INV-LEN929 "Türmlihaus", 1914 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
1/2

Identifikation

Signatur:INV-LEN929
Signatur Archivplan:LEN929
Titel:"Türmlihaus"
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Sägestrasse
Hist. Name Objekt:"Turmhaus", "Haus zum Morgenstern", "Wolkenkratzer"
Adresse:Sägestrasse 20
Versicherungs-Nr.:906
Parzellen-Nr.:1925
Koordinate E:2655888
Koordinate N:1249359

Chronologie

Entstehungszeitraum:1914
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Theodor Bertschinger iun. (1875-1972), Baumeister, Lenzburg; Werner Büchli (1871-1942), Maler, Lenzburg (Fassadenmalerei)
Würdigung:1914 durch Baumeister Theodor Bertschinger iun. als Wohnhaus für Mitarbeiter seines Baugeschäfts errichtetes Gebäude, das nach seiner ungewöhnlichen Erscheinung allgemein als „Türmlihaus“ bezeichnet wird. Das hochragende viergeschossige Bauwerk, das von einem auskragenden Sichtfachwerk-Oberbau mit steilem Krüppelwalmdach abgeschlossen wird, ist in einem malerisch verspielten Heimatstil gehalten und schliesst sich mit seiner originellen Gestaltung an andere Werke des bekannten Lenzburger Baumeisters an. Die Idee, das Wohnhaus als Turm zu gestalten, verdankte sich sicherlich dem ungewöhnlichen Zuschnitt der Restparzelle, die neben dem Werkhofareal der Bauunternehmung von Aabach, Strasse und damaliger Bahnlinie begrenzt wurde. Das sorgfältig restaurierte Gebäude ist über dem Hauseingang mit dem Sgraffito-Bild eines Kriegers samt Morgenstern von Kunstmaler Werner-Büchli versehen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das allgemein als „Türmlihaus“ bekannte Gebäude wurde 1914 durch Baumeister Theodor Bertschinger iun. (1875-1972) errichtet, dessen Werkhof in unmittelbarer Nähe auf dem anderen Aabachufer lag und unter dessen zahlreichen Lenzburger Bauten noch weitere ähnlich originell gestaltet sind [1]. Der Lenzburger Kunstmaler Werner Büchli (1871-1942), der vor allem durch die Sgraffito-Wandbilder für das ebenfalls von Theodor Bertschinger iun. entworfene Angelrain-Schulhaus bekannt ist, schuf in gleicher Technik ein kleines Fassadenbild über dem Hauseingang; nach der dort abgebildeten Waffe war das Gebäude früher auch als Haus „zum Morgenstern“ bekannt [2]. Das ursprünglich offenbar in üblichen Dimensionen zweigeschossig geplante Gebäude erhielt vielleicht erst im Lauf der Ausführung seine turmartige Gestalt. 1914 fand es unter dem augenzwinkernden Titel „Der erste Wolkenkratzer“ Eingang in die vom Architekten und Künstler Carl Zweifel gestaltete Postkartenserie, die Holzschnitte mit Lenzburger Bauten umfasste und im „Dörfli“ der Berner Landesausstellung verkauft wurde [3]. Es diente als Wohnhaus für Mitarbeiter des Bauunternehmens.
Von 1924 bis 1977 gehörte die Liegenschaft den benachbarten Wisa-Gloria-Werken, bevor sie wieder in Privateigentum veräussert wurde. 1983 entstand eine Gartenmauer samt Torbogen zur Sägestrasse. 1995 erfolgte eine Aussenrenovation, wobei die Fassadendekorationen und die Fensterläden entsprechend dem früheren Zustand neu gefasst wurden [4].
Beschreibung:Beim Bauplatz für das Gebäude handelte es sich um eine kleine Restparzelle zwischen Aabach, Sägestrasse und dem Trassee des 1894 erstellten Teilstücks der Seetalbahn von Lenzburg nach Wildegg (1984 stillgelegt). Diesen engen Platzverhältnissen verdankt das Gebäude seine originelle Gestaltung als Wohnturm. In seinen Formen ist es wie andere Bauten von Theodor Bertschinger iun. einem malerisch verspielten Heimatstil verpflichtet. Das hochragende viergeschossige Bauwerk besitzt einen gemauerten und verputzten Schaft, auf dem ein dreiseitig auskragender Sichtfachwerk-Oberbau mit steilem, ungebrochenem Krüppelwalmdach sitzt.
