Identifikation |
Signatur: | INV-BEW942 |
Signatur Archivplan: | BEW942 |
Titel: | Wiggwil 6a,b |
Ansichtsbild: |
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Bildlegende: | Ansicht von Osten (2020) |
Bezirk: | Muri |
Gemeinde: | Beinwil (AG, Freiamt) |
Adresse: | Wiggwil 6a,b |
Ortsteil / Weiler / Flurname: | Beinwil |
Versicherungs-Nr.: | 93A, 642 |
Parzellen-Nr.: | 614, 613 |
Koordinate E: | 2668491 |
Koordinate N: | 1230475 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1479 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bauernhauszeile |
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Dokumentation |
Würdigung: | Von drei Parteien genutztes ehemaliges Bauernhaus, dessen grossvolumiger traufständiger Baukörper ein prägendes Element der gassenähnlichen Bebauung des Weilers Wiggwil bildet. Bauarchäologische Untersuchungen haben eine vielfältige, bis ins 15. Jahrhundert zurückreichende Entstehungsgeschichte ergeben. Demnach handelte es sich ursprünglich um ein schindelgedecktes Tätschhaus mit Kern von 1479 und ostseitiger Erweiterung von 1555, welches in der Folge 1611 in ein steil aufragendes Strohdachhaus umgewandelt wurde, ehe es 1894 anlässlich der Umdeckung auf Ziegel wiederum ein schwächer geneigtes Giebeldach erhielt. Mit seiner überaus wechselvollen Baugeschichte, welche an den Fassaden und an der rauchgeschwärzten Dachkonstruktion beispielhaft ablesbar ist, bezeugt es die Vielfalt der ländlichen Bauformen und der Bauentwicklung im Oberen Freiamt auf eindrückliche Weise. Das älteste Gebäude von Wiggwil bildet mit den typenähnlichen Nachbarbauten Wiggwil 12 und Wiggwil 8 (Bauinventarobjekte BEW916 und BEW917) ein spannungsvolles Ensemble mit hohem baugeschichtlichem, typologischem und ortsbaulichem Wert. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Anlässlich von Umbauarbeiten am östlichen Hausteil wurden 2020 umfassende bauarchäologische Untersuchungen mit dendrochronologischer Datierung vorgenommen, die eine überaus komplexe, bis ins 15. Jh. zurückreichende Baugeschichte zutage gefördert haben [1]. Gemäss den vorliegenden Befunden ist von einem Kernbau von 1479d auszugehen, welcher den inneren Bereich des östlichen, talseitigen Hausteils (Vers.-Nr. 93B) einnahm und sich vermutlich auch auf den westlichen, heute stärker veränderten Hausteil (Vers.-Nr. 93A) erstreckte [2]. Es dürfte sich um ein schwach geneigtes, mit Schindeln eingedecktes Tätschhaus gehandelt haben, welches 1555d eine ostseitige Erweiterung zu den heute bestehenden Ausmassen erfuhr [3]. Bereits 1611d wurde das Tätschdach durch eine steile, auf Strohbedachung ausgelegte Firstständerkonstruktion mit verstärkenden stehenden Stuhljochen ersetzt, vermutlich um einen grösseren Dachraum zum Einlagern der Heuvorräte zu schaffen. Ob zu den Wohnungen seit jeher ein hangseitig angefügter Ökonomietrakt gehörte oder ob dieser zu einem späteren Zeitpunkt hinzugekommen ist, kann in den heutigen Verhältnissen nicht mehr eindeutig geklärt werden. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 wird das Gebäude als "Wohnhaus von Holz mit Tremkellern und Strohdach, mit Scheunenanbau" bezeichnet [4]. Die Liegenschaft war zu je einem Drittel auf Burkard Suter, Kaspar Eichholzer und Joseph Bucher aufgeteilt. Die Verhältnisse als Strohdachhaus mit drei Wohnungen und einem gemeinsam genutzten Scheunenteil blieben bis ins ausgehende 19. Jh. bestehen, wobei die Besitzernamen von Eichholzer und Bucher auf Willi und Bütler wechselten. 1894 anlässlich der Umdeckung auf Ziegel versah man das Haus mit einem mittelsteilen Giebeldach, wobei die alte Firstständerkonstruktion gekürzt wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erhielt die südliche Trauffassade ihre heutige Ausprägung mit annähernd axial gesetzten Einzelfenster und Wandfüllungen aus Flecklingen. Vor wenigen Jahren fand eine tiefgreifende Sanierung des westlichen Wohnteils (Vers.-Nr. 93A) samt Umbau des alten Scheunentrakts zu Wohnzwecken statt, bei der viel historische Bausubstanz verloren ging. 2020/21 hat man den älteren, östlichen Wohnteil (Vers.-Nr. 93B) einer grösseren Renovation mit Ausbau des Dachgeschosses unterzogen. |
Beschreibung: | Der langgestreckte, grossvolumige Baukörper erhebt sich im oberen Ortsteil von Wiggwil auf der Nordseite des Sembachs, wo er traufständig zu der in Fallrichtung des Geländes verlaufenden Strasse gestellt ist. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Ständerbau über gemauertem Kellergeschoss, welches fast vollständig freisteht und über ebenerdige stirn- und traufseitige Aussenzugänge verfügt. Das in einen mächtigen Schwellenkranz eingelassene, geschossübergreifende Ständergerüst mit breiten verblatteten Kopfhölzern bezeugt die ursprünglichen Verhältnisse des Ständerbaus mit liegend eingenuteten Bohlen (Ständerbohlenbau). Demgegenüber dürften die heutigen Fleckling-Füllungen mitsamt den annähernd axial angeordneten Einzelfenstern einer Umbauphase des 19. Jh. entstammen. Den oberen Abschluss bildet ein mittelsteiles Satteldach mit auffallend hohem Kniestock. Das mehrheitlich noch aus rauchgeschwärzten Hölzern bestehende Dachgerüst im östlichen Hausteil (Vers.-Nr. 93B) bezeugt die komplexe, weit zurückreichende Baugeschichte des Hauses, welches unterschiedliche Bautraditionen der Region auf sich vereinigt. Bis zum kürzlich erfolgten tiefgreifenden Umbau des westlichen Gebäudeteils war die Grundanlage des Hauses mit zwei (und zwischenzeitlich drei) quer zum First geteilten Wohnungen auf der östlichen Talseite sowie hangseitig anschliessendem westlichem Scheunentrakt gut ablesbar. Im Innern des östlichen Hausteils haben sich Spuren der vielfältigen Baugeschichte in Form von Ständern, Balkenlagen und breiten verblatteten Kopfhölzern erhalten. Eine erwähnenswerte Kuriosität stellt eine beim östlichen Hauseingang eingelassene Steinplatte mit lateinischer Inschrift dar, deren Herkunft und Bedeutung bislang nicht geklärt ist. |
Anmerkungen: | [1] Mitteilung von Reto Bucher, Kantonsarchäologie Aargau. Eine abschliessende Auswertung der Befunde liegt zurzeit noch nicht vor. [2] Der westliche Gebäudeteil wurde vor einigen Jahren tiefgreifend umgebaut, so dass archäologische Abklärungen hier nicht mehr möglich waren. [3] Zum Tätschhaus, das im Freiamt zusammen mit dem steilgiebligen Strohdachhaus die älteste Hausgeneration darstellt, vgl. Räber 1996, S. 269 ff. [4] Beinwil/Freiamt 1988, S. 89 (No. 160A,B,C); Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Literatur: | - Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt). - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996 |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/32. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=137921 |
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