INV-AMM901 Dorfplatz 3, 1700 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-AMM901
Signatur Archivplan:AMM901
Titel:Dorfplatz 3
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Ammerswil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Dorfplatz 3
Versicherungs-Nr.:32
Parzellen-Nr.:233
Koordinate E:2658066
Koordinate N:1246760
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2658066&y=1246760

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1700
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Ehemals strohgedeckter bäuerlicher Vielzweckbau aus dem 18. oder gar 17. Jahrhundert. Als Hochstudhaus (Firstständerkonstruktion) mit charakteristischem weit herabhängendem Walmdach und ungebrochenen Dachflächen ist es ein wichtiger baulicher Zeuge für eine den Aargau prägende Hausgattung. Erhalten sind die russgeschwärzte Hochstud-Dachkonstruktion sowie die mit Flecklingen (Kanthölzer) gefüllte Ständerkonstruktion der Südfassade. An historischer Ausstattung bewahrt die Stube ein schlichtes Wandtäfer und einen grünen Kachelofen von 1859. Beim Einbau einer Arztpraxis 1990 im Ökonomieteil blieb das äussere Erscheinungsbild weitgehend intakt erhalten. An seiner zentralen Lage südlich des Dorfplatzes tritt der markante Baukörper prominent in Erscheinung, weshalb er von hoher Bedeutung für das Ortsbild ist. Als Wohnhaus des international bekannten Musikers «Pfuri» (Roland Baldenweg) kommt ihm auch ein historischer Wert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aufgrund seiner Bautypologie und Konstruktionsweise dürfte das ehemals strohgedeckte Hochstudhaus im 18. oder gar 17. Jh. entstanden sein. Diese Hausgattung war in den Ackerbaugebieten des schweizerischen Mittellandes und besonders im Gebiet des heutigen Kantons Aargau weit verbreitet und hat das Aussehen der Dörfer bis ins 20. Jh. hinein entscheidend geprägt. Ammerswil wies 1844 gemäss den Erhebungen des damaligen Kantonsarchivaren Franz Xaver Bronner drei ziegelgedeckte und 32 strohgedeckte Wohnbauten auf [1]. Das Hochstudhaus an der Dorfstrasse 3 ist neben demjenigen an der Strübistrasse 13 (Bauinventarobjekt AMM909) das einzige erhaltene in Ammerswil und ein wichtiger Zeuge der baulichen Vergangenheit. Im ersten überlieferten Brandkatastereintrag von 1850 wird es als ein «zweistöckiges Wohnhaus mit zwei Tremkellern, Scheune und zwei Schöpfen von Mauer und Holz unter Strohdach» beschrieben. Spätestens 1876 wurde der First mit Ziegeln gedeckt und es bestand nur noch ein Kellerraum. Bis ca. 1915 blieb das Dach mehrheitlich mit Stroh gedeckt; erst dann erfolgte die vollständige Verwendung von Ziegeln.
Während der Bau in der zweiten Hälfte des 19. Jh. im Besitz der Familie Gehrig war; übernahm es 1922 die Familie Rodel. In den 1970er-Jahren erwarb der Musiker Roland Baldenweg, genannt «Pfuri» das Gebäude [2]. Mit seiner 1974 gegründeten Blues/Folk Band «Pfuri, Gorps & Kniri» erlangte er internationale Bekanntheit durch das Musizieren mit Alltagsgegenständen [3]. Diverse Bandproben fanden im ehemaligen Bauernhaus in Ammerswil statt. Inzwischen gehörte es nicht mehr zu einem Landwirtschaftsbetrieb und der Ökonomieteil wurde als Abstellraum genutzt [4]. In den 1980er-Jahren verkaufte Baldenweg das Haus an einen Arzt, der es 1990 sorgfältig restaurieren und den ehemaligen Ökonomietrakt zu einer Arztpraxis umbauen liess [5]. Trotz gewisser baulicher Veränderungen im 20. Jh., wie der Kürzung der Dachflächen beim Wohnteil; der Errichtung eines Balkons an der Nordseite und der Umnutzung des Scheunenteils ist das Hochstudhaus in seiner Gesamterscheinung erhalten geblieben.
Beschreibung:Der bäuerliche Vielzweckbau steht längsseitig im Süden des Dorfplatzes an einer für das Ortsbild prominenten Stelle. Bautypologisch handelt es sich um ein ehemals strohgedecktes Hochstudhaus mit durchgehenden Firstständern und einem charakteristischen, weit herabhängenden Walmdach. Der Vielzweckbau gliedert sich in einen zweigeschossigen Wohnteil im Westen sowie in einen ehemaligen Ökonomietrakt mit Tenn, Stall und Futtertenn, der zur Arztpraxis umgebaut wurde.
In seiner ursprünglichen Gestalt dürfte das Gebäude mit Ausnahme der wohl bereits zur Erbauungszeit erdgeschossig massiv aufgeführten Westfassade als rein hölzerner Ständerbau mit eichenem Schwellenkranz bestanden haben. Bei einer Umbauphase im Verlaufe des 19. Jh., die vielleicht mit der inschriftlichen Datierung des Kachelofens auf 1859 übereinstimmt, wurde die der Witterung stärker ausgesetzt Nordfassade in verputztem Mauer- bzw. Fachwerk erneuert. Die nach Süden gerichtete Stubenfront erhielt anstelle der wohl kleinteiligen Reihenbefensterung grössere, axial angeordnete Einzelfenster. Gleichzeitig wurde das Ständerwerk mit fassadenbündigen Flecklingen (Kanthölzer) gefüllt. Die am russgeschwärzten Rähmbalken sichtbaren Blattsassen rühren von angeblatteten Kopfhölzern her, die der Versteifung der ursprünglichen Bohlenständerfassaden gedient hatten.
Die russgeschwärzte Dachkonstruktion ist vollständig erhalten, wobei nachträglich eine stabilisierende Stuhlkonstruktion eingezogen wurde. Das Pfetten-Rafendach ruht auf einer Reihe von drei Hochstüden. Zwei dieser Firstständer sind beidseits des Tenns in die eichenen Grundschwellen des Gebäudes eingezäpft, ein dritter ist über dem Wohnteil abgefangen. Windstreben und Sperrrafen versteifen die Dachkonstruktion in Längs- bzw. Querrichtung und sorgen für ihre Verankerung im Grundgerüst des Hauses. Die gefächert angeordneten Rafen sind paarweise über die Firstpfette gehängt.
Die bauzeitliche Grundrissdisposition entspricht dem häufigen Schema mit einem dem Tenn entlang durchlaufendem Gang, einem südseitigen Vorderhaus mit Stube und Nebenstube sowie einem Hinterhaus mit Küche und Kammer. Stube und Nebenstube bilden heute einen Raum und bewahren die Sichtbalkendecke und schlichtes Wandtäfer aus dem 19. Jh. An historischer Ausstattung hat sich ein Kastenofen samt jüngerer Sitzkunst mit glatten, grünen Füllkacheln erhalten. Der Kastenofen ruht auf sorgfältig gearbeiteten Balusterfüssen aus Sandstein. Eine seiner Deckkacheln trägt die Hafnersignatur «Jakob Gehrig Hafner in Am̅erswil 1859». Der heutige Zierfries besteht aus zugekauften, buntfarbig bemalten Frieskacheln aus der Werkstatt der Hafnerfamilie Notter in Boswil, die aus der ersten Hälfte des 19. Jh. stammen. In der Küche wurde ein eiserner Sparherd belassen. (Hausinneres nicht gesehen; Angaben gemäss Kurzinventar 1997).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Einzelobjekt 1.0.5, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Franz Xaver Bronner, Der Kanton Aargau, historisch, geographisch, statistisch geschildert. St. Gallen, Bern 1844, Bd. 2, S. 273.
[2] Häusermann 1993, S. 52.
[3] http://www.pfurigorpsundkniri.ch (konsultiert am 14.09.2021).
[4] Bauernhausforschung VII-1, 9.
[5] Häusermann 1993, S. 52; Baugesuchsarchiv Ammerswil, Baugesuch ohne Nr. (1990).
Literatur:- Willi Häusermann, Chronik der Gemeinde Ammerswil, Ammerswil 1993, S. 52.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0376-0378, Brandkataster Gemeinde Ammerswil, 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Bauernhausforschung Kurzinventar Ammerswil VII-1, 9 (1987).
- Gemeinde Ammerswil, Baugesuchsarchiv, Baugesuch ohne Nr. (1990).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28542
 

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