INV-SCB901 Badkapelle, 1881 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SCB901
Signatur Archivplan:SCB901
Titel:Badkapelle
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2017)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Schinznach-Bad
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bad Schinznach
Adresse:Badstrasse
Versicherungs-Nr.:68
Parzellen-Nr.:3
Koordinate E:2654966
Koordinate N:1256685

Chronologie

Entstehungszeitraum:1881
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kapelle
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Autorschaft:Robert Moser (1833-1901), Architekt, Baden; Franz und August Müller, Altarbauer, Wil SG (Ausstattung)
Würdigung:1880/81 nach Plänen des bekannten Badener Architekten Robert Moser und mit finanzieller Beteiligung der Kurgäste erbaute Kapelle, die einen Teil des Kurensembles von Bad Schinznach bildet. Der Kleinbau, der durch seine schmucke Treppengiebelfront und das ädikulaartig gerahmte Portal auffällt, bewahrte noch bis 1998 die originale Ausmalung und Ausstattung. Damals fiel die Dekorationsmalerei einer Neubemalung zum Opfer, was die Aussagekraft des Bauwerks für die historistische Sakralraumgestaltung empfindlich schmälerte. Als Zeuge der baulichen Entwicklung des Bads im ausgehenden 19. Jahrhundert kommt dem Gebäude gleichwohl auch in seinem heutigen Zustand noch erheblicher Wert zu. Von der Innenausstattung sind noch Altar, Kanzel und die Kirchenbänke mit gusseisernen Wangen erhalten.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Seit 1870 wurde unter den Kurgästen Geld für den Bau einer eigenen Kapelle gesammelt und 1874 dazu eine besondere Kommission eingerichtet. 1880/81 konnte man den Neubau der paritätischen Kapelle realisieren [1]. Die Pläne stammten vom bekannten Badener Architekten Robert Moser (1833-1901), der mit der neugotischen Bäderkapelle in Baden nur ein Jahr später ein stilistisch wie auch typologisch und funktional vergleichbares Bauwerk schuf [2]. Den Altar lieferten die Altarbauer Franz und August Müller aus Wil SG [3]. Die Kapellenausstattung war zunächst noch einfach, konnte später aber durch private Zuwendungen reicher gestaltet werden [4]. 1886 fertigten wiederum die Altarbauer Müller eine Kanzel [5].
1995/96 erfolgte eine Aussenrenovation mit neuem Verputz, Ausbesserung des Sockels und des Sandsteinportals (Natursteinsockel in Kunststein angegossen; Sandsteinädikula teilweise aufmodelliert); auch wurde eine Schutzverglasung der Farbfenster angebracht [6]. Um das Gebäude zu einer „Hochzeitskapelle“ umzugestalten, liess man das Innere 1998/99 neu ausmalen, wodurch die bauzeitlichen Dekorationsmalereien zerstört und das bis dahin in seltener Vollständigkeit erhaltene Innere in seinem Wert empfindlich geschmälert wurden (Malerin: Tatjana Tiziana, eigtl. Hugelshofer) [7].
Beschreibung:Die Badkapelle erhebt sich an erhöhter Stelle und hart an der Bahnlinie in der nordwestlichen Ecke des Bäderareals. Sie ist im neuromanischen, damals so genannten „Rundbogenstil“ gehalten, der gerade im Sakralbau grosse Beliebtheit genoss. Das schlank hochragende Bauwerk ist in ein Rechteckschiff und einen eingezogenen Fünfachtelchor gegliedert. Die von Muschelkalklisenen gefasste Hauptfassade mit ihrem prägnanten, in einem Steinkreuz gipfelnden Treppengiebel überragt das ziegelgedeckte Schiff, das durch je drei Rundbogenfenster in den Flanken Licht erhält. Eine ädikulaartige Rahmung auf Pilastern mit Blattkapitellen rahmt das in Sandstein gehauene Rundbogenportal. In der Mitte des Bogenfeldes über dem rechteckigen Türlicht sitzt ein mehrfach gestufter Okulus (kreisrundes Fenster). Über dem Portal öffnet sich ein gekuppeltes Rundbogenlicht mit einer Säulenvorlage am Mittelpfosten. Ansteigende Zwillingsbogenfriese begleiten die Giebelschräge.
