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INV-BES928 Rankstrasse 44, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 18th cent. |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Biedermeier |
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Dokumentation |
Würdigung: | Im Kern noch barock geprägter bäuerlicher Vielzweckbau, der im frühen 19. Jahrhundert eine biedermeierlich geprägte Stubenfront und 1893 einen neuen Scheunentrakt erhielt. Am Äusseren wie auch im Inneren bewahrt das Gebäude in hohem Mass Originalsubstanz aus beiden wichtigen Bauphasen und dokumentiert damit gleichzeitig auch die Anpassung des Hauses an jeweils moderne Architekturformen. Bemerkenswert sind neben der Grundkonstruktion und der Fassadengliederung insbesondere die noch barocke Befensterung der östlichen Stirnseite sowie eine Binnenwand aus liegenden Holzbohlen im Obergeschoss. Das Innere wurde in den 1970er Jahren in durchaus qualitätvoller Weise umgestaltet, wobei man die erhaltenen Bestandteile der alten Ausstattung insbesondere im Erdgeschoss in zeittypischer Weise mit neuen Einbauten verband. Unterhalb der Rankstrasse mit dem First quer in das abfallende Terrain gestellt, tritt das Gebäude weithin prominent in Erscheinung, womit ihm ein hoher Situationswert für den Beinwiler Seehang zukommt. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Beim Wohnteil des bestehenden bäuerlichen Vielzweckbaus handelt es sich im Kern um ein barockes Haus, das nach seinen Bauformen jedenfalls noch in das 18. Jh. zu datieren ist (vgl. insbesondere Fenster und Laubenausgang in der Stirnseite, Hauseingang, Binnenwand in Bohlen-Ständer-Konstruktion im Obergeschoss, die altertümliche Dachkonstruktion sowie ursprünglich teilweise Strohdeckung). Der erste verfügbare Brandkatastereintrag von 1829 nennt ein „Wohnhaus mit Bescheuerung von Stein Rieg und Holz, mit theils Ziegel- theils Strohdach, nebst einer Weinpresse“, im Eigentum von Joseph Erismann [1]. Die Erwähnung der Strohdeckung könnte sich dabei auf den Ökonomieteil bezogen haben. Im Lauf der ersten Hälfte des 19. Jh. wurden die nach Süden gewandte Schaufassade des Wohnteils und Teile des Inneren in biedermeierlichen Formen umgestaltet. Auch erhielt das Gebäude bis zum nächsten Brandkatastereintrag im Jahr 1850 eine durchgehende Ziegeldeckung. Beides ist vielleicht mit „Verbesserungen“ in Verbindung zu bringen, die im Brandkataster für das Jahr 1842 erwähnt werden. 1874 ging das Haus an Robert Merz, Jakobs, über. 1893 erbaute man, sicherlich an der Stelle ihrer Vorgängerin, die heutige Scheune. 1913 oder 1929 entstand gemäss Notiz im Brandkataster die heutige Laube. Aus der Erbschaft von Robert Merz ging das Haus 1936 an Ernst Hintermann, Gottlieb’s, Zigarrenmacher, über. In den 1970er Jahren erfolgte ein Innenumbau durch Architekt K. Oehler, Aarau [2]. |
Beschreibung: | Der bäuerliche Vielzweckbau besteht aus einem im Kern barocken, biedermeierlich überformten Wohnteil und einem anstelle eines Vorgängers erbauten Scheunentrakt von 1893. Er ist unterhalb der Rankstrasse firstparallel zur Fallinie in den ansteigenden Hang gesetzt, wodurch die hohe Stirnseite des seeseitigen Wohnteils von weither prominent in Erscheinung tritt, während die hart an der Strasse stehende Stirnseite der Ökonomie umso geringere Höhe aufweist. Der zweigeschossige Wohnteil setzt auf einem hohen, talseitig freiliegenden Kellersockel auf und wird von einem hohen Satteldach mit markantem, tiefliegendem Knick abgeschlossen. Neben dem heute fassadensichtigen Fachwerk der Stirnseite sind wohl auch die verputzten traufseitigen Obergeschosswände im Fachwerkbau erstellt, während das Erdgeschoss vielleicht allseitig massiv gemauert ist. Das Dach ist mit alten, teilweise noch handgemachten Biberschwanzziegeln in Einfachdeckung versehen. Die nach Süden gewandte Traufseite tritt heute als einheitliche biedermeierliche Schaufront in Erscheinung und gibt dem Haus eine traufbetonte Ausrichtung. Sie ist mit sechs Achsen holzgerahmter Einzelfenster in zeittypischer Weise streng gegliedert; der Vordereingang liegt in der dem Tenn benachbarten Achse und zeigt ein Türblatt mit schmiedeeiserner Vergitterung des späten 19. Jh. Im Obergeschoss sind noch die Fenster des 19. Jh. samt Vorfenstern mit Lüftungsflügeln erhalten. An den übrigen Fassaden hat das Haus in stärkerem Mass die Formen seiner ersten Bauphase bewahrt. Ob die Fachwerkkonstruktion im Obergeschoss und im Giebelfeld der zum See gewandten östlichen Stirnseite ehemals verputzt oder schon ursprünglich fassadensichtig war, ist nicht bekannt.Vor ihr liegt eine grossflächige Laube, die in ihrer heutigen Form aus dem frühen 20. Jahrhundert stammt, gemäss den Ausgängen im Ober- und Dachgeschoss aber wohl eine Vorgängerin ersetzte. Sie ist im Brüstungsbereich und unter dem First mit einer vertikalen Verbretterung versehen, deren Unterkante mit Eierfasen verziert ist. Das gemauerte Erdgeschoss ist mit zwei kleinformatigen Einzelfenstern versehen. In den beiden oberen Stockwerken hat sich als Rarität noch die barocke Fassadengestaltung erhalten, bestehend aus zwei Brettertüren mit jeweils zwei flankierenden, quadratischen Fenstern sowie einem ebenfalls quadratischen Einzelfenstern. Die Fenster haben noch ihre mit Vorfenstern versehenen, wohl in den 1970er Jahren sorgfältig restaurierten bauzeitlichen Verschlüsse samt Schiebefensterchen („Läufterli“) bewahrt. Die nördliche Traufseite ist in leicht unregelmässiger Anordnung im Erdgeschoss mit einem Doppelfenster und zwei Einzelfenstern, im Obergeschoss mit drei Einzelfenstern versehen. Der nach den Bauformen ursprüngliche Hauseingang liegt nach einer lokal durchaus verbreiteten Disposition in dem kurzen Stück der zum Ökonomieteil hin zurückspringenden bergseitigen Giebelmauer des Wohnteils [3]. Er wird von einem mächtigen, mit Fase verzierten Holzgewände gerahmt und besitzt ein schönes barockes Türblatt mit gefelderter Aufdoppelung. Das Innere ist heute stark durch den Umbau der 1970er Jahre geprägt, der als gepflegtes Beispiel für die damalige Praxis des Bauens im Bestand gelten kann. Es zeigt noch Spuren aus allen wichtigen Bauphasen des Hauses, wobei die ursprüngliche Disposition und die Baugeschichte des Hauses aufgrund der Veränderungen nicht mehr in allen Einzelheiten nachvollzogen werden können. Vorder- und Hintereingang sind durch einen Quergang verbunden, an den sich im Vorderhaus Stube und Nebenstube lagern, während das Hinterhaus bis zum Umbau nach einem üblichem Schema sicherlich Küche und Kammer beherbergte. Im mittleren Bereich führt längs des Gangs ein Treppenaufgang ins Obergeschoss. Beim Umbau der 1970er Jahre wurden Stube und ehemalige Küche über die gesamte Haustiefe zu einem einzigen, durch Einbauten gegliederten Raum zusammengefasst, der auch ein an der Rückfassade gelegene Entrée miteinbezieht. Von der rückwärtig geöffneten Stube ist an Seitenwänden und Fensterfront noch das aus der biedermeierlichen Bauphase stammende Feldertäfer samt zeitgleichen Türen erhalten. Ein freistehender Cheminée-Einbau und die quer zum First gestellte Küchenzeile bilden zwei Raumtrenner zur Wohnküche im mittleren Bereich, wobei Einbauten in zeittypischer Farb- und Materialwahl weiss verputzt, die Böden mit Terrakottaplatten belegt sind. Die weitgehend unveränderten Kammern an der östlichen Stirnseite bewahren noch einfache Türen und Einbauschränke wohl aus der Bauphase des frühen 19. Jh. Die Zimmer des Obergeschosses gruppieren sich um einen weiten, beim Umbau erneuerten Vorplatz, sind im einzelnen aber weitgehend im früheren Zustand erhalten. Im Vorderhaus liegen drei Zimmer zu je zwei Fensterachsen, von denen die beiden innenliegenden einfaches gestemmtes Täfer in unbehandeltem Weichholz besitzen. Das Eckzimmer zeigt Krallentäfer in einer sicherlich noch aus dem 19. Jh. stammenden, blass hellgrünen Farbfassung. Auffällig ist der Unterschied zwischen den Fenstern an Stirn- und Traufseite, wobei die niedrigere Lage der letzteren wohl mit dem Wunsch nach einer regelmässigen Fassadengestaltung zu erklären ist. Zwischen dem Vorplatz und dem Nordostzimmer, welches den noch barocken Laubenausgang besitzt, hat sich eine altertümliche, mit liegenden Bohlen gefüllte Ständerwand erhalten. In eher unüblicher Anordnung liegen die Deckenbalken über den Obergeschossräumen parallel zum First und damit quer zur Richtung der unmittelbar darüber folgenden Dachbalkenlage, was vielleicht als Hinweis auf nachträgliche Veränderungen zu deuten ist. Das Dachgerüst besteht aus einem stehenden Stuhl und auffällig knapp dimensionierten Sparren gebildet. Die Stuhlkonstruktion ist mit eher altertümlichen, verblatteten Kopfhölzern verstrebt. Der Ökonomieteil von 1893 schliesst bündig an die Stubenfront an, während seine rückwärtige Traufseite gegenüber der Fassadenflucht des Wohnteils leicht zurückspringt. Er ist über einem gemauertem Unterbau in Gerüstbauweise erstellt und wird, firstparallel, aber leicht höhenversetzt zum Wohnteil, von einem ungebrochenen Satteldach mit beidseitigen Vorschermen abgeschlossen. Der Stall liegt neben dem Wohnteil, das Tenn nahe der bergseits vorbeiführenden Strasse an der Stirnseite. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA. 0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938. [2] Freundl. Mitteilung des Eigentümers (2016). [3] Vgl. in Beinwil am See etwa die Häuser Hombergstrasse 23 und 18 sowie Zihlstrasse 15 (Bauinventarobjekte BES915, 916, 920). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131008 |
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