INV-FRE909 Dorfstrasse 15, 17 mit Brennhaus, 1871 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-FRE909
Signatur Archivplan:FRE909
Titel:Dorfstrasse 15, 17 mit Brennhaus
Bezirk:Baden
Gemeinde:Freienwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberdorf
Adresse:Dorfstrasse 15, 17
Versicherungs-Nr.:36 B, A; 22 (Brennhaus)
Parzellen-Nr.:86, 421; 136 (Brennhaus)
Koordinate E:2666819
Koordinate N:1261684

Chronologie

Entstehungszeitraum:1871
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Typologisch interessanter Vielzweckbau in zeittypisch schlichter, spätklassizistisch-biedermeierlicher Formensprache, der 1871 nach einem Brand im Oberdorf anstelle eines Vorgängerbaus entstand. Der gemauerte Baukörper vereint unter einem durchlaufenden Satteldach mit Kniestock zwei schmale, spiegelbildlich angelegte Wohneinheiten und einen ehemaligen Ökonomietrakt mit Tenn und aussenliegendem Stall. Er bewahrt trotz mehrfacher Umbauten einen wesentlichen Teil seiner historischen Grundsubstanz und die nahezu unveränderte Schaufassade mit den charakteristischen Maueröffnungen. Zusammen mit dem zugehörigen Brennhäuschen auf der gegenüberliegenden Strassenseite bildet er eine wertvolle ländliche Baugruppe und einen prägenden Bestandteil der zeilenförmigen Strassenbebauung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der bäuerliche Vielzweckbau mit doppeltem Wohnteil wurde 1871 in der Folge einer verheerenden Brandkatastrophe errichtet. Im Mai 1870 waren im Oberdorf innert weniger Stunden siebzehn eng zusammenstehende, zumeist strohgedeckte Häuser abgebrannt. Gegen 80 Menschen wurden auf einen Schlag obdachlos. "Unter der Bedingung, dass der Brandplatz in eine kleinere Zahl von angemessenen Hausplätzen eingeteilt und für die übrigen brandgeschädigten Hausbesitzer andere Hausplätze zum Wiederaufbau ihrer Häuser angwiesen werden" [1], hatte der Kanton einen finanziellen Beitrag an die Aufbauarbeiten in Aussicht gestellt. Während andere ihren Brandplatz verkauften, kündete Markus Suter neben sieben weiteren Betroffenen im Oktober den Bau eines neuen Hauses an [2]. Als Maurer führte er einen Teil der Maurerarbeiten vermutlich selbst aus. Die Stallscheune gehörte immer zum angrenzenden Wohnteil. Dieser ging im frühen 20. Jh. an den gleichnamigen Sohn, ebenfalls Maurer, über [3]. Die aussenliegende Wohnung dürfte von Angehörigen derselben Familie bewohnt worden sein, bis sie 1919 von Otto Suter an den Gemeindeschreiber August Burger verkauft wurde [4]. Zeitweise beherbergte sie eine Mehl- und Spezereienhandlung, und nach einem Umbau hatte die Raiffeisenkasse hier vorübergehend ihr Geschäftsdomizil [5]. In diesem Zusammenhang wurde die Rafenlage der Dachkonstruktion ersetzt und ein gekuppeltes Rechtecklicht ins Giebelfeld eingelassen. Der Hausteil, der noch die kleinräumige Aufkammerung aber keine historische Ausstattung mehr bewahrt, dient seit längerem wieder als Wohnung.
Der nordöstliche Wohnteil und die Scheune wurden 2002 durchgreifend umgebaut. Dabei wurde die äussere Erschliessung in den Bereich des Tenntors verlegt und die Raumstruktur nahezu vollständig aufgehoben [6]. Durch das Respektieren und Einbeziehen charakteristischer baulicher Elemente gelang es trotzdem, wichtige Merkmale des historischen Bauzeugen zu erhalten. Die rückseitige Lukarne stammt von einem früheren Dachausbau.
Das vermutlich gleichzeitig mit dem Hauptbau errichtete Brennhäuschen auf der gegenüberliegenden Strassenseite gehört zum äusseren Wohnteil.
Beschreibung:Der traufständige Vielzweckbau steht, um Vorplatztiefe zurückversetzt, in einer Biegung der leicht ansteigenden Dorfstrasse. Der in Mauerwerk aufgeführte Baukörper trägt über einem Kniestock ein gerades Satteldach (Pfettenrafendach auf liegendem Stuhl), das am Scheunentrakt einen von langen Bügen gestützten Vorscherm aufweist und rückseitig über eine Obergeschosslaube gezogen ist. Er gliedert sich in zwei Wohnteile und eine ehemalige Ökonomie, wobei erstere die südwestliche Hälfte des Gebäudes einnehmen und mit der Hauptfassade nach Nordwesten ausgerichtet sind. Die zweigeschossigen Wohnungen sind quer zum First voneinander geschieden und umfassen je drei Fensterachsen mit gefalzten Gewänden, welche strassenseitig in Stein, rückseitig in Holz ausgeführt sind. Die unmittelbar nebeneinanderliegenden, mit fein profilierten Hausteingewänden ausgestatteten Hauseingänge (Türblätter aus der 1. Hälfte des 20. Jh.) waren ursprünglich beide über die vom Tenn her emporgeführte Steintreppe zugänglich. Heute besteht der alte Eingang zum nordöstlichen Wohnteil nur noch formal, während der südwestliche Wohnteil über einen angefügten separaten Treppenlauf verfügt. Darunter befinden sich, seitlich verschoben, zwei separate Aussenzugänge zu den quer verlaufenden Gewölbekellern, von welchen der südwestliche noch das bauzeitliche hölzerne Türgericht und das zweiflüglige Türblatt mit waagrechter Aufdoppelung bewahrt. Der Zugang zur nordöstlichen Wohnung erfolgt seit dem Umbau von 2002 über das Tenn, dessen Tor durch eine Glaswand mit integrierter Haustür ersetzt wurde. Obwohl vollständig zu Wohnzwecken umgenutzt, bewahrt der Ökonomietrakt die ursprünglichen Maueröffnungen, so auch die für diesen Bautyp charakteristischen, in zwei Reihen angeordneten Lünetten an der Heubühnenwand über dem Stall. Zur Belichtung der Obergeschossräume sind in Ergänzung dazu stirnseitig und über der Tenneinfahrt schmalrechteckige Fensteröffnungen eingelassen. Wie die Scheunenstirnwand besass auch die westliche Giebelfassade ehemals eine Lünette unter dem First. Währenddessen sind das gekuppelte Rechteckfenster im Giebelfeld und das Einzelfenster im Erdgeschoss in ihrer heutigen Form jüngere Zutaten.
Die ursprünglichen Raumverhältnisse kommen in der aussenliegenden Wohnung noch zum Ausdruck, wo sich die kleinteilige Binnenstruktur mit drei Räumen je Geschoss erhalten hat. Durch die vordere Haustür gelangt man über einen Stichgang neben der Stube in die Küche, welche zusammen mit einer Nebenkammer die hintere Haushälfte einnimmt. In der Küche befindet sich auch der Treppenaufgang ins Obergeschoss.
Die nordöstliche Wohnung bewahrt seit einem tiefgreifenden Umbau von 2002 ausser den Geschossbalkenlagen nur noch Teile der Feuerwand und der Fachwerkwand zum Tenn. Der Gang wurde dem Esszimmer zugeschlagen, die Nebenkammer der Küche. Im Ökonomieteil erfolgte die Anordnung, Belichtung und Gestaltung der Innenräume unter Berücksichtigung einzelner baulicher Merkmale. So konnten einige Futterluken im ehemaligen Tenn zu Nischen umgewandelt und als raumgestaltendes Element beibehalten werden. Hinter der beschatteten, nur mit Lünetten versehenen Heubühnenwand wurde ein Schlafzimmer eingerichtet.
Zum südwestlichen Wohnteil gehört das vermutlich gleichzeitig erstellte, ehemals wohl als Waschhaus dienende Brennhäuschen ("Schnapsi") Vers.-Nr. 22 [7]. Es steht auf der gegenüberliegenden Strassenseite, unmittelbar neben dem hier über kurze Strecke noch offen fliessenden Dorfbach und bildet wie die Gärten, Vorplätze und Miststöcke ein wesentliches, den Strassenraum strukturierendes Element. Der schmucklose, eingeschossige Mauerbau mit Pfettenrafendach (erneuert) weist mit Kamin und Seilzug noch Spuren der früheren Einrichtung auf.r
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Regierungsratsprotokoll vom 27.05.1870, zitiert nach Rey/Suter 1997, S. 66.
[2] Rey/Suter 1997, S. 66.
[3] Gemäss Kurzinventar 1997.
[4] Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 36A, B).
[5] Gemäss Kurzinventar 1997.
[6] Gemäss Baugesuchsakten von 2002.
[7] Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Freienwil II-7/14.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 31.
- Urs Rey/Tobias Suter, Freienwil – Geschichte einer ländlichen Gemeinde, Freienwil 1997, S. 66, 83 (Abb.).
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Freienwil II-7/6 (Vielzweckbau) und II-7/14 (Brennhäuschen).
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0045: Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 36A, B).
- Baugesuchsarchiv Gemeinde Freienwil: Baugesuchsakten von 2002.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=34626
 

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