INV-BES923 Bootshäuser im Hallwilersee, 1923-1947 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BES923
Signatur Archivplan:BES923
Titel:Bootshäuser im Hallwilersee
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Beinwil am See
Ortsteil / Weiler / Flurname:Seeufer
Adresse:Am Seeufer
Versicherungs-Nr.:591, 599, 446, 637, 517, 57, 185, 284, 491, 462, 627, 641, 657, 502, 400, 492, 524
Parzellen-Nr.:1481, 1482 (Seeparzellen)

Chronologie

Entstehungszeitraum:1923 - 1947
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Baugruppe
Nutzung (Stufe 1):Kleinbauten und -anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Bootshaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Würdigung:Zwischen 1923 und 1946 entstandene Boots- und Wochenendhäuser, die von der Grenze zu Birrwil bis zur Steinismatt im Uferbereich des Hallwilersees stehen. Die unterschiedlich aufwendig gestalteten Kleinbauten umfassen sowohl einfache Schiffhütten als auch grössere Bootseinstellhallen mit Aufenthaltsraum und Sonnenterrasse. In ihrer formalen Ausgestaltung lassen sie die Entwicklung vom noch üppiger verzierten Heimatstil der 1920er Jahren hin zu den kubisch reduzierten Formen des Neuen Bauens erkennen. Als eine für den Hallwilersee charakteristische Baugattung prägen sie gerade auch in Beinwil das Erscheinungsbild des Seeufers und dokumentieren damit nicht nur das Aufkommen des Ferien- und Wochenendhauses im frühen 20. Jahrhundert; die früh einsetzende Kritik an diesen Bauten und ihrer störenden Wirkung auf das Seeufer bildet umgekehrt auch ein Kapitel aus der Geschichte des Landschaftsschutzes.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Erst 1860 erfolgte der Loskauf des Hallwilersees von den Herren von Hallwil, welche die Nutzung des Sees stark eingeschränkt und etwa das Baden ganz verboten hatten. Vom späten 19. Jh. an entwickelte sich der See zu einem beliebten Ausflugsziel, was sich in der Aufnahme eines Dampfschiffbetriebs im Jahr 1888, der Anlage öffentlicher Badeplätze in der Staadmatt im Jahr 1890, dem Bau des Hotels „Hallwil“ mit eigenem Badehaus um 1900 und in der Anlage der ersten Badanstalt 1921/22 (1970/71 ersetzt) niederschlug [1]. Gefördert durch die allgemeine Motorisierung und wie in anderen Gegenden setzte in den 1920er Jahren auch rund um den Hallwilersee der Bau von Wochenend- und Ferienhäusern ein, insbesondere aber auch von Bootshäusern, wie sie bald sehr beliebt waren. Allein auf dem Gemeindegebiet von Beinwil entstanden zwischen 1923 und 1946 17 solche Bauten nebst weiteren Schiffseinstellhallen am See (vgl. zu den einzelnen Bauten Bauinventarobjekte BES923A-Q).
Weil die Bootshäuser auf dem im Eigentum des Kantons befindlichen See stehen, war dafür eine Konzession notwendig, so dass die Pläne von Anfang an dem Kanton zur Genehmigung vorgelegt werden mussten [2]. Bewilligungsbedingung war das Eigentum eines zumindest schmalen Landstreifens unmittelbar am Seeufer. Die Konzessionen wurden anfänglich für 30 Jahre ausgesprochen und bis heute immer wieder periodisch verlängert. Die Bauherren waren durchwegs in Beinwil selbst oder der näheren Umgebung ansässig und gehörten als Gewerbler der Mittel- oder wie Fabrikant Arthur Eichenberger-Vogt, Direktor der Tabakfabrik „Landhaus“, der Oberschicht an. Projektierung und Bau der Gebäude wurden fast durchwegs von Zimmerleuten oder Bauhandwerkern besorgt, von denen etwa die Zimmerei P. Wiederkehr, die „mech. Bau- & Möbelschreinerei Alf. Fischer“, beide in Beinwil, oder das Baugeschäft Ernst Hunziker aus Reinach von den Plänen namentlich bekannt sind. Nur in Ausnahmefällen wurden Architekten beigezogen: Direktor Eichenberger liess sein Bootshaus (Bauinventarobjekt BES923N), das auch durch seine Gestaltung aus den übrigen hervorsticht, 1926 durch den Aarauer Architekten Emil Wassmer entwerfen, einen regional durchaus bekannten Vertreter des Heimatstils; Schiffsbauer Hans Merz-Gautschi beauftragte 1933 Architekt Hans Palmert in Seengen. Während sich einige Gebäude auf den eigentlichen Bootseinstellplatz beschränkten, enthielten viele auch eine Terrasse und teilweise einen Aufenthaltsraum und tauchten im Brandkataster entsprechend etwa als „Schiffhütte & Sonnenbad“ oder „Bad- & Boothaus“ auf.
Wie das Ferienhaus ganz allgemein stand auch der Bauboom der Bootshäuser am Hallwilersee von Anfang an in einem Spannungsfeld mit den Bemühungen um den Schutz der Landschaft: Der Wunsch nach dem Genuss der Landschaft war eine wesentliche Triebfeder für den Bau der Bootshäuser; gleichzeitig wurden diese aber als Bedrohung derselben Landschaft empfunden. Seit den 1920er Jahren ist am Hallwilersee insbesondere von Seiten der Heimatschutzbewegung Kritik an der zunehmenden Verbauung der Seeufer festzustellen. 1944 konnte man in der Vereinszeitschrift etwa einen Artikel lesen, der mit Bildern von Bootshäusern illustriert war (vgl. Bilddokumentation) und die zunehmende Verbauung der Seeufer scharf kritisierte:
„Wer an Seen denkt, pflegt sich etwas Weites, Ruhiges, Klares vorzustellen. Das war der Hallwilersee, das Kleinod des Aargaus, inmitten einer fruchtbaren, reifen sommerlichen Landschaft bis vor wenigen Jahrzehnten. Seither kamen die Bade- und Wochenendhäuschen, frassen sich in den Schilf hinein, versperrten die lieblichen Uferwege und drohten Hang und Halde wie wucherndes Unkraut rücksichtslos zu überfallen. Kein Wunder, dass sich immer häufiger Stimmen erhoben, die nach dem Schutze des Sees durch den Staat riefen.“ [3]
1930 wurden vor diesem Hintergrund seitens des Regierungsrats erstmals Bauvorschriften erlassen, wonach die Baupläne nun dem Heimatschutz sowie dem Naturschutz zur Genehmigung vorgelegt werden mussten. 1935 verabschiedete der Kanton eine erste Schutzverordnung, die in der Geschichte des Landschaftsschutzes in der Schweiz eine Vorreiterrolle einnimmt, sich freilich aber nur auf den aargauischen Teil des Sees bezog [4]. Sie unterstellte einige wenige Zonen einem generellen Bauverbot, während für die übrigen Ufergebiete und die Hänge, so auch in Beinwil, strengere Bauvorschriften galten. 1955/56 folgte eine strengere zweite Schutzverordnung mit Zonenplan, die wesentlich von Hans Marti geprägt war, einem Pionier der schweizerischen Raumplanung. Sie bestimmte praktisch das gesamte aargauische Seeufer in einer Breite von 10, 24 oder 50 Meter zur Sperrzone [5]. Erst 1966 wurden mit dem Natur- und Heimatschutzgesetz auf Bundesebene die Grundlagen für den Schutz der Uferlandschaften geschaffen, worauf 1970 ein Bauverbot am gesamten Hallwilersee in Kraft trat.
Beschreibung:Die Bootshäuser erstrecken sich in zwei Gruppen über einen wesentlichen Teil des Beinwiler Seeufers, zum einen von der Grenze zu Birrwil bis zur Badanstalt in der Staadmatt, zum anderen in der Steinismatt. Über Holzstege vom Ufer zugänglich, handelt es sich teils um einfache, schopfartigen Bootshütten, teils um zweistöckige Gebäude, die über dem Bootsplatz einen Aufenthaltsraum und eine Sonnen- und Aussichtsterrasse enthalten. Kern ist immer der mit einer Ausfahrt zum See versehene Bootseinstellplatz, der in der Regel mit einer Seilwinde zum Auswassern der Boote ausgestattet ist. Konstruktiv sind die Kleinbauten durchwegs im Holzgerüstbau mit meist vertikaler Verbretterung, bisweilen auch mit horizontaler Stulpschalung ausgeführt. Sie sind mit Betonpfählen im flachen Seegrund fundiert und werden entweder parallel zum Schiffsrumpf von einem Giebel- oder quer dazu von einem Pultdach abgeschlossen.
Architektonisch sind die Bootshäuser unterschiedlich stark ausformuliert. Insbesondere bei den aufwendigeren Bootshäusern lässt sich zwischen den 1920er und 40er Jahren ein gewisser Wandel feststellen: Die frühen Bootshäuser (Bauinventarobjekte BES923E, F, N) folgen mit rundbogig ausgeschnittenen Einfahrtöffnungen, Krüppelwalmdächern, Giebelründen und anderen Detailgestaltungen noch stark dem Heimatstil der Jahrhundertwende. Ein besonders schönes Exemplar ist das von Architekt Emil Wassmer für Direktor Arthur Eichenberger-Vogt errichtete Bootshaus (Bauinventarobjekt BES923N), das durch seinen Formenreichtum wie auch die gepflegte Detailausführung aus den Nachbarhäusern hervorsticht.
Die etwas späteren Bootshäuser orientieren sich mit ihren formal reduzierten, kubischen Baukörpern und den meist flach geneigten Pultdächern meist eher an den Formen des Neuen Bauens (Bauinventarobjekte BES923B, C, D, G, L). Im Sinn der Moderne stringent gestaltet erscheint etwa Bauinventarobjekt BES923B. Ein Spezialfall ist die grosse, sechsplätzige Schiffseinstellhalle unmittelbar südlich der Schiffstation, die durch einen Umbau durch Architekt Hans Palmert im Jahr 1933 betont moderne Formen erhalten hat (Bauinventarobjekt BES923J). Einige spätere Bauten zeigen wiederum Anleihen beim Heimatstil der 1940er Jahre, so Bauinventarobjekt BES923K mit dem Hausnamen „Riposo“ und den Fensterläden oder Bauinventarobjekt BES923M mit dem Giebeldachaufbau.
Anmerkungen:[1] Gautschi 1985, S. 187-189, 196-200.
[2] Baugeschichte und Entwicklung der Bauvorschriften nach den Konzessionsakten bei der kantonalen Abteilung Landschaft und Gewässer sowie Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938.
[3] Buser 1944, S. 22.
[4] Ebd, S. 25f.
[5] Bn., Landesplanung am Hallwilersee, in: Schweizerische Zeitschrift für Vermessung, Kulturtechnik und Photogrammetrie, 57. Jg. (1959), S. 267-269.
Literatur:- G. Buser, Der Schutz des Hallwilersees. Bemühungen und Erfahrungen, in: Heimatschutz, 39. Jg. (1944), H. 1, S. 22-30.
Quellen:- Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, Abteilung Landschaft und Gewässer, Archiv: Konzessionsakten Beinwil am See.
- Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
INV-BES923A Bootshaus Vers.-Nr. 591, 1936 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923B Bootshaus Vers.-Nr. 599, 1936 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923C Bootshaus Vers.-Nr. 446, 1936 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923F Bootshaus Vers.-Nr. 57, 1926 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923D Bootshaus Vers.-Nr. 637, 1941 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923G Bootshaus Vers.-Nr. 185, 1941 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923H Bootshaus Vers.-Nr. 284, 1926 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923I Bootshaus Vers.-Nr. 491, 1924-1925 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923J Bootshaus Vers.-Nr. 462, 1923 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923K Bootshaus Vers.-Nr. 627, 1942 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923L Bootshaus Vers.-Nr. 641, 1942 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923M Bootshaus Vers.-Nr. 657, 1946 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923N Bootshaus Vers.-Nr. 502, 1926 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923O Bootshaus Vers.-Nr. 400, 1923-1924 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923P Bootshaus Vers.-Nr. 492, 1925 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923Q Bootshaus Vers.-Nr. 524, 1925 (Dossier (Bauinventar))

siehe auch:
INV-BES923E Bootshaus Vers.-Nr. 517, 1927-1929 (Dossier (Bauinventar))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29850
 

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