Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1803 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Inschrift Tenntor) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Dokumentation |
Inschriften: | "18 PETER BOLIGER 03" (Tenntor); "18 PETER BOLIGER 08" (Innentür) |
Würdigung: | 1803 als Bohlenständerbau errichtetes ehemaliges Strohdachhaus, das den originalen Wandaufbau, die gesamte rauchgeschwärzte Dachkonstruktion (Hochstuddach), die innere Raumordnung und wesentliche Teile der bauzeitlichen Wohnungsausstattung bewahrt hat. Als authentischer Vertreter des in Hirschthal einst weit verbreiteten, mittlerweile aber selten gewordenen Hochstudhauses kommt dem Gebäude ein äusserst wichtiger bau- und kulturgeschichtlicher Zeugenwert zu. Mit seiner markanten, charakteristisch abgewalmten Erscheinung setzt es einen auffälligen ortsbaulichen Akzent an der historischen Strassenkreuzung mitten im alten Dorfkern. Mit dem südlich benachbarten stattlichen Bauernhaus Holzikerstrasse 1 (Bauinventarobjekt HIR902) und dem villenartigen Wohnhaus Hauptstrasse 20 (Bauinventarobjekt HIR901) bildet es eine kleine Baugruppe, welche noch an die ländlich-dörfliche Vergangenheit der heutigen Agglomerationsgemeinde erinnert. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Gemäss einer Inschrift am Jochbalken des südlichen Tenntors wurde das Haus 1803 für Peter Bolliger erstellt. Aus einer Türsturzinschrift im Hausinnern ist zu schliessen, dass bereits um 1808, also nur kurze Zeit später, eine rückwärtige Hauserweiterung stattfand. Ebenfalls schon in frühen Jahren wurde der Ökonomietrakt auf der Nordostseite um einen Remisenteil erweitert und die Dachkonstruktion mit einem zusätzlichen Firstständer verlängert. Im ersten Brandkatastereintrag von 1807 ist das Gebäude als "hölzernes Haus mit Keller und Bescheuerung, unter Strohdach" verzeichnet [1]. 1844 ging die Liegenschaft von Peter Bolliger an Heinrich Bolliger und 1846 an Rudolf Maurer über. Nach weiteren Besitzerwechseln gelangte sie 1919 an Posthalter Paul Dietiker, dem Eigentümer des südlich angrenzenden stattlichen Hauses Holzikerstrasse 1 (Bauinventarobjekt HIR902). Kurz zuvor, 1913, hatte gemäss Brandkatastereintrag die Umdeckung von Stroh- auf Ziegelbelag stattgefunden. Im Laufe des 20. Jh. wurde der Ökonomietrakt durch einen rückwärtigen Quergiebelanbau erweitert. |
Beschreibung: | Das ehemalige Strohdachhaus ist in Südwest-Nordost-Ausrichtung giebelständig an den alten Fahrweg (Lindengasse) gestellt. Der kompakte, gedrungen wirkende Baukörper ruht unter einem steilen, weit heruntergezogenen Vollwalmdach, dessen geschlossene Dachflächen eine grosse Fernwirkung entfalten. Das tragende Dachgerüst besteht aus einer rauchgeschwärzten Hochstudkonstruktion mit drei Firstständern (Hochstüden), Firstpfette, Unterfirst, Sperrrafen, Windstreben und fächerförmig verlegten Rafen. Die Stellung der Firstständer gibt dabei das Grundmuster der inneren Raumorganisation vor: Zwei Hochstüde erheben sich beidseits des zentral gelegenen Tenns, während ein dritter über dem Wohnteil abgefangen ist. Aus dieser Grundkonstellation ergibt sich die Nutzungsabfolge von Wohnteil, Tenn und Stall (Mittertennhaus). Schon in frühen Jahren erfolgte eine stirnseitige Verlängerung um einen Remisentrakt, wobei diese auf zimmermannstechnisch gekonnte Weise durch Anfügen eines zusätzlichen Firstständers vorgenommen wurde. Wesentlich jünger und für die Gesamterscheinung des Hauses eher störend ist der rückwärtige Querfirstanbau aus Backsteinen und Holz. Das in Holzbauweise erstellte Gebäude weist über dem eichenen Schwellenkranz ein mit liegenden Bohlen ausgefachtes Ständerwerk auf, das im Obergeschoss mit verblatteten Kopfhölzern und karniesartig beschnitzten Bügen ausgesteift ist. Geradezu exemplarisch zeigt sich der Wandaufbau an der südöstlichen, zur Hauptstrasse gerichteten Trauffassade, welche mit axial angelegten Einzel- und Zwillingsfenstern und einem zentralen Eingang besetzt ist. Letzterer zeigt mit dem eingeschnittenen Schwellenholz, dem profilierten Stichbogensturz und dem zweiteiligen Türblatt mit breitem aufgedoppeltem Rahmenwerk eine für das Baudatum im frühen 19. Jh. eher retardierende Ausdrucksform. Die eigentliche Stubenfront mit unregelmässiger, funktionsbetonter Fensteranordnung befindet sich auf der südwestlichen, ehemals strassenabgewandten Stirnseite des Hauses. Aus Isolationsgründen wurden hier die Aussenwände des unteren Wohngeschosses mit einer zusätzlichen Bretterschalung versehen. Die Fensterfronten weisen durchlaufende Gesimse mit wulstförmiger Profilierung auf. Auf der nordwestlichen, rückwärtigen Traufseite findet sich eine ebenfalls in Ständerbauweise angefügte Erweiterung mit Eckkammer und eingewandeter Laube. Den Anbau zieren beschnitzte Pfosten, kielbogenförmig ausgeschnittene Brettbüge und ein profiliertes Brüstungsholz. Eine Inschrift: "18 PETER BOLIGER 08" am stichbogigen Türsturz der erwähnten Kammer liefert ein glaubhaftes Indiz dafür, dass die rückwärtige Erweiterung nur wenige Jahre nach dem Bau des Hauses (1803) vorgenommen wurde. Die Erschliessung des Wohnteils erfolgt vom südöstlichen Hauseingang über eine kleine Vorzone, von der man geradeaus in die Küche gelangt. Die Stube und eine Nebenstube befinden sich auf der Südwestseite des Hauses. Von der Nebenstube führt ein firstparalleler Korridor in den rückwärtigen Bereich mit Laube und angebauter Kammer. Ins Obergeschoss mit den Schlafkammern gelangte man früher vom Tenn aus über eine einfache Holzstiege; heute besteht ein Aufgang neben der Küche. Unter der nördlichen Gebäudehälfte erstreckt sich ein länglicher Keller mit Balkendecke, der heute von der Küche über eine neue Falltür zugänglich ist (ursprüngliche Erschliessung unklar). Ein zweiter, nur geringfügig eingetiefter Kellerraum mit stirnseitigem Aussenzugang befindet sich unter dem Laubenanbau. Von der schlicht gehaltenen bauzeitlichen Ausstattung sind Bretterböden und Sichtbalkendecken, Brettertäfer an den Wänden, ein schräg in die Ecke gestellter Wandkasten in der Stube sowie diverse Türblätter mit geschweiften Beschlägen erhalten. Zum Originalbestand gehört auch der grüne Kachelofen, während die seitlich anschliessende Sitzkunst 1886 neu aufgesetzt wurde. Von der ehemals offenen, zweigeschossigen Rauchküche hat sich der Rauchfang (Chemihurd) aus lehmverstrichenem Rutenwerk erhalten. Der nordöstlich anschliessende Scheunentrakt weist mit den alten Bohlenwänden und den holzgenagelten Tenntoren ebenfalls noch einen grossen Anteil an Originalsubstanz auf. Am Jochbalken des strassenseitigen Portals findet sich die eingekerbte Bauinschrift "18 PETER BOLIGER 03". Auf dem Scheunenvorplatz hat man vor einiger Zeit die gemauerte Brüstung eines alten Sodbrunnens wiederhergestellt (gemäss Kurzinventar 1992). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, Zw 1936.0001/0212-0215: Brandkataster Gemeinde Hirschthal 1807-1898; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0020: Brandkataster Gemeinde Hirschthal 1899-1938. |
Literatur: | - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 44. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, Zw 1936.0001/0212-0215: Brandkataster Gemeinde Hirschthal 1807-1898; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0020: Brandkataster Gemeinde Hirschthal 1899-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37080 |
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