Die drei Geschosse des Turmschafts sind dreiseitig mit Einzelfenstern besetzt; ein charakteristisches Gestaltungselement ist ein gekuppeltes Trichterfenster mit stark gebauchter Säule an der Nordseite. Der Hauseingang liegt an der Ostseite und wird von einem verglasten Windfang mit Walmdächlein beschirmt. Darüber prangt in einer Stichbogennische ein Sgraffito-Bild des Lenzburger Kunstmalers Werner Büchli, das einen Krieger in Halbfigur mit Morgenstern zeigt; Trägermaterial ist das damals moderne Eternit [5]. Der Fachwerkoberbau wird in seinem unteren Geschoss an einer Giebelseite und im anstossenden Bereich der Traufseiten von einer Laube umfangen. Die Ausfachungen sind zwischen den rotbraun gefassten Balken mit einer Felderung samt Lilienmotiven dekoriert; die Brettläden sind geflammt (Malerei 1995 gemäss Vorzustand erneuert). Die Auskragung wie auch die weiten Pfettenvorstösse ruhen auf zierbeschnitzten Bügen mit unterschiedlichen Sternmotiven. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Das Innere ist auf allen vier Vollgeschossen wie auch dem Dachgeschoss seit jeher zum Wohnen eingerichtet. Neben dem in der Nordostecke gelegenen, engen Treppenhaus zeigen die ersten drei Geschosse jeweils zwei, der Fachwerkoberbau drei Räume (Beschreibung gemäss Aufnahmeplänen 1995; Inneres nicht gesehen).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Stadt Lenzburg. Inventar der kommunal schutzwürdigen Gebäude, 1997 (BNO 1997, Anhang 1, Inventarliste), Nr. 10.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Baugeschichte gemäss Restaurierungsbericht 1995 (Archiv Kantonale Denkmalpflege); Baujahr gemäss Brandkataster (Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938). – Theodor Bertschinger iun. (1875-1972) hatte am Technikum in Winterthur, in München sowie in Paris studiert, möglicherweise ohne formellen Abschluss. Nach seiner Studienzeit trat er in das Geschäft seines Vaters ein und übernahm dieses nach dessen Tod 1911 zunächst zusammen mit zwei Brüdern und ab 1917 alleine. Vgl. Lenzburger Neujahrsblätter, 1973, S. 34-36 (Nekrolog); Michael Hanak, Quartieranalyse Wolfsacker in Lenzburg, im Auftrag des Stadtbauamtes Lenzburg, 2015 (Stadtbauamt Lenzburg), S. 35; von seinen Bauten aus denselben Jahren sind etwa das Schützenhaus (LEN932), die Villa Im Boll 11 (LEN950) oder das Gartenstadtquartier Lindenplatz (LEN951) zu erwähnen.
[2] Von Werner Büchli stammen etwa Arbeiten am Schulhaus Rupperswil (1905/06, Bauinventarobjekt RUP905), an der Villa Seengerstrasse 12 in Boniswil (Kantonales Denkmalschutzobjekt BON002), in Lenzburg selbst u.a. am Schulhaus Angelrain (Bauinventarobjekt LEN916) und am Haus Torgasse 2 (Vers.-Nr. 833). Vgl. Edward Attenhofer, Werner Büchli (1871-1942), in: Lenzburger Neujahrsblätter 1944, S. 87-89; Art. ‚Büchli, Werner‘, auf: https://www.kunstbreite.ch/Kuenstlerwerdegaenge_aargau_buechli_werner.htm (Zugriff 25.8.2017).
[3] Gruss aus Lenzburg 1996, S. 129, 143.
[4] Restaurierung durch Architekt Hans Amrein; vgl. Restaurierungsbericht 1995 (Archiv Kantonale Denkmalpflege).
[5] Zur Kratzputztechnik (Sgraffito), die Büchli am Angelrainschulhaus verwendete, vgl. Theodor Bertschinger, Die Sgraffito-Bilder am Schulhaus in Lenzburg, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 45 (1905), S. 129f. (ausführliche Schilderung des schichtweisen Verputzauftrags und des noch im feuchten Verputz vorgenommene Auskratzvorgangs).
Literatur:- Gruss aus Lenzburg. Vergangene Zeiten in Ansichtskarten, hrsg. von der Ortsbürgerkommission der Stadt Lenzburg und der Stiftung pro Museum Burghalde, Aarau 1996, S. 129, 143.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Denkmalschutzakten: Restaurierungsbericht Fassadenrenovation 1995.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-LEN839.006 Sägestrasse 20, Turmhaus (=LEN929), 1910 (ca.) (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39480
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds