NL.A-0261 Jugendfürsorgeverein Bezirk Baden, 1862-1972 (Bestand)

Archive plan context


Information on identification

Ref. code:NL.A-0261
Ref. code AP:NL.A-0261
Title:Jugendfürsorgeverein Bezirk Baden
Creation date(s):1862 - 1972
Level:Bestand

Information on context

Name of the creator / provenance:Armenerziehungsverein des Bezirks Baden; Jugendfürsorgeverein des Bezirks Baden
Administration history:Am 16.02.1862 versammelten sich 48 Gemeinderäte des Bezirks im Schwurgerichtssaal in Baden zur Gründung eines Armenerziehungsvereines, "der sich zur Pflicht macht, arme der Verwahrlosung ausgesetzte Kinder dadurch zu retten, dass er sie bei braven und rechtschaffenen Familien verkostgeldet, und auch für ihre spätere Berufsbildung sorgt." Ein provisorisch ins Leben gerufenes Komitee begann am 16.03.1862 mit der Erarbeitung der Vereinsstatuten, wobei man sich an Statuten bereits bestehender Armenerziehungsvereine orientierte. Die offizielle Vereinsgründung erfolgte am 06.04.1862 unter Versammlung des provisorischen Komitees, sowie mehreren Geistlichen und Gemeinderäten. Bei der Statutenberatung wurden zwei wesentliche Änderungen beschlossen: 1. Die Möglichkeit, Kinder unter dem 5. Lebensjahr in den Verein aufnehmen zu können. 2. Die Bestimmung, wonach nur solche Gemeinden Anspruch auf Kostgeldzahlungen armer Kinder durch den Verein erhalten, die einen Fünfrappenverein aufweisen konnten. Der zeitweise aus 13 bis 15 Personen bestehende Vereinsvorstand - bis 1866 Komitee genannt - setzte sich einerseits aus dem Engen Vorstand (bestehend aus Präsident, Vizepräsident, Aktuar, Quästor und ab 1916 dem Patronat), andererseits aus den restlichen Mitgliedern (welche die Funktion als Inspektoren übernahmen) zusammen. Dieser Gesamtvorstand versammelte sich im Jahr ein bis zweimal, während der engere Vorstand bis ein Dutzend Sitzungen im Jahr abhielt.

Das Komitee stand in engem Kontakt mit den Repräsentanten des Vereins in den Gemeinden. Deren Aufgabe bestand darin, mögliche Pflegekinder und Pflegefamilien dem Vorstand zu unterbreiten, sowie die allfällige Gründung eines Halbbatzenvereins zu initiieren und den monatlichen Einzug der Wochenbeiträge zu gewährleisten. Vierteljährlich gaben sie das eingezogene Geld an den Quästor weiter. Aufgrund einiger Beschwerden der Mütter von versorgten Kindern wurden ab 1864 Inspektoren eingesetzt, die nebst den Repräsentanten auch die Pflegeverhältnisse überwachten. Die "schulentlassenen Kinder" wurden vom Patronat an interessierte Ausbildner vermittelt, so dass die Pflegekinder meist unter Zuhilfenahme eines staatlichen Kredites, eine Lehre absolvieren konnten. Aus juristischer Sicht fiel der Armenerziehungsverein unter die "freiwillige Armenfürsorge" und wurde als Ergänzung zu den gesetzlichen Armenbehörden gezählt, stand mit diesen auch in Verbindung. Die Bezeichnung Pflegekinder ist in dem Sinne nicht zutreffend, als: "Kinder in Anstalten des Staates, sowie in solchen, die unter staatlicher Aufsicht stehen, fallen nicht unter diese Verordnung; ebenso nicht die von den aargauischen Armenerziehungsvereinen versorgten Kinder." Ein dringendes Anliegen des Vereins war es 1867, das ehemalige Kloster Maria Krönung in Baden zu einer "Rettungsanstalt für Mädchen" zu machen, was jedoch auf offizieller Seite auf geringes Interesse stiess. Während des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71) wurden ca. 50 Kriegswaisen aus Belfort und Montbelliard in den Klosterräumen untergebracht, was zu einer Wiederbelebung des Gedanken führte. Unter Mithilfe des aargauischen Erziehungsdirektors, Augustin Keller (1805 - 1883), und dank einem grösseren Legat wurde die Rettungsanstalt 1872 eröffnet. Obwohl bereits 1873 die Beaufsichtigung der grösseren Mädchen durch eine Frauenkommission angestrebt wurde, gelang die Umsetzung dieses Kontrollorgans erst 1924. Eine wichtige Änderung erfolgte 1936 als Reaktion auf die Schwierigkeiten bei der Rückerstattung der Kostgelder durch die Gemeinden. Es wurde die Regelung getroffen, dass nur noch die in einer Gemeinde des Bezirks Baden heimatberechtigten Kinder in den Verein aufgenommen werden sollten. Diese harte Massnahme wurde bereits ein Jahr später durch die Einführung des neuen Armengesetzes mit seinem Wohnortprinzip in der Ausrichtung von Armenunterstützungen hinfällig.

