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15.3 Kosten für stationäre Kindesschutzmassnahmen

15.3.1 Unterbringung eines Kindes in einer nach dem Betreuungsgesetz anerkannten stationären Einrichtung (Aargauer Heim)

Das Gesetz über die Einrichtungen für Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen (Betreuungsgesetz) vom 2. Mai 2006 und die Verordnung über die Einrichtungen für Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen (Betreuungsverordnung) vom 8. November 2006 regeln die Finanzierung von anerkannten Einrichtungen im Rahmen ihres Leistungsauftrags für Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Aargau.

Die Heimkosten werden von folgenden Kostenträgern getragen:

  • Zivilrechtliche Wohnsitzgemeinde des Kindes: Gemeindebeitrag von Fr. 1'240.– pro Monat und Kind.
  • Eltern: Elternbeitrag von Fr. 25.– pro Kind und Übernachtung (bevorschusst durch die zivilrechtliche Wohnsitzgemeinde) sowie individuelle Nebenkosten.
  • Kanton und Gemeinden: Die Restkosten der Einrichtungen tragen zu 60% der Kanton und zu 40% alle Gemeinden im Kanton nach Massgabe ihrer Einwohnerzahl.

Die zivilrechtliche Wohnsitzgemeinde hat gemäss § 25 Abs. 2 Betreuungsgesetz i.V.m. § 53 Abs. 1 Betreuungsverordnung für stationäre Sonderschulen und für stationäre Kinder- und Jugendeinrichtungen den monatlichen Gemeindebeitrag von Fr. 1'240.– zu tragen. Die zivilrechtliche Wohnsitzgemeinde bevorschusst zudem den Einrichtungen die Elternbeiträge gemäss § 27 Abs. 3 Betreuungsgesetz und bezieht diese von den Eltern. Die Elternbeiträge betragen gemäss § 54 Abs. 1 Betreuungsverordnung für stationäre Sonderschulen und für stationäre Kinder- und Jugendeinrichtungen Fr. 25.– pro Kind und Übernachtung. Bei Leistungsunfähigkeit der Eltern hat der Unterstützungswohnsitz des Kindes die Kosten im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen, d.h. die Elternbeiträge sind im Sozialhilfebudget des Kindes zu berücksichtigen (vgl. § 10 SPV und SKOS-Richtlinien Kapitel D.4.1. Eheliche und partnerschaftliche Unterhaltspflichten). Bei Vollwaisen entfällt der Elternbeitrag und damit auch die Bevorschussung durch die Gemeinde.

Die individuellen Nebenkosten gehören zum Unterhalt des Kindes und sind von den Eltern zu übernehmen. Als individuelle Nebenkosten gelten: Kleider, Taschengeld, individuelle Freizeitaktivitäten ausserhalb des Angebots der Einrichtung, Fahrkosten, Krankenkassenprämien, externe Therapien, Kosten für individuelle ärztliche und zahnärztliche Behandlungen sowie Medikamente (§ 35 Abs. 5 lit. b Betreuungs­verordnung). Bei Leistungsunfähigkeit der Eltern hat der Unterstützungswohnsitz des Kindes die Kosten im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen d.h. die individuellen Nebenkosten sind im Sozialhilfebudget des Kindes zu berücksichtigen (vgl. § 10 SPV und SKOS-Richtlinien Kapitel D.4.1. Eheliche und partnerschaftliche Unterhaltspflichten).

Gemäss Urteil 5D_118/2018 des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2019 sind Elternbeiträge Teil des zivilrechtlichen Kindesunterhalts. Die Bevorschussung von Elternbeiträgen gemäss § 27 Abs. 3 Betreuungsgesetz stellt eine Bevorschussung von Kindesunterhalt dar. Mit der Bevorschussung tritt die Gemeinde gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB automatisch in das zivilrechtliche Unterhaltsverhältnis zwischen Kind und Eltern ein (sog. Legalzession). Somit hat die Gemeinde einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber den Eltern bzw. dem unterhaltspflichtigen Elternteil im Umfang der bevorschussten Elternbeiträge.

Liegt zwischen der Gemeinde und den unterhaltsverpflichteten Eltern ein vollstreckbarer Rechtstitel vor (rechtskräftiges Gerichtsurteil, Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahme mit Regelung des Kindesunterhalts oder eine Rückzahlungsvereinbarung bzw. eine Unterhaltsvereinbarung), können die Elternbeiträge gemäss Kapitel 22.2.8 betreffend Rückforderung der Alimentenbevorschussung eingetrieben werden.

Liegt noch kein Rechtstitel vor, kann die Gemeinde mit den unterhaltsverpflichteten Eltern eine Unterhaltsvereinbarung bzw. Rückzahlungsvereinbarung betreffend die Elternbeiträge abschliessen.

Sofern keine Einigung zustande kommt, hat im Streitfall die unterstützungspflichtige Gemeinde nach vorangegangenem Schlichtungs­verfahren beim zuständigen Friedensrichter eine Unterhaltsklage beim zuständigen Bezirksgericht zu erheben (innert drei Monaten seit Eröffnung der Klagebewilligung). Dabei ist in komplexen Fällen der Beizug eines Rechtsvertreters zu empfehlen.

Die in § 31 Betreuungsgesetz vorgesehene Möglichkeit zum Erlass einer Verfügung des Departements Bildung, Kultur und Sport (BKS) bei Streitigkeiten über den Bestand, die Höhe sowie bei Zahlungsverzug von Elternbeiträgen ist nach dem Urteil 5D_118/2018 des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2019 bundesrechtswidrig und nicht mehr anwendbar.