Bau- und Energiestandards
Bauliche Massnahmen sind im Kanton Aargau an gesetzliche Standards gebunden. Unter anderem muss bei einem Baugesuch ein Energienachweis vorgelegt werden. Informationen zu weiteren Bau- und Energiestandards wie Minergie, SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz), SGNI (Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und BREEAM (Building Research Establishment Assessment Method) finden Sie weiter unten auf dieser Seite.
Gesetzlicher Standard
Gemäss der Energieverordnung müssen Sie bei einem Neubau bzw. einer Modernisierung einen ausreichenden Wärmeschutz nachweisen. Die Mindestanforderungen dafür sind in der Norm SIA 380/1 „Heizwärmebedarf" festgelegt. Ein Energienachweis ist erforderlich bei Neubauten, An- und Umbauten, Umnutzungen sowie bei der Erstellung oder Erneuerung von haustechnischen Anlagen. Die Anforderungen der Energieversorung müssen unabhängig von einer Baugenehmigungspflicht erfüllt werden.
Der Nachweis kann als Einzelbauteilnachweis oder als Systemnachweis erbracht werden und ist bei der Gemeinde einzureichen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
- Energetische Bauvorschriften
- Energievollzug – Energienachweis
Weitere Bau- und Energiestandards
Minergie
Minergie ist seit 1998 ein Schweizer Qualitätslabel / Baustandard für neue und modernisierte Gebäude. Die Marke gehört dem Baseler Verein Minergie und wird gemeinsam von Wirtschaft, Kantonen und Bund getragen; sie ist vor Missbrauch geschützt. Auch der Kanton Aargau ist Mitglied des Vereins Minergie.
Zentrale Punkte des Minergie-Programms sind eine gut gedämmte Gebäudehülle, eine hocheffiziente und erneuerbare Energieversorgung sowie eine kontrollierte Lüftung. Darüber hinaus zeichnen sich Minergie-Bauten durch einen sehr geringen Energiebedarf aus.
Der spezifische Energieverbrauch gilt als Leitgrösse, um die geforderte Bauqualität zu quantifizieren. Damit ist eine zuverlässige Bewertung möglich. Die Endenergie wird mit der Minergie-Kennzahl dargestellt. Die Endenergie entspricht dem benötigten Heizwärmebedarf und dem Strombedarf für die Lüftung, welche je nach Energieträger unterschiedlich gewichtet werden.
Minergie-Bauten sind in Zukunft nicht nur Energieverbraucher, sondern auch Energieproduzenten. Vom selbst produzierten Photovoltaikstrom kann der Eigenverbrauch voll angerechnet werden. Der ins Netz eingespeiste Strom kann teilweise angerechnet werden.
Alle Minergie-Bauten sind idealerweise ohne fossile Brennstoffe beheizt. Fossile Brennstoffe zur Spitzenlastabdeckung und Wärmekraftkopplung sind erlaubt.
Für Neubauten und Modernisierungen bietet Minergie die drei Baustandards Minergie, Minergie-P und Minergie-A, die wahlweise mit dem Zusatz ECO für Bauökologie und Gesundheit kombiniert werden können. Für höchste Qualität in der Bauphase steht zudem der Zusatz MQS Bau zur Verfügung.
Bei Modernisierungen steht die Systemerneuerung als vereinfachtes Verfahren ohne rechnerischen Nachweis zur Verfügung.
Die drei Gebäudestandards des Minergie-Programms
Minergie
Den „Klassiker" gibt es seit 1998, seither wurden rund 53.000 Gebäude mit dem Minergie-Label für komfortable und energieeffiziente Bauten zertifiziert. Zentrale Punkte des Minergie-Standards sind eine gut gedämmte Gebäudehülle, eine hocheffiziente und erneuerbare Energieversorgung und eine kontrollierte Lüftung. Bei Neubauten beträgt der Minergie-Kennwert 55 kWh/m2/Jahr (gewichtete Endenergie).
Minergie-P
Minergie-P-Bauten basieren auf einem Gesamtkonzept, das einen möglichst geringen Energieverbrauch gewährleistet. Die Kombination von optimaler Dämmung und der bestmöglichen Nutzung passiver Wärmequellen, z. B. Sonnenenergie, ermöglicht wird ein Höchstmass an Komfort, da die Wärme in den Wintermonaten deutlich länger im Gebäude gehalten werden kann.
Bei Neubauten beträgt der Minergie-Kennwert 50 kWh/m2/Jahr (gewichtete Endenergie). Zusätzlich wird bei jedem Minergie-P-Gebäude die Luftdichtheit der Gebäudehülle mit der sogenannten Blower-Door-Messung überprüft.
Minergie-A
Der Baustandard Minergie-A existiert seit 2011 und ist der jüngste unter den Minergie-Baustandards. Ein Minergie-A-Haus erfüllt alle Aspekte eines Minergie-Baus und hat darüber hinaus eine positive Energiebilanz.
In dieser Kategorie beträgt der Minergie-Kennwert für Wohn-Neubauten 35 kWh/m2/Jahr (gewichtete Endenergie). Um diesen Wert zu erreichen, kann die Eigenstromproduktion z. B. mittels Photovoltaikanlagen in der Fassade maximiert, die Gebäudehülle optimiert oder der Strombedarf minimiert werden. Zudem können grosse Speicher gebaut oder über Lastmanagement die elektrischen Verbraucher geregelt werden.
ECO
Minergie-ECO ergänzt die drei Minergie-Baustandards um die Themen Gesundheit und ökologisches Bauen. Die gesundheitlichen Aspekte umfassen die Themen Tageslicht, Schallschutz und Raumklima. Um ein gesundes Raumklima zu gewährleisten, ist bspw. der Einsatz von Schadstoffen wie Bioziden, Holzschutzmitteln oder Lösungsmitteln in Innenräumen ausgeschlossen. Die Themen Nachhaltiges Gebäudekonzept, Materialwahl und Prozesse sowie Graue Energie (Energie, die für die Herstellung des Bauteils anfällt) beinhalten bauökologische Anforderungen. Was bedeutet graue Energie? Ein Teil der Umweltbelastung durch Gebäude stammt aus der Herstellung und Verarbeitung der Baumaterialien. Minergie-ECO-Gebäude weisen vergleichsweise wenig solcher grauen Energie auf, da sie in Struktur und Materialwahl optimiert sind. So verbessert sich die Ökobilanz des Gebäudes markant.
MQS Bau
Der Standard Minergie Qualitätssystem Bau, kurz MQS Bau, steht für höchste Qualität in der Bauphase. Das Qualitätssystem ist einfach und standardisiert. Es prüft systematisch die Minergie-relevanten Bauteile und dokumentiert die Ergebnisse.
MQS Betrieb
Mit dem Standard MQS Betrieb können Energieeffizienz und Komfortaspekte in der Betriebsphase von Minergie-zertifizierten Gebäuden optimiert werden. Er besteht aus den Bausteinen Analyse, Beratung, Optimierung und Zertifizierung.
Systemerneuerung – bei Modernisierung von Bestandsimmobilien
Die Minergie-Systemerneuerung bietet Planerinnen und Planern und Bauherrinnen und Bauherren einfache und individuelle Lösungen, die auf den Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK) abgestimmt sind. Fünf einfache, aber individuelle Systemvarianten führen zum Minergie-Zertifikat.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite von Minergie.
Minergie-Standards 2023
Die Minergie-Standards stehen für Komfort, Effizienz und Klimaschutz. Im Herbst werden die Anforderungen vor allem in vier Bereichen höher:
- Bessere Ausnutzung des Solarenergiepotenzials auf Dächern und teils in Fassaden
- Weitere Erhöhung der Energieeffizienz, kombiniert mit fossilfreiem Betrieb
- Minimierung der Treibhausgasemissionen auch in der Erstellung
- Sicherstellung des Hitzeschutzes bei fortschreitender Klimaerwärmung
Parallel dazu wird Minergie die Anforderungen im ECO-Zusatz aktualisieren und etwas vereinfachen.
Die aktualisierten Standards werden Mitte September 2023 lanciert, wie üblich mit einer Übergangsfrist von einem Jahr. Zudem digitalisiert Minergie das Nachweisverfahren und installiert eine neue Zertifizierungsplattform, die sogenannte „Label-Plattform".
Übersicht Neuerungen Minergie 2023 (PDF, 2 Seiten, 165 KB)
SNBS Hochbau
Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) Hochbau ist der erste umfassende und zertifizierbare Standard für nachhaltiges Bauen in der Schweiz. Er wurde vom Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz entwickelt und 2013 lanciert.