1946 wurde als Reaktion auf die Delegiertenversammlung der aargauischen Armenerziehungsvereine der "Armenerziehungsverein des Bezirks Baden" in den "Jugendfürsorgeverein des Bezirks Baden" umbenannt.
Über die Auflösung des Vereins ist keine Korrespondenz oder sonstiges Material vorhanden. Aus den Jahresberichten geht lediglich hervor, dass die zentrale Stelle der Fürsorgerin schwierig zu besetzen war und mehr Aufwand und Zeit beanspruchte, wie die Versorgung der Kinder. 1972 wurde der Verein nach einer 110 jährigen karitativen Tätigkeit aufgelöst.

Quelle:
Guggisberg, Ernst: Der Armenerziehungsverein des Bezirks Baden als Vertreter der privaten Jugendfürsorge im Kanton Aargau 1920-1940. In: Argovia 121 (2009), S. 165-221.
Archival history:Bei der Aufarbeitung von Beständen im Stadtarchiv Mellingen stiess Rainer Stöckli im Jahr 2004 auf Dokumente des Armenerziehungsvereins resp. Jugendfürsorgevereins des Bezirks Baden, die er im Oktober gleichen Jahres dem Staatsarchiv zur Übernahme anbot. Ein Mellinger Lokalpolitiker, welcher über lange Zeit Vorstandsmitglied des Vereins war, hatte diese nach Auflösung des Vereins im Stadtarchiv Mellingen deponiert. Die Übernahme des Archivs erfolgte am 10.11.2004 unter Zugangsnummer 2004.0046.

Information on content and structure

Contains:Protokolle, Jahresrechungen mit Revisionsberichten und Belegen, Pflegekinder- und Kostgeldzahlungskontrolle (Kartei), Kostgeldverträge, Lehrverträge, Verwaltung der Pflegekindervermögen, Pflegekinderdossiers (Falldossiers), Jahresberichte anderer Armenerziehungsvereine im Aargau.
Die vereinsinterne Ordnung sah eine durchgehende Nummerierung der Pflegekinder nach Eintrittsdatum vor. Mit dem Eintritt des 1000. Kindes im Jahr 1917 wurde die Zählung wieder von vorne begonnen. Um Überschneidungen zu verhindern, erhielten die Kinder vor bzw. nach 1917 den Zusatz römisch I [- /I], bzw. römisch II [- /II]. In den Jahresberichten sind die Pflegekinder nach Eintrittsnummer (=PK-Nr.), Namen, Heimatort und Geburtstag aufgelistet. Über die Nummer der Pflegekinder (im Bestand durchgehend mit PK abgekürzt) lassen sich Personeninformationen in den Serien Kostgeld- und Lehrverträge, Pflegekinderkartei / Kostgeldabrechnungen und Pflegekinderdossiers finden.
Appraisal and destruction:Die komplette Serie der gebundenen und durchnummerierten Belege wurden archiviert, da sie alltagsgeschichtlich von Interesse sind, aber auch Dank der Vermerkung der Pflegekindernummer (PK) Rückschlüsse auf
deren gesundheitlichen Zustand (Arztrechnungen) erlauben.
System of arrangement:Die ursprüngliche Ordnung wurde beibehalten und die Unterlagen wurden gemäss Ordnungssystem für Vereine gegliedert.

Zugangs- und Benutzungsbestimmungen

Access regulations:Für die Benutzung durch Drittpersonen gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen vom 24.10.2006 (IDAG) und diejenigen der Verordnung zum Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen vom 26. September 2007 (VIDAG).

Information on related materials

Related material:DIA.A: Armenkommission 1804-1852
DIA02: Direktion des Innern 1853-1942, Armenwesen
DF: Finanzkommission/Direktion, Armenwesen und Unterstützungen 1835-1865
NL.A-0356: Jugendfürsorgeverein Bezirk Aarau
NL.A-0346: Jugendfürsorgeverein Bezirk Bremgarten
NL.A-0315: Jugendfürsorgeverein Bezirk Brugg
Publications:Guggisberg, Ernst: Der Armenerziehungsverein des Bezirks Baden als Vertreter der privaten Jugendfürsorge im Kanton Aargau 1920-1940. In: Argovia 121 (2009), S. 165-221.
Guggisberg, Ernst: Pflegekinder. Die Deutschschweizer Armenerziehungsvereine 1848-1965. Baden 2016.
 

Usage

Permission required:Staatsarchiv Aargau
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Einsichtnahme eingeschränkt
 

URL for this unit of description

URL:https://www.ag.ch/staatsarchiv/suche/detail.aspx?ID=2170
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds