Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1888 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Schlussstein über dem Eingang) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Öffentliche Bauten und Anlagen |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Schulhaus |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Hermann (1843–1905) und Johann Heinrich (1841–1912) Reutlinger, Architekten, Zürich |
Inschriften: | "1888" (Schlussstein über dem Eingang) |
Würdigung: | Das 1888 nach Plänen der Zürcher Architekten Reutlinger als Schul- und Gemeindehaus errichtete Dorfschulhaus ist ein für damalige Verhältnisse grosszügig konzipierter Baukörper in spätklassizistischer Formensprache. Der aufgrund des rasanten Bevölkerungswachstums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nötig gewordene Neubau erhielt dank seiner architektonischen Qualität an der Pariser Weltausstellung 1889 internationale Anerkennung. Ende der 1980er-Jahre sorgfältig restauriert und um einen architektonisch zurückhaltenden Erweiterungsbau ergänzt, setzt das Schulhaus zusammen mit der Turnhalle (Bauinventarobjekt WIN902) einen wichtigen Akzent am Rand des alten Windischer Dorfkerns. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Aufgrund der steigenden Arbeiterzahl der Spinnerei Kunz und der Eisenbahnangestellten verdoppelte sich die Einwohnerzahl Windischs zwischen 1860 und 1880 nahezu. Angesichts der überfüllten Klassenzimmer fassten die Gemeindebehörden schon 1876 eine Schulraumerweiterung ins Auge; der 1878 beschlossene Neubau musste jedoch aus finanziellen Gründen aufgeschoben werden. Das erste Projekt von 1886 sah noch einen Neubau an Stelle des alten Schulhauses (Bauinventarobjekt WIN903) vor. In der Folge konnte die Gemeinde von den Erben des Hauptmanns Johann Rauber weiter westlich ein Grundstück erwerben. Aus einem Projektwettbewerb gingen die beiden Zürcher Architekten-Brüder Hermann (1843–1905) und Johann Heinrich Reutlinger (1841–1912) siegreich hervor [1]. Im Herbst 1888 konnte der 126 000 Franken teure Neubau mit einem grossen Fest eingeweiht werden. Der rückwärtige Pausenplatz wurde mit Platanen bepflanzt. Das Schulhaus galt "als eines der schönsten in der Schweiz" [2] und wurde an der Weltausstellung in Paris 1889 mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet. Ursprünglich beherbergte das Parterre Räume für die Gemeindeverwaltung (Kanzlei, Archiv, Gemeinderatszimmer) sowie die Gemeindebibliothek und den Gemeindesaal im Ostflügel. Die Fenster der Schaufassade wiesen Jalousieläden auf (vgl. Bilddokumentation). Im Zusammenhang mit einer nötigen Renovation wurde seit Mitte der 1980er-Jahre eine Erweiterung der Schulanlage in Betracht gezogen. Zur Ausführung gelangte 1986 das Projekt von Carlo Tognola (Architekturbüro Tognola, Stahle und Zulauf in Windisch), das an den rückwärtigen Treppenhausrisalit einen in den Dimensionen auf den Altbau abgestimmten Erweiterungsbau erstellte. 1987/88 wurde der Altbau aussen und innen renoviert, wobei der bauzeitliche Zustand weitgehend erhalten bzw. wiederhergestellt wurde. |
Beschreibung: | Das Dorfschulhaus liegt zurückversetzt und von Bäumen abgeschirmt an der Dorfstrasse. Es handelt sich um einen dreigeschossigen spätklassizistischen Mauerbau unter schwach geneigtem Walmdach. Ein dreiachsiger Mittelrisalit mit Giebelbekrönung und Pilastergliederung akzentuiert die Hauptachse des streng symmetrisch durchgeformten Baukörpers. Dieser zählt längsseitig neun, an den Schmalseiten drei Fensterachsen und wird von Ecklisenen sowie einem konsolenbesetzten Kranzgesims eingefasst. Das Erdgeschoss ist mittels rustizierendem Fugenputz als Gebäudesockel gekennzeichnet und weist Stichbogenfenster mit konsolengestützten Blockbänken auf. Über einem durchlaufenden Gurtgesims sind die Rechteckfenster des ersten Obergeschosses mit einer klassizistisch profilierten Verdachung bekrönt. Das zweite Obergeschoss wird von einem Sohlbankgesims abgesetzt, das zusätzlich zur Fassadengliederung beiträgt. An der Rückseite wird der Kubus von einem Treppenhausrisalit in der Tiefe von zwei schmalen Fensterachsen durchbrochen. An dessen schmaleren Vorsprung schliesst sich die gläserne Verbindungsbrücke zum Neubau von 1988 an. Das gesamthaft schlicht gehaltene, rhythmisch durchkomponierte Gebäude zeigt einzig am Mittelrisalit der Schaufassade etwas ausgeprägteren Bauschmuck. Der grosszügige, zentral gesetzte Eingang trägt am geohrten Stichbogensturz einen Schlussstein mit dem Wappen der Gemeinde Windisch und dem Baujahr 1888. Die mit hohen Oberlichtern ausgestattete Eichentür bewahrt ein sorgfältig ausgeführtes Gusseisengitter. Das darüber liegende Fenster zeigt einen profilierten Segmentbogensturz und das Giebelfeld eine dreiteilige Lichtöffnung. Die Erschliessung erfolgt über einen grosszügigen, mittig durchlaufenden Gang und ein rückwärtiges Treppenhaus mit Granitstufen. Der ursprünglich von der Gemeindeverwaltung benutzte Ostflügel verfügt über einen separaten Nebeneingang. Den im Westflügel untergebrachten ehemaligen Gemeindesaal gliedern zwei Reihen holzverschalter Eisenunterzüge, die auf Gusseisensäulen mit marmorierter Bemalung abgestützt sind. Die besondere Bedeutung dieses Raumes unterstreicht auch die geometrische Deckenmalerei. In den Obergeschossen ist das Unterzugs- und Stützensystem sichtbar belassen. Der gesamt Gebäudegrundriss ist unterkellert: Unter dem einstigen Gemeindesaal erstreckt sich ein auf vier kräftige Pfeiler abgestütztes Kreuzgratgewölbe; die restliche Fläche nehmen tonnengewölbte Keller verschiedener Grösse ein. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. – ICOMOS. Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Windisch 4123-03. |
Anmerkungen: | [1] Hermann Reutlinger war Semper-Schüler am damaligen Polytechnikum (der heutigen ETH) und betrieb mit seinem Bruder Johann Heinrich Reutlinger von 1872–1905 ein Architekturbüro in Zürich. Die Brüder planten vor allem Schul- und Krankenhäuser. [2] Baumann 1983, S. 721–722. |
Literatur: | - Max Baumann: Geschichte von Windisch. Vom Mittelalter zur Neuzeit, Brugg 1983. - Friedrich Keller: Die Schuel von Windisch. Gedenkschrift zur Einweihung des neuen Schulhauses in der Dohlenzelg am 31. März 1957, Brugg 1957. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 80. - Carlo Tognola: Zwei alte Windischer Schulhäuser prächtig erneuert, in: Badener Tagblatt, 28.10.1988. - Barbara Stüssi-Lauterburg et al.: Windisch in alten Ansichten, Zaltbommel 1993. |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=48342 |
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