INV-BIT936 Widegass 8, 1883 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BIT936
Signatur Archivplan:BIT936
Titel:Widegass 8
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Westen (2012)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Birmenstorf (AG)
Adresse:Widegass 8
Versicherungs-Nr.:46
Parzellen-Nr.:312
Koordinate E:2660993
Koordinate N:1257168
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2660993&y=1257168

Chronologie

Entstehungszeitraum:1883
Grundlage Datierung:Inschrift

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2012

Dokumentation

Inschriften:1883 (Türbekrönung)
Würdigung:Der giebelständig zur Widegass erstellte bäuerliche Vielzweckbau aus dem Jahr 1883 ist ein gut proportionierter Mauerbau unter geradem Satteldach, mit regelmässig angeordneten Fensterachsen am Wohnteil und dekorativ ausgesägter Bretterverschalung am Ökonomietrakt. Das Gebäude vertritt als einer von wenigen intakten Bauzeugen in Birmenstorf das ausgehende 19. Jahrhundert und zeichnet sich durch eine besondere situative Qualität aus, indem er sich in die bestehende spätklassizistisch-biedermeierliche Bebauung fügt, in der Konstruktion und Fassadengestaltung aber bereits neuere Elemente zeigt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das laut Inschrift an der Türbekrönung 1883 erstellte Bauernhaus enthielt vermutlich von Anfang an zwei Stockwerkswohnungen. Ein Indiz dafür könnte die Anlage von zwei parallelen, separat erschlossenen Gewölbekellern sein. Spätestens 1899 teilten sich gemäss Brandkataster Wilhelm und Otto Biland das Wohnhaus samt Scheune und Anbau [1]. Obwohl 1925 beide Nutzungseinheiten besitzerrechtlich zusammengeführt wurden, existieren heute noch zwei übereinander liegende Wohnungen. Die dazwischen vermittelnde Treppe wurde anfangs 20. Jh. erneuert. Später erfuhren beide Wohnungen durch den Badezimmereinbau im ehemaligen Tennbereich eine Erweiterung. In diesem Zusammenhang wurde ein Teil der südöstlichen Scheunenwand durch Mauerwerk ersetzt und mit kleinen querrechteckigen Fensteröffnungen sowie einem zusätzlichen Ausgang versehen. Das gegenüber liegende, nordwestliche Tenntor wurde in Holz erneuert.
Beschreibung:Das ehemalige Bauernhaus steht in unmittelbarer Nähe des Kirchenbezirks im Hinterdorf und damit in einem sensiblen Dorfteil, der sich durch eine besonders hohe Dichte an wertvollen Bauzeugen auszeichnet. Mit der Stirnseite zur Widegass gebaut, nimmt es in seiner Ausrichtung Bezug auf die 1843/44 nach einem Brand erstellten Kleinbauernhäuser an der Widegass 6 und unteren Eggstrasse [2], wobei die zeittypisch straffe Fassadengestaltung wesentlich zum unverwechselbaren Charakter des Gassenzuges beiträgt. Im Unterschied zu den kompakten kleinbäuerlichen Nachbarbauten erstreckt sich der zweigeschossige Vielzweckbau als langer Baukörper unter einem geraden Satteldach. Letzteres ist zudem, wie ab dem späteren 19. Jh. üblich, bereits als Pfettenrafenkonstruktion aufgeführt. An der nach Nordwesten gerichteten Traufseite ist die Nutzungsabfolge Wohnen, Tenn, Stall (samt Anbau mit Schweineställen) noch gut ablesbar, während auf der gegenüber liegenden Seite die spätere Teilumnutzung des Tenns als gemauerte Verlängerung des Wohnteils in Erscheinung tritt.
Der in verputztem Bruchsteinmauerwerk aufgeführte Wohnteil zeichnet sich durch eine regelmässige, lockere Anordnung von stirnseitig drei auf längsseitig drei bzw. zwei Fensterachsen aus. Der Eingang ist in die Mittelachse der Traufseite gesetzt und von einem schlichten Gesimsprofil mit der Jahrzahl 1883 bekrönt. Die Strassenfassade präsentiert sich mit einem rechteckigen Zwillingsfenster und drei in den Zwickeln verteilten Okuli im Giebelfeld bereits in der charakteristischen Formensprache der Zeit um 1900. Damit markiert sie die Ablösung von den für das Biedermeier typischen Stilelementen (gekuppelte Bogenfenster, Lünetten, Serliana-Motiv), wie sie in Birmenstorf an zahlreichen Bauten aus der ersten Hälfte des 19. Jh. in unterschiedlichen Varianten und Kombinationen verbreitet sind. Mit Ausnahme des aus Muschelkalk gefertigten Türgewändes wurden die Einfassungen bereits in Kunststein ausgeführt.
Der nordöstlich anschliessende Scheunenteil zeigt einen gemauerten Stallbereich, ein rechteckiges hölzernes Tenntor und eine Bretterverschalung am Heubergeraum. Die Bretter sind in Anlehnung an den Schweizer Holzstil ausgeschnitten, so dass sich dazwischen dekorative Lüftungsschlitze bilden. Über dem Stall sind zur Belichtung zusätzlich je zwei Fensteröffnungen mit Lamellen eingelassen.
Die Wohnungsgrundrisse waren bis zum Badezimmeranbau vierteilig, mit einer zur Strasse hin ausgerichteten Stube und Nebenstube sowie einer rückwärtigen Küche und einem Schlafzimmer. Über einen Stichgang gelangt man geradeaus in die Stube, die mit den benachbarten Räumen verbunden ist, während das Schlafzimmer vom Flur aus erschlossen ist. Reste der bauzeitlichen Ausstattung haben sich im einfachen Decken- und Wandtäfer der Stube sowie im Brusttäfer des Schlafzimmers erhalten. Die Türen sind mit Ausnahme der Rahmen allesamt erneuert. Im Erdgeschoss steht ein braun glasierter Kachelofen mit teilweise reliefierten Kacheln aus dem 20. Jh.
In sehr gutem Zustand befindet sich die Dachkonstruktion, die den gesamten Dachboden und Heubergeraum umfängt und diesen als grossen offenen Raum erlebbar macht. Es handelt sich um ein Pfettenrafendach mit liegendem Stuhl und ursprünglichem Kniestock. Bei der Anlage eines Heukrans wurde der mittlere Kehlbalken über dem Ökonomieteil sekundär durchgeschnitten und an beiden verbliebenen Endstücken durch eine eigenwillige Konstruktion mit Schrägstreben abgefangen.
Unter dem Wohnteil befinden sich zwei mächtige, parallel verlaufende Gewölbekeller mit aussergewöhnlicher Erschliessung: Der gemeinsame Treppenabgang mündet in einen kleinen offenen Vorraum unter dem Hauseingang, von dem aus zwei separate, abgewinkelte Eingänge abzweigen.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0039: Brandkataster Gemeinde Birmenstorf 1899-1938.
[2] Rudolf 1983, S. 429.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Max Rudolf, Geschichte der Gemeinde Birmenstorf, Birmenstorf 1983, S.429.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0039: Brandkataster Gemeinde Birmenstorf 1899-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar II-4/25.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=117622
 

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