INV-OFE907 Bergstrasse 35, 1822-1823 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OFE907
Signatur Archivplan:OFE907
Titel:Bergstrasse 35
Bezirk:Aarau
Gemeinde:Oberentfelden
Ortsteil / Weiler / Flurname:Zopf
Hist. Name Objekt:"Gögguheri-Hus"
Adresse:Bergstrasse 35
Versicherungs-Nr.:56
Parzellen-Nr.:316
Koordinate E:2646339
Koordinate N:1244943

Chronologie

Entstehungszeitraum:1822 - 1823
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau
Epoche / Baustil (Stufe 3):Spätklassizismus

Dokumentation

Inschriften:"18 BH HST 22" (Eingang Obergeschosswohnung)
Würdigung:1822/23 für Bernhard Haberstich errichteter bäuerlicher Vielzweckbau, der als traufbetonter Biedermeierbau mit bernisch geprägtem Ründedach in Erscheinung tritt. Der sorgfältig gepflegte, verputzte Mauerbau zeigt am ostseitig angelegten Wohnteil schöne Fenstergewände aus Sandstein mit wulstigen Simsen. Der noch weitgehend im bauzeitlichen Zustand erhaltene Ökonomieteil besitzt eine weit vorgezogene Stirnmauer, an der das Dach einer ehemals anschliessenden Hufschmiede ablesbar ist. In beiden Wohnungen haben sich Teile der ursprünglichen biedermeierlichen Ausstattung erhalten, darunter ein schöner Kastenofen mit Zierkacheln des bekannten Ofenmalers Johann Heinrich Egli.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Gebäude, das im Volksmund auch als «Gögguheri-Hus» bekannt ist, wurde gemäss Jahrzahl am Turstürz des Hauseingangs 1822 errichtet und 1823 nach Vollendung in den Brandkataster eingetragen. Der Eintrag lautete auf «Ein neues gemauertes Haus mit Ziegeln gedekt, samt Scheuer mit zwey gewölbt Kellern», im Eigentum von Bernhard Haberstich [1]. Nach der Überlieferung soll man für den Hausbau 250 von Kühen gezogene Fuder Sandstein vom nahegelegenen Sandsteinbruch «Berg» herbeigekarrt haben [2]. Nach einer im Brandkataster für 1846 vermerkten Hausteilung gehörte die untere Wohnung Daniel Haberstich, Pfister (Bäcker), die obere hingegen Rudolf Haberstich, Schmid. Auch war nebst dem Haus nun von einer «daran gebauten einstökigen Hufschmiede» die Rede. Ob diese bereits ursprünglich bestand, ist nicht bekannt. Sie lag an der westlichen Stirnseite und könnte allenfalls in einem Zusammenhang mit der früher vor dem Haus entlangführenden und heute noch als Strassenname erhaltenen alten Luzernerstrasse stehen, die freilich gerade in den Entstehungsjahren des Hauses 1818-26 durch eine neue Kunststrasse auf anderem Verlauf ersetzt wurde [3]. 1875 werden als Eigentümer des immer noch zweigeteilten Hauses Daniel Haberstich, Bek’s Wittwe, sowie Samuel Müller von Muhen genannt. 1899 ging die gesamte Liegenschaft an Gottlieb Müller, Samuels, über.
Um 1970 wurde ein Badezimmer eingebaut. 1979 erfolgte eine schonende Renovation, 1982 ein Dachausbau über dem Wohnteil [4]. Eine Aussenrenovation wurde 2018 vorgenommen.
Beschreibung:Der bäuerliche Vielzweckbau ist im «Zopf» mit der Firstrichtung quer an die Alte Luzernstrasse gestellt und mit seiner Stubenfront nach Süden ausgerichtet. Es handelt sich um einen traufbetonten, vollständig gemauerten und verputzten Biedermeierbau unter durchgehendem, geknicktem Halbwalmdach, das am Wohnteil einen bernisch geprägten Ründegiebel zeigt und vor dem Ökonomieteil zu einem weiten Vorschermen herabgezogen ist. Der ostseitig angelegte Wohnteil ist streng regelmässig an der Stubenfront mit vier, an der östlichen Stirnseite mit zwei Fensterachsen gegliedert. Die Einzelfenster werden von rechteckigen Sandsteingewänden