Im Inneren trennt der einspringende, rund schliessende Chorbogen das flach gedeckte Schiff vom gewölbten, seitlich belichteten kleinen Polygonalchor. Die 1998/99 durch Neuausmalung zerstörte originale Dekorationsmalerei wies an Triumphbogen und Sockelpartie eine graue Scheinquaderung auf; die Wandgliederung erfolgte durch illusionistische Pilaster mit Kanneluren. Der Pilasteranordnung entsprach die Felderteilung der Gipsdecke. Die Chorwände zeigten über der Sockelzone mit einem kunstvoll gemalten Stoffbehang eine goldfarbene Tönung mit damastartiger Struktur; der blaue Gewölbehimmel war gestirnt. Über den noch erhaltenen, fast vollplastisch ausgebildeten Diensten (Vorlagen der Gewölberippen) mit ihren Blattkapitellen steigen Rippen zum Schlussstein auf. Heute ist der Raum mit einer illusionistischen Architekturmalerei von 1999 ausgestattet. Der Kronleuchter stammt aus dem Hotel [8].
Erhalten geblieben ist die bauzeitliche Kapellenausstattung, die durch die Neubemalung aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen ist. Der von den Gebrüdern Müller in Wil SG gefertigte neuromanische Altar wiederholt mit dem von Säulen gestützten, ädikulaartigen Retabel die Grundform des Hauptportals. Er entspricht noch der intensiven, von Grün- und Beigetönen sowie Gold beherrschten Farbigkeit der Entstehungszeit. Das Altarblatt zeigt die Muttergottes mit Kind. Links vor dem Chor erhebt sich eine im neuromanisch-neugotischen Stil beschnitzte holzsichtige Kanzel mit Blendarkaden. Chor wie auch Schiff besitzen eine mehrheitlich ornamental gestaltete, farbige Fensterverglasung von 1884 aus dem Atelier des Glasmalers Kurt Wehrli, Zürich-Aussersihl; lediglich das Mittelfenster der östlichen Schiffwand zeigt mit der Himmelfahrt Christi eine figürliche Darstellung. Erwähnung verdienen auch die gusseisernen neugotischen Wangen der Bänke [9] und das schmiedeeiserne Chorgitter. Verschwunden sind bei der Umgestaltung zwei farbig gefasste, vollplastische Heiligenfiguren, die im Chorbogen auf reichen Blattkonsolen standen (Christus, seine Brustwunde zeigend, und, ihm gegenüber, der ungläubige Thomas). Gleiches gilt für die Kreuzwegstationen, die als Stuckreliefs in hölzernen Vierpassrahmen gestaltet und, mit Blick auf das internationale Publikum des Badebetriebs, in französischer Sprache beschriftet waren.
Anmerkungen:[1] Glarner / Zschokke-Glarner 1943, S. 115.
[2] Pläne von Robert Moser, Aug. und Sept. 1880 im Archiv der Bad Schinznach AG (gemäss Handke-Schmid 1978, S. 86). 1997 waren diese Pläne nicht mehr vorhanden oder nicht aufzufinden (vgl. Kurzinventar 1997). – Zu Robert Moser vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hrsg.), Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 387; zur Dreikönigskapelle im Badener Bäderquartier (Kantonales Denkmalschutzobjekt BAD015) Peter Hoegger, Der Bezirk Baden (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. VI), Basel 1975, S. 173.
[3] Die in Wil ansässige, in der ganzen Schweiz tätige Altarbauwerkstätte wurde von Franz (1810-1887) und August (1815-1882) Müller 1840 gegründet und um 1880 von Franz August Müller (1848-1912) übernommen. Vgl. Handke-Schmid 1978 sowie von ders.: Barbara Handke, Die Wiler Altarbauer Müller und ihr Werk. Ein Beitrag zur Geschichte der Kirchenausstattungen des Historismus im Kanton Freiburg mit besonderer Berücksichtigung der Kathedrale Freiburg und der Pfarrkirche Alterswil, in: Freiburger Geschichtsblätter, Bd. 62 (1979/80), S. 251-270, Allgemeines insbes. S. 251-256.
[4] Glarner / Zschokke-Glarner 1943, S. 115.
[5] Handke-Schmid 1978, S. 86.
[6] Akten und Zeitungsausschnitte im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege: Badener Tagblatt, 20.9.1995 u. 22.1.1996.
[7] Vgl. Zeitungsausschnitte im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege: Aargauer Zeitung (AZ), 6.1.1999 u. 26.11.1999; Annabelle création, Mai 1999, S. 8 sowie Zeitungsausschnitt aus unbekannter Quelle.
[8] AZ, 26.11.1999.
[9] Identisch mit jenen in der Dreikönigskapelle in Baden.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 82.
- Barbara Handke-Schmid, Die Altarbauer Müller und ihre Werke. Materialien zur Kirchenausstattung im Historismus, Lizenziatsarbeit Universität Zürich, 1978, S. 86.
- Paul Glarner / Lili Zschokke-Glarner, Aus Bad Schinznachs Vergangenheit, Aarau 1943, S. 115.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Denkmalschutzakten.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-SCB839.002 Badstrasse, Badkapelle (=SCB901), Keine Angabe (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133307
 

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