilität des Angebots bewertet werden, ist in den Ausschreibungsunterlagen neben der Gewichtung dieses Zuschlagkriteriums auch anzugeben, wie die Bewertung konkret erfolgen wird.
Gemäss § 2 DöB können zusätzlich zu den in der IVöB Zuschlagskriterien unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz die Kriterien "Verlässlichkeit des Preises" und "Unterschiedliches Preisniveau in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird" berücksichtigt werden. Das Kriterium "Verlässlichkeit des Preises" kann ähnlich wie das in der Submissionsverordnung beschriebene Kriterium "Plausibilität des Angebots" angewandt werden. Es ist möglich, im Rahmen der Bewertung dieses Kriteriums, die Abweichung zum sogenannten Medianpreis als Unterkriterium zu berücksichtigen. Ein analoges Modell wird im Kanton Tessin bereits heute angewendet. Das Kriterium "Unterschiedliches Preisniveau in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird" kann nur im Nichtstaatsvertragsbereich zur Anwendung kommen. Wie die Umsetzung dieses Kriteriums erfolgen soll, ist im Moment auch auf Bundesebene (Anwendung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen) noch offen.
Angebote und ihre Behandlung
Angebotsöffnung und Prüfung der Angebote
Es besteht die Möglichkeit, dass der Auftraggeber die Angebotseinreichung von Preis und Leistung in zwei Couverts verlangen kann. Gehen ungewöhnlich niedrige Angebote ein, ist der Auftraggeber nach Art. 38 Abs. 3 iVöB in der Pflicht, ergänzende Erkundigungen zur Einhaltung der Teilnahmebedingungen und zu den Leistungsanforderungen einzuholen. Angebote mit Preisen, die unter ihren Gestehungskosten liegen, sind zulässig, solange der Anbieter die Eignungskriterien und Zuschlagsbedingungen erfüllt. Anbieter können vom Verfahren ausgeschlossen werden, wenn sie frühere öffentliche Aufträge mangelhaft erfüllt haben oder in anderer Weise erkennen liessen, dass sie keine verlässlichen und vertrauenswürdigen Vertragspartner sind (Art. 44 Abs. 1 lit. h IVöB).
Bereinigung der Angebote
Angebote dürfen nach ihrer Einreichung nicht abgeändert werden und sind unveränderbar. Möglich sind sogenannte "technische Verhandlungen". Mit ihnen kann der Auftraggeber zusammen mit den Anbietern die Angebote hinsichtlich der Leistungen sowie der Modalitäten ihrer Erbringung bereinigen. Art. 39 Abs. 2 IVöB nennt die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine solche Bereinigung der Angebote durchgeführt werden kann.
Bewertung der Angebote
Die gültigen Angebote sind nach Massgabe der Zuschlagskriterien objektiv, einheitlich und nachvollziehbar zu prüfen und zu bewerten. Wichtig ist dabei die Pflicht des Auftraggebers zur Dokumentation der Evaluation. Zulässig sind sogenannte "short lists". Der Auftraggeber kann nach einer ersten Prüfung aller Angebote die drei bestrangierten Angebote auswählen und nur diese einer umfassenden Bewertung unterziehen. Er verzichtet so auf eine umfassende Prüfung aller Angebote. Dies muss in den Ausschreibungsunterlagen vorgängig angekündigt werden und ist nur erlaubt, wenn dadurch ein erheblicher Aufwand vermieden werden kann.
Vertragslaufzeit bis maximal 5 Jahre
Zur Auftragsdauer bestimmt Art. 15 Abs. 4 IVöB, dass die Laufzeit in der Regel 5 Jahre nicht überschreiten darf. Nur in begründeten Fällen ist eine längere Laufzeit möglich.
Rechtssprechung/Entscheidsammlungen
Kanton Aargau
In der Entscheidsammlung der Rechtsabteilung des BVU können Sie für den Kanton Aargau relevante Entscheide bezüglich Baurecht einsehen.
Entscheidsammlung Rechtsabteilung BVU
Weitere Entscheide auf Kantonsebene können bei den Gerichten eingesehen werden.
Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide
Entscheidsammlungen anderer Kantone
Entscheidsammlung Schweiz/Bund
Europäische Union
Statistik & Archivierung
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 50 (Statistik) und Art. 48 (Archivierung)
Die Kantone erstellen innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf jedes Kalenderjahres zuhanden des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) eine elektronisch geführte Statistik über die Beschaffungen des Vorjahres im Staatsvertragsbereich. Die Statistiken enthalten mindestens die folgenden Angaben:
- a) Anzahl und Gesamtwert der öffentlichen Aufträge jedes Auftraggebers gegliedert nach Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unter Angabe der CPC- oder CPV-Klassifikation;
- b) Anzahl und Gesamtwert der öffentlichen Aufträge, die im freihändigen Verfahren vergeben wurden;
- c) wenn keine Daten vorgelegt werden können: Schätzungen zu den Angaben gemäss Buchstaben a und b mit Erläuterungen zur eingesetzten Schätzungsmethode.
Der Gesamtwert ist jeweils einschliesslich Mehrwertsteuer anzugeben. Die Gesamtstatistik des SECO ist unter Vorbehalt des Datenschutzes und der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen öffentlich zugänglich.
Automatische Generierung aus simap.ch
Die Statistik wird grundsätzlich automatisch aus den Daten von simap.ch generiert. Soweit nicht eine weitergehende Aufbewahrungspflicht besteht, was für die kantonale Verwaltung und die Gemeinden zutrifft (vergleiche die Verordnung zum Archivgesetz), sind die Vergabeakten nach Abschluss des Verfahrens während drei Jahren aufzubewahren.
Zu den Vergabeakten gehören:
- die Ausschreibung
- die Ausschreibungsunterlagen
- das Offertöffnungsprotokoll
- die Korrespondenz über das Vergabeverfahren
- Verfügungen im Rahmen des Vergabeverfahrens und
- das berücksichtigte Angebot
Rechtsschutz
Anfechtbare Verfügungen
Geregelt in: Binnenmarktgesetz (SR 943.02) Art. 9 Absatz 1 sowie IVöB (SAR 150.960) Art. 53
Gegen Verfügungen der Auftraggeber ist mindestens ab dem für das Einladungsverfahren massgebenden Auftragswert eine Beschwerde zulässig.
Im Rahmen eines Vergabeverfahrens können mit Beschwerde folgende Verfügungen angefochten werden:
- die Ausschreibung im offenen und selektiven Verfahren
- die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im selektiven Verfahren, Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt
- der Ausschluss vom Vergabeverfahren (z. B. wegen verspäteter Eingabe, Unvollständigkeit des Angebots, Nichteignung)
- der Abbruch des Vergabeverfahrens (z. B. wegen Verzicht auf das Bauvorhaben zufolge Kreditverweigerung, Absprachen, wesentlichen Projektänderungen)
- der Zuschlag und
- der Widerruf des Zuschlags (z. B. wegen nachträglich bekannt gewordener Nichteignung)
Beschwerdeinstanz
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 52
Die Beschwerde ist direkt beim Verwaltungsgericht einzureichen.
Beschwerdefrist
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 56
Die Beschwerde ist innert 20 Tagen seit Publikation der Ausschreibung beziehungsweise Zustellung (in den übrigen Fällen) einzureichen.
Zuschlagsentscheid, Rechtsmittelfrist
Nach Art. 41 IVöB erhält das "vorteilhafteste Angebot" den Zuschlag. Vergabeentscheide können ab den Schwellenwerten des Einladungsverfahrens angefochten werden; die Rechtsmittelfrist beträgt 20 Tage. Der Auftraggeber darf den Vertrag mit dem Anbieter nach dem Zuschlag grundsätzlich erst nach Ablauf dieser unbenutzten Beschwerdefrist abschliessen.
Beschwerdebefugnis
Beschwerdeberechtigte
- Teilnehmende an einem Vergabeverfahren oder zu Unrecht an der Teilnahme Gehinderte, die an der Änderung oder Aufhebung des Anfechtungsgegenstands ein schutzwürdiges Interesse haben
- Paritätische Kommissionen im Rahmen ihrer Zweckbestimmung und
- Gegen einen Zuschlag können nur Anbietende Beschwerde einreichen, die bei einer Gutheissung der Beschwerde eine reelle Chance auf den Zuschlag haben
Kein Beschwerderecht
- Kein Beschwerderecht haben Arbeitnehmende von nicht berücksichtigten Anbietenden, Subunternehmen oder Zulieferfirmen sowie Berufsverbände
Aufschiebende Wirkung
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 54
Eine Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.
Beschwerdeentscheid
Geregelt in: IVöB (SAR 150.960) Art. 58
Wurde der Vertrag noch nicht abgeschlossen, kann das Verwaltungsgericht bei Gutheissung der Beschwerde die angefochtene Ausschreibung oder Verfügung aufheben und die Angelegenheit zur nochmaligen (ganzen oder teilweisen) Durchführung des Verfahrens an die Vergabestelle zurückweisen oder in der Sache selber entscheiden.
Wurde der Vertrag bereits abgeschlossen, stellt das Verwaltungsgericht nur noch die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung fest.
Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine
Informationen zur Bundesverordnung zu den Ukraine-Massnahmen
Seit dem 31. August 2022 ist es Auftraggeberinnen im Staatsvertragsbereich verboten, öffentliche Aufträge an russische Staatsangehörige und Unternehmen sowie an andere natürliche und juristische Personen in Russland zu vergeben. Bestehende Beschaffungsverträge mit unter die Verbote fallenden Personen mussten bis Ende Februar 2023 beendet werden.
Prüfung Bezug zu Russland bei neuen Vergaben
Die Verbote gelten für Vergaben von öffentlichen Aufträgen an
- russische Staatsangehörige und Unternehmen,
- andere natürliche und juristische Personen in Russland,
- juristische Personen, die
- sich im Mehrheitsbesitz der vorgängig genannten Personen befinden, oder
- im Namen oder auf Anweisung dieser handeln.
- Unternehmungen, welche Subunternehmen oder Lieferanten, die mit mehr als zehn Prozent des Auftragswerts am Auftrag beteiligt sind, beauftragen.
Ausgenommen von den Verboten sind dagegen russische Staatsangehörige, die in der Schweiz ansässig sind und Schweizer Unternehmen, die bereits vor dem 31. August 2022 in der Schweiz niedergelassen waren und spätestens zu jenem Zeitpunkt im Mehrheitsbesitz von oben genannten Personen waren.
Der genaue Geltungsbereich ist in Art. 29c der Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (SR 946.231.176.72) festgehalten.
Auflösung bestehender Beschaffungsverträge bei Russlandbezug
Bestehende Beschaffungsverträge mit Personen, welche unter die Verbote fallen, mussten bis Ende Februar 2023 beendet werden. Gemäss Art. 29c Abs. 9 der obengenannten Verordnung melden die Kantone dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) solche bestehenden Beschaffungsverträge.
Für ein korrektes Vorgehen:
- Ergänzen Sie entweder Ihr Selbstdeklarationsformular für (Sub-)Unternehmen mit den entsprechenden Fragen zum Russlandbezug, oder
- verwenden Sie das vom SECO zur Verfügung gestellte Selbstdeklarationsformular.
- Prüfen Sie laufende Verträge auf Russlandbezug und nehmen Sie die notwendigen Kündigungen vor.
- Informieren Sie Murielle Zeltner per E-Mail über allfällige Funde.
Grundlagen
Auf der Webseite des SECO finden Sie die weitere Unterlagen sowie das Formular zur Selbstdeklaration:
Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (SR 946.231.176.72)
Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (SECO)
Formular SECO Selbstdeklaration Art. 29c Ukraine Verordnung (PDF-Download, 328 kb)
Ansprechpersonen
Für Fragen zum Öffentlichen Beschaffungswesen steht Ihnen Murielle Zeltner gerne zur Verfügung.
Für Fragen zu Ausschreibungen der Abteilung Tiefbau (ATB) des Departements Bau, Verkehr und Umwelt wenden Sie sich bitte an Matthias Adelsbach oder Severin Frei.