gerahmt, die mit einem Ladenfalz und wulstig profilierten Bänken ausgestattet sind. Im Erdgeschoss tragen sie hölzerne Jalousieläden. Der Vordereingang ist in üblicher Disposition tennseitig angeordnet und wird von einem dreiseitigen Treppenpodest erschlossen. Er zeigt ein profiliertes Rechteckgewände mit betontem Schlussstein. Das bauzeitliche Türblatt mit zierbeschnitztem Kämpfer und alten Beschlägen ist verschwunden, desgleichen die alten Fenster samt Vorfenstern. Über die rückwärtige Trauffassade zieht sich eine Obergeschosslaube mit Aussentreppe zur unabhängigen Erschliessung des Obergeschosses. Am Sturz des Eingangs zur oberen Wohnung sind in erhabenem Relief die Initialen «BH HST» für Bernhard Haberstich, flankiert von der Jahrzahl 1822, eingemeisselt. Der auf zierbeschnitzte Büge abgestützte Ründegiebel zeigt eine jüngere Verschalung.
Die in der Nutzungsabfolge Tenn-Stall-Futtertenn gegliederte Ökonomie (Mittertennhaus) wird von einer weit vorgezogenen westlichen Stirnmauer abgeschlossen. Diese ist im Giebel mit schräggestellten Ochsenaugen, im Bereich des Futtertenns mit schartenförmigen Lüftungsöffnungen versehen. Vom Pultdach der früheren Schmitte sind noch die aus Muschelkalk gefertigten Konsolen zu sehen. In der ursprünglichen Anlage erhalten ist auch die Südfassade der Ökonomie mit gemauerter Stallfront, vertikaler Verbretterung im Bereich der Heubühne sowie dem bauzeitlichen Tenntor samt Mannstür. Die Stalltür teilt den seitlichen Gewändestein mit dem Tenntor.
Das Hausinnere zeigt auf beiden Geschossen neben einem tennseitigen Quergang die verbreitete Viererteilung mit Stube und Nebenstube auf der Südseite sowie Küche und Schlafkammer auf der Nordseite. Im Erdgeschoss wurde der Gang in jüngerer Zeit teilweise zur Stube geschlagen. Beide Wohngeschosse bewahren grösstenteils die ursprünglichen Intérieurs (ungestrichene Sichtbalkendecken mit profilierten Deckleisten, Türblätter mit überschobenen Füllungen, eingebaute Wandkästen). Ein besonderes Schmuckstück ist der im Erdgeschoss erhaltene grüne Kastenofen. Er dürfte aus der Werkstatt der Aarauer Hafnermeister Andres stammten und ist mit weissgrundigen, manganfarben bemalten Zierkacheln versehen; die Vasen-Girlanden-Motive verweisen auf den Aarauer Ofenmaler Johann Heinrich Egli (1776-1852).
Der hohe Gebäudesockel des Wohnteils umschliesst zwei quer zur Firstrichtung angelegte Gewölbekeller. Der tennseitige gehört zum Erdgeschoss und ist über eine Klapptür von der unteren Küche her zugänglich. Der zweite besitzt einen Aussenzugang von der nördlichen Traufseite her und kann an der Ostseite durch ein grosszügiges gekuppeltes Rechteckfenster belichtet werden (ehem. Webkeller?). Das Dachgerüst ist eine Sparrenkonstruktion mit Aufschieblingen auf liegendem Stuhl (Hausinneres gemäss Kurzinventar 1996).
Anmerkungen:[1] StAAG, Brandkataster Oberentfelden.
[2] Freundl. Mitteilung des Eigentümers (1996).
[3] Vgl. Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS), AG 35.2 (1994), AG 35.2 (1995).
[4] Pläne im Baugesuchsarchiv.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): Bezirksamt Aarau, ZwA 1936.0001/0224-0227, Brandkataster Gemeinde Oberentfelden, 1809-1849, 1875-1899; CA.0001/0024, Brandkataster Gemeinde Oberentfelden, 1899-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1823: 191, 1825: 33, 1828: 35, 1850: 41, 1875: 49A/B).
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=44436
 

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