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10.7 Verwandtenunterstützung

10.7.2 Prüfung und Geltendmachung der Verwandtenunterstützung

Bevor Unterstützungsbeiträge geltend gemacht werden können, müssen die Verhältnisse im Einzelfall genau geprüft werden. Vor der Einforderung von Beiträgen ist zudem das persönliche Verhältnis zwischen der unterstützten Person und den pflichtigen Verwandten zu klären (vgl. Art. 329 Abs. 2 ZGB).

Der Kantonale Sozialdienst empfiehlt folgende Vorgehensweise bei der Prüfung eines allfälligen Verwandtenunterstützungsbeitrags:

  • Die nächsten Verwandten werden bereits mit dem Gesuch um materielle Hilfe in auf- und absteigender Linie mit Namen und Adresse erfasst. Die Erhebung ist auf die direkten Vor- und Nachfahren zu beschränken (Kinder, Eltern, Grosskinder, Grosseltern) (Art. 328 Abs. 1 ZGB).

  • Es wird empfohlen, zunächst die unterstützte Person anzuhalten, ihre Verwandten selbst zu kontaktieren und um Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse und um Verwandtenunterstützung zu bitten.

  • Ist es der unterstützten Person nicht möglich, ihre Verwandten selbst zu kontaktieren oder ist die Kontaktaufnahme erfolglos, so werden die Verwandten durch den Sozialdienst ersucht, einen Fragebogen (Einkommens- und Vermögenserklärung) zur Abklärung der finanziellen und sozialen Situation auszufüllen. Es wird empfohlen, den betroffenen Personen hierfür eine angemessene Frist zu setzen und diese über ihre Mitwirkungspflichten gemäss § 7 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 SPG aufzuklären.

Die Berechnung der Verwandtenunterstützung richtet sich nach den Verwandtenunterstützungsrichtlinien (vgl. Kapitel 10.7.3 Berechnung des Verwandtenunterstützungsanspruchs).

  • Den unterstützungspflichtigen und unterstützungsfähigen Personen wird entsprechend der Berechnung ein Zahlungsvorschlag unterbreitet. Wird der Vorschlag angenommen, wird mit der unterstützungspflichtigen Person eine Vereinbarung abgeschlossen. Verfügen unterstützungspflichtige Verwandte in erheblichem Umfang über Grundeigentum oder andere Vermögenswerte, deren (teilweise) Verwertung im Moment nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können spezielle Vereinbarungen getroffen werden (Fälligkeit des Betrages nach Verkauf der Vermögenswerte oder nach Ableben der pflichtigen Person, gegebenenfalls mit grundpfandrechtlicher Sicherstellung) (siehe auch SKOS-Richtlinien Kapitel D.4.3. Verwandtenunterstützung).

  • Lehnen unterstützungspflichtige Verwandte eine einvernehmliche Lösung ab, ist beim Zivilgericht Klage zu erheben. Eine solche Klage ist einzureichen, soweit die Annahme einer Unterstützungsfähigkeit vorliegt und unter Berücksichtigung des Prozessrisikos. Zuständig ist das Gericht am Wohnsitz einer der Parteien (Art. 26 ZPO). Gemäss Art. 329 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 289 Abs. 2 ZGB gehen die Ansprüche auf Verwandtenunterstützung durch Legalzession mit allen Rechten auf das unterstützende Gemeinwesen über. Folglich ist die unterstützende Gemeinde selbstständig zur Klageerhebung legitimiert. Ein Einverständnis der unterstützten Person ist hierfür nicht erforderlich. Nicht zulässig ist die Einforderung von umstrittenen Verwandtenunterstützungsbeiträgen durch Beschluss der Sozialbehörde oder eine Berücksichtigung von nicht geleisteten Beiträgen bei der Bedarfsberechnung der Sozialhilfe beziehenden Person. Zur verbindlichen Festlegung von umstrittenen Verwandtenunterstützungsbeiträgen ist ausschliesslich das Zivilgericht zuständig. Für die klageweise Geltendmachung der Verwandtenunterstützung kann eine anwaltliche Beratung angezeigt sein.

Die Unterstützungspflicht kann für die Zukunft und für ein Jahr vor Klageerhebung geltend gemacht werden (Art. 329 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 279 Abs. 1 ZGB). Die unterstützende Gemeinde kann ihren Ersatzanspruch nach dieser Massgabe auch über den Tod der unterstützten Person hinaus geltend machen (BGE 82 II 71 E. 1).