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INV-SAF918 Mühle, 1791 (Dossier (Bauinventar))
Identifikation |
Signatur: | INV-SAF918 |
Signatur Archivplan: | SAF918 |
Titel: | Mühle |
Ansichtsbild: |
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Bildlegende: | Ansicht von Südosten (2021) |
Bezirk: | Zofingen |
Gemeinde: | Safenwil |
Adresse: | Mühlerain 3 |
Versicherungs-Nr.: | 127 |
Parzellen-Nr.: | 408 |
Koordinate E: | 2641487 |
Koordinate N: | 1241416 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1791 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Eingang ehem. Mühleraum) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Mühle |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Barock |
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Dokumentation |
Inschriften: | "17 JA[KOB] HIL[FIKER] 91" (Türsturz Mühlenraum) |
Würdigung: | Stattliche Mühle, die 1791 als bernisch geprägter Mauer- und Fachwerkbau mit Obergeschosslaube, Gehrschilddach und Giebelründe für den Müller Jakob Hilfiker errichtet wurde und bereits um 1850 nebst einem Wohnteil und einer Mühleneinrichtung auch eine Bäckerei umfasste. Der Mahlbetrieb wurde im frühen 20. Jh. aufgegeben, die Bäckerei mit Verkaufsladen hingegen noch einige Zeit weitergeführt. Der Bau besticht durch eine ausgesprochen schmucke, fünfachsig gegliederte Hauptfassade mit Zopfbügen, steingefassten Stichbogenfenstern und Müllerinschrift am Eingang zum ehemaligen Mühlenraum. Als frühem Gewerbebau kommt der Mühle ein erheblicher lokalgeschichtlicher Zeugenwert zu. Mit ihrem Standort markiert sie zudem den Verlauf des historischen Verkehrswegs zwischen den alten Dorfteilen, der seit dem Bau der Nationalstrasse N1 in den 1960er-Jahren nur noch schwer nachvollziehbar ist. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das bestehende Mühlengebäude, das vermutlich einen Vorgängerbau ersetzte, entstand gemäss Inschrift im Türsturz des Eingangs zum ehemaligen Mühlenraum 1791 im Auftrag von Müller "IA[kob] Hil[fiker]. Dabei dürfte es sich um den Vater des gleichnamigen Eigentümers handeln, der im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 aufgeführt ist [1]. Über den jüngeren Jakob Hilfiker ist aus Erzählungen der Nachfahrin Rosa Matter bekannt, dass er 1810 geboren wurde, bereits früh verwitwete und 1896 im Haushalt seiner Schwestern in Kölliken verstarb [2]. 1858 nahm er einen Ersatz des Wasserrads vor. Gemäss einem Plan in den Wasserwerkskonzessionsakten von 1858 wurde das aus dem Dorfbach zugeführte Wasser über einen Kännel von Südwesten her zum Wasserrad geleitet, welches sich im angebauten Radhaus auf der westlichen Traufseite des Gebäudes befand [3]. Das 1858 erneuerte Wasserrad wies einen Durchmesser von 5,1 Metern und eine Schaufelbreite von 1,8 Metern auf [4]. Das Radhaus entsprach in den Abmessungen weitgehend dem heutigen Anbau, so dass davon auszugehen ist, dass zumindest in den Fundamenten noch Teile davon erhalten sind. Zum Betrieb gehörten auch eine Fuhrhalterei und eine Landwirtschaft. Die Pferdestallungen befanden sich in einem Gebäude östlich der Mühle, die Kühe waren in einer strohgedeckten Scheune südlich der Mühle untergebracht, welche 1864 niederbrannte [5]. 1865 ist im Brandkataster Jakobs Sohn Johannes Hilfiker als Nachfolger eingetragen. Es folgen als Müller 1873 Jakob Hunziker und 1880 Bernhard Fischer, danach Gottlieb Matter, der zunächst als Bäcker und später als Müller bezeichnet wird. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn in den 1870er-Jahren erwuchs sowohl der Mühle als auch der Fuhrhalterei starke Konkurrenz, welche die häufigen Handänderungen in dieser Zeit erklären dürfte. Gottlieb Matter renovierte 1889 das ganze Mühlengebäude innen und aussen. Er war wohl der letzte Müller, bevor der Mahlbetrieb Anfang 20. Jh. eingestellt wurde, während die Bäckerei noch mindestens bis in die 1930er-Jahre weiterbestand. Im frühen 20. Jh. wurde im Brandkataster der Einbau einer Wohnung vermerkt, wobei dieser vermutlich den Bereich des ehemaligen Mühlenraums betraf [6]. Die Einrichtung der strassenseitigen Räume als Backstube und Ladenlokal war um 1991 noch teilweise vorhanden (gemäss Kurzinventar1995). Beim jüngsten Umbau durch den heutigen Eigentümer wurden im EG die südseitig des Mittelgangs gelegenen Räume zu einem grossen Wohnraum mit Küche (ehemals Backstube) zusammengelegt. 2021 erfolgte eine durchgreifende Erneuerung des Obergeschosses, wobei die Geschossbalkenlagen und die Fachwerkwände im Bereich des Stichgangs und der rückwärtigen Räume teilweise erhalten blieben (hölzerne Zwischenwände entfernt). Im Dachraum wurde eine weitere Wohnung eingebaut und in diesem Zusammenhang der aus der Bauzeit stammende liegende Dachstuhl des Sparrendachs im Bereich des Spannbalkens zwecks Einzug eines Zwischenbodens gekappt. Das Dach erhielt nach Westen einen eingeschnittenen Balkon. Infolge eines Wasserschadens wurden auf derselben Seite einzelne Hölzer im Bereich der Mauerkrone erneuert und die Deckenbalken teilweise ersetzt. |
Beschreibung: | Die seit den 1960er-Jahren hinter der Aufschüttung einer über die Autobahn N1 gespannten Brücke verborgene Mühle lag ehemals zentral am Verkehrsweg zwischen dem Ober- und dem Unterdorf. Der giebelbetonte Mauerbau ist traufständig zur vorbeiführenden Fahrstrasse errichtet. Als Schauseite ist die nach Süden orientierte fünfachsige Stirnfront ausgebildet, die mit dem gebrochenen Gehrschilddach und der Ründe über gezopften Bügen wie der stattliche Wohnteil eines spätbarocken bernischen Bauernhauses gestaltet ist. Die zeittypisch mit Stichbogen abschliessenden Fenster werden von Sandsteingewänden mit Ladenfalz und wulstig profiliertem Gesims eingefasst. Dazu haben sich hölzerne Jalousieläden erhalten. In den gleichfalls stichbogigen Türsturz des dezentral angelegten, ehemaligen Haupteingangs ist die Inschrift "17 JA[KOB] HIL[FIKER] 91" samt Mühlenrad gemeisselt. Die nach Norden ausgerichtete Rückseite des Hauses ist dreiachsig ausgebildet, wobei der halbgeschossig versetzte Hintereingang zum Mühlenraum leicht aus der Mittelachse verschoben ist. Zur Strasse hin befindet sich der Aussenzugang zum Gewölbekeller. Das Dach weist auf dieser Seite ein offenes Fluggespärre mit weniger aufwendig beschnitzten Bügen auf. An der westlichen Traufseite ist die ehemalige Radkammer als Erweiterung des Wohnteils erhalten und somit ablesbar geblieben. Der Zugang zur Wohnung im Obergeschoss erfolgte vermutlich von Anfang an über die ostseitige Laube, wobei die Treppe im frühen 20. Jh. einer Fotografie zufolge wohl in entgegengesetzter Richtung angelegt war (siehe Bilddokumentation) [7]. Diese der Strasse zugewandte Fassade des Hauses ist nur spärlich mit Öffnungen versehen. In der Mitte befinden sich Türen, welche im Obergeschoss auf die Wohnung und im Erdgeschoss vermutlich ehemals auf die Bäckerei bzw. den Laden öffneten. Nur im Bereich des ehemaligen Ladens besteht auch ein Fenster, das mit einem einfach dekorierten Holzgewände vermutlich der Zeit um 1900 eine schaufensterartige Gestaltung zeigt. Der wohl von zwei Seiten zugängliche Mühlenraum bildete ursprünglich einen überhohen Raum, der halbgeschossig ins Erdreich eingetieft war. Da unter den strassenseitigen Räumen ein Gewölbekeller verläuft, dürfte er nur die westlichen drei Fünftel der Gebäudegrundfläche eingenommen haben. Entsprechend nimmt der Haupteingang mit der Müllerinschrift an der Südfassade die mittlere der drei zugehörigen Achsen ein und ist in Bezug auf die Gesamtansicht dezentral angelegt. An der rückwärtigen Fassade des Gebäudes ist der Mühlenraum währenddessen anhand des halbgeschossig versetzten Eingangs ablesbar. Als Spuren der früheren Nutzung finden sich im Innern nur noch eine Vertiefung im Boden (Südwestecke) sowie eine abgesägte Stütze. Mit der Umnutzung des Mühlenraumes zu Wohnzwecken Anfang 20. Jh. erfolgte der Einzug eines Zwischenbodens. Die Ausstattung der Wohnung wurde inzwischen erneut modernisiert. Die südseitig des Mittelgangs gelegenen Räume sind heute zu einem grossen Wohnraum mit Küche (ehemals Backstube) zusammengelegt. Im Obergeschoss haben sich v.a. im Bereich der Erschliessung (Stichgang) und rückwärtigen Räume Teile der alten Binnenstruktur (Fachwerkwände) erhalten. Mit den Geschossbalkenlagen und Sichtbalkendecken blieben weitere wesentliche Bestandteile der Grundkonstruktion erhalten. Vom bauzeitlichen Dachwerk bestehen noch die Sparren samt Aufschieblingen und Teile des liegenden Stuhls (vgl. Bau- und Nutzungsgeschichte). |
Anmerkungen: | [1] Zur Bau- und Besitzergeschichte siehe Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0651 (1850-1874), Vers.-Nr. 97, CA.0001/0652 (1875-1898) Vers.-Nr. 109, CA.0001/0653 (1899-1938), Vers.-Nr. 127, Brandkataster Gemeinde Safenwil. [2] Koprio 1973. [3] Staatsarchiv Aargau, DB.W01/0002/05, Wasserwerk Nr. 782. [4] Staatsarchiv Aargau, DB.W01/0002/05, Verificationsverbal vom 30. Juni 1896 über Wasserwerk Nr. 782. [5] Koprio 1973. [6] Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0651 (1850-1874), Vers.-Nr. 97, CA.0001/0652 (1875-1898) Vers.-Nr. 109, CA.0001/0653 (1899-1938), Vers.-Nr. 127, Brandkataster Gemeinde Safenwil. [7] Vgl. Abb. Titelseite in: Kulturelle Vereinigung Safenwil, 4. Jg., Nr. 8, Dezember 1972. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Literatur: | - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 40. - E. Koprio, Aus der Geschichte der Mühle von Safenwil, in: Kulturelle Vereinigung Safenwil, 4. Jg., Nr. 9, März 1973. - E. Koprio, Aus der Geschichte der Mühle von Safenwil, in: Kulturelle Vereinigung Safenwil, 4. Jg. Nr. 8, Dezember 1972. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0651 (1850-1874), Vers.-Nr. 97, CA.0001/0652 (1875-1898) Vers.-Nr. 109, CA.0001/0653 (1899-1938), Vers.-Nr. 127, Brandkataster Gemeinde Safenwil. - Staatsarchiv Aargau (StAAG): DB.W01/0002/05, Wasserwerk Nr. 782; DB.W01/0002/05, Verificationsverbal vom 30. Juni 1896 über Wasserwerk Nr. 782. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=139916 |
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