DSI-MUM003 Hauptstrasse 93, Spätantike Magazinstation, 04. Jh. (ca.) (Dossier (Denkmalschutzinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:DSI-MUM003
Signatur Archivplan:MUM003
Titel:Hauptstrasse 93, Spätantike Magazinstation
Ansichtsbild:
1/1
Bezirk:Rheinfelden
Gemeinde:Mumpf
Adresse:Hauptstrasse 93
Parzellen-Nr.:2, 128, 219, 230, 231, 233, 457, 620, 720
Koordinate E:2635951
Koordinate N:1266350
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2635951&y=1266350

Schutz / Status

Kategorie Inventar Kulturgüterschutz:A (nationale Bedeutung)
Kantonale Unterschutzstellung (DSI):5/9/2022
Kantonaler Schutzumfang:Integral

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 4th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Nutzung (Stufe 1):Archäologische Fundstätten
Nutzungstyp (Stufe 2):Magazinstation
Epoche / Baustil (Stufe 3):Provinzialrömisch

Dokumentation

Bau- und Nutzungsgeschichte:In der Gemeinde Mumpf liegen unmittelbar unter dem heutigen Gasthof zum Anker die Reste eines (fast) einzigartigen Bauwerks aus der Spätantike. Dieses wird von der Forschung als sog. Magazinstation angesprochen und diente gegen Ende des 4. Jh. n. Chr. wahrscheinlich zur Versorgung der am Hochrhein-Limes stationierten Truppen. Das Bauwerk war Bestandteil des unter Kaiser Valentinian (364-375 n. Chr.) durchgeführten Befestigungsprogramms entlang der nördlichen Militärgrenze des Römischen Reiches.
Bereits auf einem Bannplan aus dem Jahr 1775 findet sich weit ausserhalb des damals noch Niedermumpf genannten Dorfes der Flurname Burg Zelglin. Es ist anzunehmen, dass die Mauerreste der im Volksmund als "Burg" bezeichneten Anlage nie ganz verschwunden sind. Dafür spricht auch die Wiederverwendung der römischen Fundamente beim Bau des 1829 teilweise direkt darüber errichteten Gasthofs zum Anker.
Es war der als "Pfahlbauforscher" bekannte Ferdinand Keller (1800-1881), der die "Burg" erstmals beschrieb und aufgrund der Machart des Mauerwerks als Überreste eines römischen Wachturmes interpretierte. Anlässlich des Baus einer Wasserleitung im Bereich der heutigen Hauptstrasse kamen 1902 weitere Abschnitte von römischem Mauerwerk zum Vorschein. Diese wurden vom Altertumsforscher Alfred Streicher aus Säckingen dokumentiert und 1905 von Jakob Heierli publiziert. Weitere Grabungen erfolgten zwischen 1912 und 1914 unter der Leitung des Basler Juristen und Altertumsforschers Karl Stehlin. Dabei wurde eine deutlich grössere Dimension sowie der "doppelpilzförmige" Grundriss erkannt. Es war Karl Stehlin, der das Bauwerk erstmals als "Magazinstation" für die Versorgung der am Hochrhein-Limes stationierten Truppen interpretierte. Erst 1949/1950 wurde man erneut auf die Überreste des Magazinbaus aufmerksam. Damals wurde aus dem Fundament der Ostmauer des Mitteltrakts, welches die beiden Keller des Gasthofs zum Anker trennt, ein Verbindungs-Durchgang ausgeschrotet. 2017 wurden bei der Vergrösserung der Küche des Gasthofs, bzw. der Erneuerung von Werkleitungen weitere Partien des östlichen Halbrundturmes und der Südmauer des Mitteltraktes freigelegt. Noch umfangreichere Rettungsgrabungen wurden 2019 durch die Sanierung der Hauptstrasse und die Erneuerung der Werkleitungen ausgelöst. Dabei wurde u.a. die Nordmauer des Mitteltraktes im Bereich der Ansatzstelle des Halbrundturmes angeschnitten und teilweise zerstört.
Beschreibung:Der Wehrbau besteht aus einem rechteckigen Mitteltrakt von 17.5 m Breite und 26 m Länge, der an seinen Schmalseiten jeweils von einem halbrunden Turm mit einem Durchmesser von 23.5 m eingefasst wird. Die zwischen 2 m und 2.40 m breiten Mauern verfügen über einen Mauerkern aus Gussmörtel (opus caementitium) und Mauerschalen aus Quelltuff- und Kalkbruchsteinquadern. Stellenweise konnte K. Stehlin sogar noch das aufgehende Mauerwerk dokumentieren. Die Fundamente bestehen aus mit Kalkbruchsteinen und grossen Flusskie-seln durchsetztem opus caementitium. Darin enthaltene, längliche Hohlräume geben zu erkennen, dass die Fundamente zudem mit Rundhölzern armiert wurden. Von diesem Mitteltrakt ist heute insbesondere noch das Fundament der Ostmauer erhalten. Dieses bildet die Trennmauer zwischen den beiden Kellern des Gasthofs zum Anker. In den Parzellen 231 und 233 sowie in einem Teilstück der Parzelle 2 sind zudem noch Reste der beiden Halbrundtürme vorhanden. Wie die Sondierschnitte von Karl Stehlin belegen, war die Magazinstation zumindest auf drei Seiten von einem rund 1.7 m tiefen und zwischen 5 m und 7 m breiten Wehrgraben umgeben.
Bisher gibt es keinerlei vergleichbare kantonal geschützte Fundstellen. Beim spätantiken Magazinbau Mumpf-Burg handelt es sich um eine im Kanton Aargau einzigartige archäologische Stätte, deren langfristige Erhaltung gesichert werden muss. Aufgrund des guten Erhaltungszustandes und der Seltenheit dieses Bautyps ist diese Fundstelle nicht nur von nationaler, sondern von internationaler wissenschaftlicher Bedeutung. Am gesamten Hochrhein-Limes ist nur noch in Sisseln (AG) ein grundrissgleicher Wehrbau zum Vorschein gekommen, der 1972 ohne vorgängige archäologische Untersuchung einer Überbauung zum Opfer fiel. Diese beiden spätantiken Magazinstationen sind selbst für den gesamten Donau-Iller-Rhein-Limes einzigartig. Lediglich im Hinterland des Hochrhein-Limes wurden in den 1980er Jahren in Aegerten im Kanton Bern zwei grundrissgleiche Anlagen ausgegraben. Diese liessen sich in die Jahre 368 und 369 n. Chr. dendrodatieren. Die Magazinstation in Mumpf-Burg ist jedoch ein Unikat, da sie das einzige Bauwerk dieses Typs im gesamten Imperium Romanum ist, dessen Grundriss noch komplett in situ erhalten ist.
Erwähnung in anderen Inventaren:KGS-A-Objekt
Literatur:Valentin Häseli und Peter-A. Schwarz, Altes und Neues zur spätantiken "Magazinstation" Mumpf-Burg, in: "Vom Jura zum Schwarzwald", 2019, Jg. 93, S. 7-31.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138988
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds