INV-TEU905 Wynentalstrasse 30, 1869 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-TEU905
Signatur Archivplan:TEU905
Titel:Wynentalstrasse 30
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2019)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Teufenthal (AG)
Adresse:Wynentalstrasse 30
Versicherungs-Nr.:108
Parzellen-Nr.:45
Koordinate E:2651135
Koordinate N:1242392

Chronologie

Entstehungszeitraum:1869
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:TEU911
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa

Dokumentation

Würdigung:Für den Industriellen Samuel Karrer, Gründer der Teufenthaler Musikdosenfabrik, erstellte Fabrikantenvilla von 1869. Es handelt sich um einen stattlichen spätklassizistischen Mauerbau mit aufwendig gestalteten Fassaden, die weitgehend noch im Originalzustand erhalten sind. 2011 bis 2017 erfuhr das Gebäude eine umfassende statische Sanierung und Modernisierung im Innern. Mit der südwestlich gelegenen Nachbarliegenschaft von 1874 (Bauinventarobjekt TEU911) sowie diversen Nebenbauten in parkartiger Umgebung bildet das Haus ein kleines, in sich abgeschlossenes Ensemble mit städtisch-bürgerlichem Ambiente, welches die wirtschaftliche Prosperität der Fabrikantenfamilie Karrer deutlich vor Augen führt. In einer zweiten Bautiefe an der Wynentalstrasse, unmittelbar gegenüber dem Gasthof "Herberge" (Kantonales Denkmalschutzobjekt TEU002) gelegen, setzt die Baugruppe zudem einen wichtigen ortsbaulichen Akzent.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nach den familiengeschichtlichen Aufzeichnungen wurde die „Villa Karrer“ 1869 durch den Musikdosenfabrikanten Samuel Karrer (1836–1910) erbaut [1]. Der im selben Jahr erfolgte Neueintrag im Brandkataster lautet auf ein „Wohnhaus, 2 Stock hoch von Mauer und Holz, mit zwei gewölbten Kellern und Ziegeldach“, die Versicherungssumme von 24‘000 Franken war für damalige Verhältnisse ausgesprochen hoch [2].
Samuel Karrer war ein Abkömmling der einflussreichen und begüterten Familie Karrer von Teufenthal, welche 1819 das Gasthaus "Herberge" (Kantonales Denkmalschutzobjekt TEU002) erworben hatte und in der Folge die Musikdosen- und spätere Armaturenfabrik KWC in Unterkulm gründete. 1859/60 rief Samuel Karrer sein eigenes Geschäft unter der Bezeichnung „S. Karrer Teufenthal, Musikdosenfabrik“ ins Leben. Samuel Karrer war im Laufe der Jahre Eigentümer verschiedenster Liegenschaften in Teufenthal, während kurzer Zeit auch Besitzer der Trostburg, welche er aber nicht selber bewohnte. 1869 liess er in der Nähe seines Fabrikgebäudes ein stattliches Wohnhaus mit parkartigem Garten errichten, welches er bis zu seinem Tod 1910 bewohnte. Den Musikdosenbetrieb gab er um 1903 wegen der zunehmenden Konkurrenz durch das Grammophon auf, das Fabrikationsgebäude wurde 1912 an die Zigarrenfabrik Gebrüder Säuberli verkauft. Nach dem Tod von Samuel Karrer ging das Wohnhaus 1911 vorerst an Dr. Victor Karrer-Landolt von Zürich über, ehe es 1917 von Jakob Zehnder, Kaufmann, erworben wurde. Dieser liess 1921 das rückwärtige Nebengebäude Vers.-Nr. 135 erstellen, welches im Brandkataster als „Holz- und Waschhaus“ und 1928 mit dem Zusatz „Autogarage“ registriert wurde [3].
Wohl als Folge des instabilen Baugrundes hatten sich im Laufe der Zeit erhebliche statische Schäden am Gebäude ergeben. So liess der heutige Besitzer 2011 bis 2017 eine umfangreiche Sanierung mit Betonfundamenten, Eisenankern und neuen Balkenlagen vornehmen. In diesem Zusammenhang fand auch eine durchgreifende Modernisierung des Hausinnern mit Ausbau des Dachgeschosses statt.
Beschreibung:Die „Karrervilla“ liegt, um Bautiefe von der Wynentalstrasse zurückversetzt, in einem parkartigen Gelände mit bogenförmiger Zufahrt, welche zum südlich gelegenen Vordereingang führt (nicht mehr als Haupterschliessung genutzt). Heute befindet sich der Zugang auf der hofartig ausgebildeten Hausrückseite, wo ein offener, säulengestützter jüngerer Verbindungsgang zum 1921 errichteten Nebengebäude mit Garagen und Waschküche vermittelt.
Über dem mit Granitplatten verkleideten Kellersockel erhebt sich das stattliche Gebäude als zweigeschossiger kubischer Mauerbau unter schwach geneigtem, nur knapp vorspringendem Walmdach; rückseitig schliesst ein Treppenhausrisalit unter Quergiebel an. Die südliche, gartenseitige Hauptfassade wie auch die beiden Stirnseiten sind auf ihre optische Wirkung hin am Erdgeschoss in aufwendigem, rustiziertem Hausteinmauerwerk gestaltet, welches mit einem umlaufenden Gurtgesims schliesst. Das glatt verputzte, mit Ecklisenen versehene Obergeschoss zeigt reich instrumentierte Fenster mit profilierten Gewänden, konsolengestützten Blockbänken und profilierten Gesimsbekrönungen aus Sandstein. Den Wandabschluss akzentuiert ein mit Konsolenfries gestaltetes Kranzgesims.
Die Mittelachse der gartenseitigen Hauptfront nimmt der ehemalige Haupteingang ein. Er zeigt ein reich profiliertes Sandsteingewände, bekrönt von einem auf Volutenkonsolen ruhenden Balkon mit gebauchtem Schmiedeeisengeländer. Ebenso sorgfältig gestaltet ist das zweiflüglige hölzerne Türblatt mit vergitterten Lichtern und mit Eierstabmotiven beschnitztem Kämpfer. Die etwas zurückhaltender konzipierte Rückfassade besteht in beiden Geschossen aus verputztem Mauerwerk, welches aber ebenso mit Lisenen, Gurtgesimsen und profilierten Fenstergewänden aus Sandstein sorgfältig gestaltet ist.
Im stark modernisierten Hausinnern ist die ursprüngliche Raumgliederung mit Mittelgang, gartenseitig angelegtem Wohnzimmer und Salon sowie rückwärtiger Küche nur noch ansatzweise zu erkennen. Von der originalen Ausstattung erhalten ist die halbseitig gewendelte hölzerne Treppe mit gedrechselten Staketengeländern im rückwärtigen Treppenhausrisalit. Im zu Wohnzwecken ausgebauten Dachgeschoss tritt das Gebälk mit weit gespannten liegendem Stuhljochen offen zutage. Eindrücklich sind auch die mächtigen, in Längsrichtung des Hauses angelegten Gewölbekeller, welcher über einen quer verlaufenden Gewölbegang erschlossen sind.
Anmerkungen:[1] Notter 2005/06, S. 17-25.
[2] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0080: Brandkataster Teufenthal 1829-1950; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0278-0281: Brandkataster Teufenthal 1850-1938.
[3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0278-0281: Brandkataster Teufenthal 1850-1938.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau,Teufenthal, 4145-3.
Literatur:- Hans Notter, Zur Geschichte der Karrer von Teufenthal, In: Jahresschrift der historischen Vereinigung Wynenthal 2005-2006, S. 17-25.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0080: Brandkataster Teufenthal 1829-1950; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0278-0281: Brandkataster Teufenthal 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136413
 

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