Dokumentation |
Inschriften: | "G H 1830" |
Würdigung: | Das Alte Schulhaus von 1828-30 ist ein zweigeschossiger, axialsymmetrisch gegliederter Mauerbau mit Gehrschilddach, der stilistisch am Übergang zwischen Barock und Klassizismus steht. Mit seinen Proportionen und den sorgfältig aus Sandstein behauenen Portal- und Fenstergewänden stellt er einen für die damalige Zeit ausserordentlich stattlichen Vertreter dieser Baugattung dar und galt lange als "schönstes Schulhaus im Bezirk Rheinfelden" (Franz Xaver Bronner, 1844). Überdies kommt dem Bau aufgrund seines Standortes in der Nähe des erhöht gelegenen Kirchenbezirks eine erhebliche ortsbauliche Bedeutung zu. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Im 18. und frühen 19. Jahrhundert fand der Schulunterricht in Wegenstetten unter anderem im so genannten "Stabhalterhaus" an der Schulgasse 27, im "Sigerstenhaus" bei der Kirche und im umgebauten Pfarrspeicher statt [1]. 1828-30 liess die Gemeinde für die beiden Schulabteilungen auf der vormals zum Pfrundgut gehörenden Wiese, unterhalb des heute denkmalgeschützten Pfarrhauses (Denkmalschutzobjekt WEG002), ein Schulhaus errichten. Zur Finanzierung musste sie eine Anleihe aufnehmen. Die Bauarbeiten wurden vergeben an die Gebrüder Johann und Fridolin Wendelspiess, Maurermeister in Wegenstetten, Michael Brogli, Ludwig und Bernhard Gass, Zimmermeister in Wegenstetten, die Gebrüder Mangold, Steinhauermeister in Hemmiken, Franz Josef Hohler, Schreinermeister in Schupfart, Ignaz Ruflin, Gipsermeister in Münchwilen, Josef Hurt, Glasermeister in Mumpf und den Gemeindeamman Schmid, Hafnermeister in Gipf. Das benötigte Steinmaterial wurde im Hanggebiet zwischen der Talmatt und der Wiholde gebrochen. Die Einweihung des Schulhauses, das bald als schönstes im Bezirk Rheinfelden galt, fand am 23. November 1830 statt [2]. Das "Schulhaus von Stein […] unter Ziegeldach", an das westseitig eine Remise für die Feuerspritzen und das Brennholz angebaut war, verfügte über drei Schulzimmer, eines im Erd- und zwei im Obergeschoss [3]. Aus dem Brandkataster von 1876 geht hervor, dass die Räumlichkeiten auch vom Gemeinderat genutzt wurden. 1880 wurde die Anlage durch einen Turnplatz erweitert. 1925 folgte der Umbau des Treppenhauses und der rückwärtigen Toiletten. Von der Wandmalerei, die im selben Jahr anlässlich des Jugendfestes auf der östlichen Stirnfront angebracht worden war, hat sich nichts erhalten (vgl. historische Aufnahme, Bilddokumentation). Anstelle des talseitig anschliessenden Feuerwehrmagazins wurde 1950 eine Koch- und Nähschule errichtet. Zwei Jahre später erfolgte der Einbau einer Zentralheizung. Das Gebäude blieb bis zum Bau des Mehrzweckgebäudes für Sekundarschule, Kindergarten und Gemeindeverwaltung 1969-70 das einzige Schulhaus in der Gemeinde [4]. Beim letzten Umbau (Baubewilligung 2005) wurden die Räume teilweise neu organisiert und ausgestattet, während die Grundstruktur und innere Erschliessung über einen Mittelgang im Wesentlichen erhalten blieb [5]. |
Beschreibung: | Das traufständig zur ansteigenden Schulgasse gerichtete Alte Schulhaus nimmt unterhalb des römisch-katholischen Pfarrhauses (Denkmalschutzobjekt WEG002) einen von der Hauptstrasse geschützten, aber dennoch zentralen Platz in der Ortschaft ein. Der zweigeschossige Mauerbau, der sich unter einem geknickten Satteldach mit Gehrschilden erhebt, entfaltet dank der topografischen Situation und seiner Länge eine stattliche Wirkung. Die nach Norden auf die ansteigende Schulgasse blickende Vorderfront ist streng axialsymmetrisch komponiert und zählt sieben Achsen rechteckiger Fensteröffnungen mit gefalzten Hausteingewänden. Am Obergeschoss sind diese noch mit den bauzeitlichen, fein profilierten Gesimsen ausgestattet (vgl. historische Aufnahme, Bilddokumentation, sowie die Bauinventarobjekte WEG903, WEG906, WEG912, WEG918, WEG919, WEG924). Das in der Mitte angelegte und von einem reich profilierten Kranzgesims bekrönte Hauptportal ist eine sorgfältig ausgeführte Steinhauerarbeit mit den plastisch hervorgehobenen Buchstaben "G H" und der Jahreszahl "1830" am Schlussstein [6]. Es stammt aus der Werkstatt der Gebrüder Mangold im nahen Baselbieter Dorf Hemmiken, wo sich in der 1. Hälfte des 19. Jh. eine ganze Gruppe von Steinmetzen mit eigenständigen, originell verzierten Hausteinarbeiten aus lokalem Schilfsandstein ("Änisbrötlireliefs") hervortrat [7]. Die Rückseite des Baus zeigt ein weniger einheitliches Fassadenbild mit teilweise nachträglich vergrösserten Fenstern, während der Quergiebelanbau mit den Nasszellen durch unterschiedliche kleine Öffnungen nur spärlich belichtet ist. Stirnseitig waren früher annähernd quadratische Lüftungsöffnungen eingelassen (heute teilweise vermauert). Die Mitte des östlichen Giebelfeldes besetzt seit jüngerer Zeit eine grosse, innenseitig mit hölzernen Flügeln verschlossene Aufzugsöffnung. Vier zahlenförmig geschmiedete Maueranker verweisen darunter auf das Jahr des Baubeginns. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A. |
Anmerkungen: | [1] Schreiber-Brändlin 1996, S. 193-194. [2] Schreiber-Brändlin 1996, S. 195-198, 254-255. [3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0586-0588: Brandkataster Gemeinde Wegenstetten 1850-1938. [4] Schreiber-Brändlin 1996, S. 200-206. [5] Gemäss Bauplänen Bauarchiv Wegenstetten. [6] Möglicherweise nehmen die Initialen Bezug auf eine Schenkung der Gemeinde Hemmiken, vgl. Hunziker/Hoegger 2011, S. 437. [7] Zu den Hemmiker Steinmetzen vgl. Hans-Rudolf Heyer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, Bd. 3, Basel 1986, S. 85. |
Literatur: | - Hans Schreiber-Brändlin, Dorfgeschichte Wegenstetten, Wegenstetten 1996, S. 195-209. - Edith Hunziker/Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 9, Bern 2011, S. 437. |
Quellen: | - J. Ackermann, Aufnahmen von älteren Häusern und Hausgruppen, 1934, Blatt Nr. 9 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv). - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0586-0588: Brandkataster Gemeinde Wegenstetten 1850-1938. |
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