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Siedlungsentwicklung, Ortsbild und Freiraum

Grundlagen und Arbeitshilfen

Inventare zu Orts­bildern, Bauten und Objekten sind wichtige Grund­lagen für die Entwicklung und Beurteilung von Planungs- und Bau­vorhaben. Bauherr­schaften, Gemeinden und kantonale Fach­stellen haben die fachlichen Grundlagen zu berücksichtigen. Weitere Unterlagen wie Arbeits­hilfen und Empfehlungen liefern hilf­reiche Informationen für die Planung und Projektierung.

Ortsbild

Was gehört zum Ortsbild?

Das Ortsbild umfasst die Siedlung in ihrer Gesamtheit, die visuelle Erscheinung eines Ortes als Ganzes. Dazu gehören Gebäude, Strassen und Plätze, aber auch unbebaute Räume wie Gärten, Pärke oder Freizeit­anlagen. Zudem kann das Ortsbild Wiesen, Äcker oder Rebhänge umfassen, wenn diese mit der Bebauung in Beziehung stehen.

Die Qualität dieser Elemente und ihre Beziehung zueinander sind entscheidend, ob ein Ortsbild als schützens­wert eingestuft wird. Vorhandene Ortsbild­teile und Elemente und deren Beziehung zueinander werden qualitativ bewertet und – beispiels­weise in einem Inventar oder in der Orts­analyse – als Ortsbild-Qualitäten beschrieben.

Ein gepflegtes und unter Berück­sichtigung des orts­baulichen Kontexts weiter­entwickeltes Ortsbild trägt zur hohen Siedlungs­qualität bei.

Ortsbild als Bestandteil der Siedlungsqualität

Die Siedlungsqualität wird massgeblich durch die funktionale und gestalterische Qualität der Siedlung, das Erscheinungs­bild eines Ortes – das Ortsbild – und das Nutzungs­angebot bestimmt. Menschen halten sich häufiger an attraktiv gestalteten Orten auf und wohnen gerne in der Nähe von Zentren, Frei­räumen und natur­nahen Naherholungs­gebieten. Mit einer hoch­wertigen Siedlungs­entwicklung können wir die Lebens­qualität in unseren viel­fältigen Gemeinden im Aargau fördern und damit auch ihre Standort­attraktivität erhöhen.

Den schützens­werten Ortsbildern kommt eine besondere Bedeutung zu. Schöne Weiler, Dörfer und Altstädte, aber auch Ensembles aus der Zeit der Industrialisierung und der Moderne prägen mit ihren unverwechsel­baren Ortsbildern und regional­typischen Eigenheiten die viel­fältigen Landschaften des Aargaus. Sie sind nicht nur unser bau­kulturelles Erbe, sondern auch unschätzbare Ressourcen für die sorgfältige Weiter­entwicklung unserer Baukultur und Anknüpfung­spunkt für eine hoch­wertige Siedlungsentwicklung.

ISOS: Entstehung und Kategorien

Im Kanton Aargau erstellte der Bund das ISOS (Bundes­inventar der schützens­werten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung) von 1975 bis 1984. Nach einer umfassenden Vernehm­lassung setzte der Bundesrat das ISOS am 1. Juni 1988 in Kraft.

Schweizweit beurteilte der Bund rund 6000 Siedlungen nach der ISOS-Methode. Etwa 20 Prozent der beurteilten Ortsbilder fanden Eingang ins Bundes­inventar als schützens­werte Ortsbilder von nationaler Bedeutung – 61 davon liegen im Kanton Aargau. Daneben wurden zahlreiche weitere Ortsbilder als regional oder lokal bedeutend eingestuft.

Ortsbilder von nationaler Bedeutung

Das Bundesinventar der schützens­werten Ortsbilder der Schweiz umfasst nur die Objekte von nationaler Bedeutung. Auf der Webseite des Bundesamts für Kultur sind Informationen zur laufenden Aktualisierung und zur praktischen Anwendung des ISOS verfügbar.

Im ISOS-Geoportal des Bundes sind alle schützens­werten Ortsbilder von nationaler Bedeutung dargestellt. Die Ortsbild­aufnahmen können als PDF-Dokumente herunter­geladen werden.

Ortsbilder im Kanton Aargau

Im Rahmen der Erstinventarisation Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre hat der Bund kantons­weit rund 300 Orts­bilder anhand der ISOS-Methode aufgenommen. Derzeit liegen 61 schützens­werte Ortsbilder von nationaler Bedeutung im Kanton Aargau. Weiter wurden 136 Orts­bilder von regionaler Bedeutung und 100 Orts­bilder von lokaler Bedeutung aufgenommen. Sämtliche aufgenommenen Ortsbilder im Kanton Aargau sind Teil eines qualifizierten und umfassenden Ortsbild­inventars, das Aussagen zu Ortsbild­strukturen und Qualitäten macht – unabhängig von bestehenden Planungen. Die Aussagen besitzen im Wesentlichen weiterhin Gültigkeit.

Umsetzung im kantonalen Richtplan

Die Aargauer Ortsbilder von nationaler und regionaler Bedeutung sind im Richtplan in ihrer Einstufung anerkannt und fest­gesetzt. Die Gemeinden haben mit planerischen Instrumenten für die Umsetzung der Ziele zu sorgen und die Ziele bei Interessen­abwägungen zu berück­sichtigen. Die in der ISOS-Ortsbild­aufnahme als schutz­würdige Bereiche mit dem höchsten Erhaltungs­ziel bezeichneten Gebiete sind in Planungen entsprechend zu berücksichtigen.

Die Ortsbild­aufnahmen mit lokaler Einstufung sind von kommunaler Bedeutung und im Richtplan nicht festgesetzt. Die Dokumentationen enthalten dennoch wertvolle Informationen zur Siedlungs­entwicklung und können als Grundlage für Planungen und Projekte genutzt werden.

Ortsbilder im AGIS-Geoportal

Original­pläne, Ortsbild­teile und Bewertungen der Ortsbilder von nationaler und regionaler Bedeutung werden direkt in der Karte dargestellt. Zudem können Sie die ISOS-Aufnahmen aller national, regional und lokal eingestuften Ortsbilder als PDF-Dokumente herunter­laden. Bitte gehen Sie dazu wie folgt vor:

  • Klicken Sie in der Karte auf das farbige Haussymbol (rot, orange, grün oder grau).
  • Scrollen Sie im erscheinenden Fenster "Informationsabfrage" bis zum Bereich "Schützenswerte Ortsbilder (Übersicht: national, regional, lokal), basierend auf ISOS".
  • Klicken Sie in der Tabelle neben dem PDF-Symbol auf "Beschreibung: ISOS-Objekt Inventarblatt", um das Inventarblatt herunterzuladen.

Freiraum

Freiräume in der Siedlung

Die öffentlichen und halb­öffentlichen Freiräume spielen im Alltag der Bevölkerung eine wichtige Rolle. Täglich werden sie genutzt: für die Dreirad­fahrt auf der Quartier­strasse, die Mittags­pause im Schatten eines Park­baums, den Fuss­marsch zur Schule oder zum Dorf­laden, das Feierabend­bier auf dem Dorfplatz oder die Sandburg auf dem Spielplatz.

Studien haben gezeigt: attraktive Freiräume werden besser genutzt. Sie machen den Ort lebendiger und leisten einen Beitrag zur Gesundheits­förderung. Die Gemeinde hat die Möglichkeit, im Rahmen der baulichen Entwicklung die Freiraum­qualität zu beeinflussen – bei gemeinde­eigenen Projekten wie bei Projekten von Dritten.

ICOMOS: Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz

Freiräume und Gartenanlagen sind für den Erhalt und die Entwicklung des Ortsbilds und der Siedlungs­qualität von grösster Bedeutung. Durch die Siedlungs­entwicklung nach innen und den Klima­wandel gewinnen bestehende Grün­anlagen und Gärten in der Siedlung zunehmend an Bedeutung. Als grüne Oasen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Hitze­minderung, zur Aufenthalts­qualität sowie zur Förderung der Arten­vielfalt und Vernetzung.

Die Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz wird von ICOMOS Suisse (Landes­gruppe Schweiz des Inter­nationalen Rates für Denkmal­pflege) und dem Bundesamt für Kultur heraus­gegeben. Die Liste gibt einen Überblick über die potenziell schutz­würdigen Gärten in der Schweiz und dient als Grund­lage für vertiefende Inventare und Schutz­massnahmen. Die ICOMOS-Liste hat keine Rechts­verbindlichkeit. Im Kanton Aargau sind insgesamt 1855 Objekte verzeichnet.

Pilotprojekt im Aargau

Für die Gemeinden Lenzburg, Reinach und Ober­siggenthal wurde 2015 ein Inventar historischer Gärten und Anlagen erstellt. Die Regional­gruppe Aargau des BSLA (Bund Schweizer Landschafts­architekten und Landschafts­architektinnen) und der Aargauer Heimat­schutz erarbeiteten die Inventare im Rahmen eines Pilotprojekts.

Einige Aargauer Gemeinden verfügen über ein kommunales Garten­inventar. Weitere Informationen erhalten Sie bei der zuständigen Gemeinde­verwaltung.

Hitzeangepasste Siedlungsentwicklung

Der Klimawandel bringt neue Heraus­forderungen: zunehmende Sommer­hitze, längere Trocken­perioden oder häufigere und intensivere Stark­niederschläge. Im Siedlungs­gebiet wirkt sich die zunehmende Hitze besonders aus. Hier kann die Temperatur an heissen Sommer­tagen bis zu zehn Grad höher sein als in der umgebenden Landschaft. Deshalb gilt es, Hand in Hand mit der hoch­wertigen Siedlungs­entwicklung nach innen, ein angenehmes Lokal­klima zu schaffen.

Eine hitze­angepasste Siedlungs­struktur kann das Lokalklima verbessern, gleichzeitig die Freiraum­qualität erhöhen und die Bio­diversität fördern. Zur Umsetzung hat der Kanton Aargau Klima­karten und einen digitalen Leitfaden erarbeitet. Die wichtigsten Ansätze aus der umfassenden Arbeits­hilfe für Gemeinden und Planende sind zudem in einem sechs­teiligen Kartenset zusammen­gefasst.

Kühle Brise statt Hitzeinsel. Das Postkartenset kann bei der Abteilung Raumentwicklung kostenlos bezogen werden.

Agglomerationspärke: Siedlungsnahe Erholungsräume

In Ergänzung zu den Freiräumen in der Siedlung leistet die siedlungs­nahe Landschaft einen wichtigen Beitrag zur Lebens­qualität. Besonders wertvoll sind siedlungs­nahe Erholungs­räume, wenn sie mit dem Velo oder zu Fuss gut erreichbar sind und einen struktur­reichen, regional­typischen Charakter aufweisen. Wenn der Spaziergang vor der eigenen Haustür startet, wird der motorisierte Freizeit­verkehr reduziert.

Die Agglomerations­pärke schaffen in den urbanen Entwicklungs­räumen wichtige Ausgleichs­räume zur dichten Besiedlung. Als siedlungs­nahe Park­landschaften dienen sie der Nah­erholung, der Freizeit, der Kultur und der Natur. Der Kanton unterstützt die Schaffung von Agglomerations­pärken.

Agglomerations­pärke im Kanton Aargau:

Bauten und Objekte

Inventar der kantonalen Denkmalschutzobjekte

Für den Schutz und die Pflege der Bau­denkmäler von kantonaler Bedeutung ist die Kantonale Denkmal­pflege zuständig. Sie führt und verwaltet das Inventar der kantonalen Denkmal­schut­zobjekte.

Bei baulichen Massnahmen an einem denkmal­geschützten Objekt berät die Kantonale Denkmal­pflege sämtliche beteiligten Partner wie Bauwillige, Planende, Behörden und Ausführende.

Bauinventar der kommunalen Schutzobjekte

Im Bauinventar (ehemals Kurzinventar) werden die kommunal schützens­werten Bauten und Kultur­objekte geführt. Diese kommunal schutz­würdigen Bauten und Objekte sind – ebenso wie die Kantonalen Denkmal­schutz­objekte – für den Erhalt und die Entwicklung des Ortsbilds und der Siedlungs­qualität von grosser Bedeutung. Die Kantonale Denkmal­pflege führt das Bauinventar zuhanden der Gemeinden.

Kommunale Schutzobjekte in den Gemeinden

Für die kommunalen Schutzo­bjekte sind die Gemeinden zuständig. Sie schützen im Rahmen der Nutzungs­planung ihre kommunalen Bau­denkmäler und Kultur­objekte. Die geschützten Objekte und die zugehörigen Bestimmungen sind der BNO (Bau- und Nutzungs­ordnung) der Gemeinde zu entnehmen. Die BNO sämtlicher Aargauer Gemeinden sind im ÖREB-Kataster verfügbar. Weitere Informationen erhalten Sie bei der zuständigen Gemeinde­verwaltung.