Es handelt sich um einen Baustandard für Neubau und Sanierung, der in den Kategorien Wohnen, Büro, Bildungsbauten und Mischnutzungen mit Erdgeschossnutzung Einzelhandel anwendbar ist. Neben den Themen erneuerbare Energien, Reduktion von Treibhausgasen, umweltschonendes Bauen und Betreiben deckt er auch soziale Themen wie Partizipation, hohe Nutzungsqualität z. B. durch barrierefreies Bauen, aber auch wirtschaftliche Aspekte wie Standortwahl und Renditepotenzial ab. Damit berücksichtigt er umfassend die drei Säulen des nachhaltigen Bauens: Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.
SNBS-zertifizierte Gebäude können zusätzlich mit den Labels Minergie-P-ECO oder Minergie-A-ECO ausgezeichnet werden.
Weitere Informationen finden Sie hier.
2000-Watt-Areal
Das Zertifikat 2000-Watt-Areal zeichnet Siedlungen aus, die einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen bei Bau, Betrieb, Erneuerung sowie bei der betriebsbedingten Mobilität nachweisen können.
Ein 2000-Watt-Areal steht für Energieeffizienz, den Einsatz erneuerbarer Energien und Klimafreundlichkeit, nachhaltige Mobilität, ein attraktives Wohnumfeld und eine hohe Gebäudequalität. Mit diesem Label werden seit dem Jahr 2012 Areale ausgezeichnet, welche die Anforderungen an ein nachhaltiges Bauen, einen nachhaltigen Betrieb und eine nachhaltige Mobilität erfüllen.
Am 17. März 2022 haben die drei Vereine GEAK, Minergie und NNBS sowie das Bundesamt für Energie eine engere Zusammenarbeit beschlossen, u. a bei Zertifizierung, Qualitätssicherung, Weiterbildung und Vermarktung. Ein wichtiges Ziel der Zusammenarbeit ist die Neudefinition der verschiedenen Labels. Künftig wird eine einzige Organisation für Zertifizierung, Qualitätssicherung, Kommunikation und Weiterbildung zuständig sein. Dadurch werden die Labels besser aufeinander abgestimmt und Bauherren und Planende wissen besser, welches Label zu ihren Bedürfnissen passt.
Aus dem bisherigen 2000-Watt-Areal werden das Minergie-Areal und das SNBS-Areal. Diese werden ab Herbst 2023 eingeführt. Zertifizierungen und Rezertifizierungen des 2000-Watt-Areals sind bis zum 31. Dezember 2023 nach den Vorgaben des Handbuchs möglich.
Weitere Informationen zum Minergie-Areal finden Sie hier.
Weitere Informationen zum SNBS-Areal finden Sie hier.
GNI / DGNB Schweiz
Das DGNB-Zertifizierungssystem wurde von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ins Leben gerufen. Es ist ein leistungsfähiges Instrument zum Planen und Bewerten nachhaltiger Gebäude. Um eine umfassende Qualität zu gewährleisten, deckt das System alle relevanten Bereiche des nachhaltigen Bauens ab. Je nach Nutzungsprofil fliessen rund 60 Kriterien aus den Themenfeldern Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte sowie Technik, Prozesse und Standort in die Bewertung ein. Erfüllt das Gebäude diese Kriterien in herausragender Weise, erhält es das DGNB-Zertifikat in Gold, Silber oder Bronze.
Die 2010 gegründete Schweizerische Gesellschaft für Nachhaltiges Immobilienmanagement SGNI adaptiert das in Deutschland entwickelte Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) für die Schweiz. Dazu passt sie das europäische Bewertungssystem der DGNB an die Schweizer Gegebenheiten, Normen und Richtlinien an.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website der SGNI.
BREEAM – Building Research Establishment Assessment Method: Nachhaltigkeitszertifizierung von Immobilien
Ursprünglich in England entwickelt, ist BREEAM heute die weltweit führende Methode, um die Nachhaltigkeit von Immobilien zu beurteilen. Sie bewertet den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden anhand von neun Kategorien:
- Management
- Energie
- Wasser
- Umwelt
- Gesundheit
- Transport
- Material
- Ökologie
- Abfall
LEED – Leadership in Energy and Environmental Design
Leadership in Energy and Environmental Design, kurz LEED, ist eines der weltweit am weitesten verbreiteten Bewertungssysteme für die Nachhaltigkeit von Gebäuden (Green building certification system). LEED wurde 1998 vom U.S. Green Building Council (USGBC) entwickelt. Es ist ein international verwendetes Nachhaltigkeitszertifikat und definiert eine Reihe von Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen. In der Schweiz ist die Zertifizierung vor allem für Grossprojekte und internationale Investoren interessant.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des USGBC.