Die Bauinventar-Objekt­dokumentation dient Gemeinden, Bau­herrschaften und Architekt­innen als wertvolle Grundlage bei der Planung und Projektierung.

Bauen in ortsbaulich sensibler Umgebung

Die Planung eines Bau­vorhabens in empfindlicher Umgebung ist eine anspruchs­volle Bau­aufgabe. Besondere Vorschriften – zu Altstadt­zonen, Dorfkern­zonen, Struktur­erhaltungs­zonen, Ortsbild­schutz­zonen usw. – sind zu berück­sichtigen und im Hinblick auf die Einordnung ins Ortsbild ist eine sorgfältige Gestaltung der Gebäude und der Umgebung erforderlich. Wir empfehlen Bauherr­schaften und Eigentümer­innen, frühzeitig mit der zuständigen Gemeinde Kontakt aufzu­nehmen und geeignete Architektinnen und Architekten, sowie Landschafts­architektinnen und Landschafts­architekten beizuziehen.

Bauen am Gebäude mit Substanzschutz (kommunal)

Gebäude mit Substanz­schutz sind als Zeugen der kommunalen Baukultur von besonderem Wert und dürfen nicht abgebrochen werden. Der Umbau oder die Sanierung eines Gebäudes mit Substanz­schutz ist eine anspruchs­volle Bau­aufgabe. Wir empfehlen Bauherr­schaften und Eigentümer­innen, frühzeitig mit der zuständigen Gemeinde Kontakt aufzu­nehmen und geeignete Architektinnen und Architekten beizu­ziehen.

Private und öffentliche Haushalte können beim Kanton Dekrets­beiträge beantragen. Die finanzielle Unter­stützung kann für bedeutende Entwicklungs­planungen (Fall A) oder für die Planung zur Sanierung und Erneuerung von Einzel­objekten (Fall B) beantragt werden. Bei kommunalen Schutz­objekten ist das Dekrets­beitrags­gesuch B auszufüllen.

Was ist Substanzschutz?

Unter Substanz versteht man allgemein das gesamte vorhandene Gebäude mit seinen Merkmalen betreffend Struktur, Gestalt, Gliederung, Konstruktion, Material, Verarbeitung, Form und eventuell Schmuck. Wesentliche Teile davon sind zum Beispiel Unter­kellerung, Umfassungs­wände, Dach­stuhl, Brand­mauern, Geschoss­decken, Innen­wände, Fenster, Türen, Tore, feste Ausstattung etc.

Die Schutz­ziele respektive die geschützten Bauteile werden aufgrund eines qualifizierten Gutachtens bestimmt oder – in einfachen Fällen – anhand von Aufnahme­plänen durch Fachleute am Augen­schein zwischen Behörde und Eigentümer­schaft beurteilt und einvernehmlich bezeichnet. Ob die Bauteile mit einem zumut­baren Aufwand instand­gesetzt werden können und für eine angemessene Nutzung tauglich sind, wird dabei ebenfalls berück­sichtigt. Die Bauinventar-Objekt­dokumentation dient dabei als wertvolle Grundlage.

Inventare der Kantonalen Denkmalpflege im AGIS-Geoportal

In der Online-Karte sind die kantonalen Denkmal­schutz­objekte, kommunal schützens­werten Bauinventar­objekte und die Kurzinventar­objekte eingezeichnet. Nach einem Klick auf das Karten­symbol (blaue und rote Kreise) wird der Link zum jeweiligen Online-Inventar der Kantonalen Denkmal­pflege angezeigt.

Weitere Inventare

Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler

Das Bundesinventar der Landschaften und Natur­denkmäler (BLN) bezeichnet die wert­vollsten Landschaften der Schweiz. Zwölf Gebiete liegen ganz oder teilweise im Kanton Aargau.

Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz

Historische Verkehrs­wege hinterlassen Spuren in der Zeit, schlagen Brücken von der Vergangen­heit in die Gegen­wart. Ziel des Bundes­inventars der historischen Verkehrs­wege der Schweiz (IVS) ist es, diese wichtigen Zeit­zeugen zu erhalten und zu pflegen.

Fachinventare der Kantonalen Denkmalpflege

Die Fach­inventare der Kunst­denkmäler und Bauern­häuser des Kantons Aargau sind Bestandes­aufnahmen der Aargauer Bau­denkmäler, die in Buchform publiziert werden.