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Funde & Archäologische Sammlung

Eine britische Plombe in Wohlen

Eine Plombe aus Blei versiegelte einst Waren aus der grossen weiten Welt.

Als in der Flur Schweikhau in Wohlen der Neubau einer Remise startete, war auch ein freiwilliger Detektorgänger im Auftrag der Kantonsarchäologie vor Ort. Er suchte die frisch abhumusierte Baugrube nach archäologischen Hinterlassenschaften ab. Denn der Neubau lag im Umkreis zweier im FUndstelleninventar erfasster, aber noch wenig bekannter Fundstellen aus der späten Eisenzeit und der römischen Epoche. Tatsächlich kam eine römische Münze zum Vorschein. Konkrete Hinweise auf eine römische Siedlung in Form von Mauern oder anderen Gebäudestrukturen wurden nicht beobachtet. Wahrscheinlich liegt die Siedlung nicht im Bereich der Baugube.

Weisslich-grün verfärbte Metallscheibe mit feinen Prägungen.
Die Plombe der South Seas & Fisheries Company. Inv.-Nr. Wol.019.50/1.2
Weisslich-grün verfärbte Metallscheine mit feinen Prägungen.
Das Gegenstück der Plombe zeigt das Wappen des Vereinigten Königreiches von Grossbritannien. Inv.-Nr: Wol.015.53/1.1.

Überseehandel und Börsencrash

Bei der anschliessenden Sichtung der eingesammelten Metallfunde fiel eine Bleischeibe besonders ins Auge. Auf den ersten Blick unscheinbar erkennt man bei genauerer Betrachtung ein eigentümliches Wappen: unten einen Globus mit Längen- und Breitengraden, oben links drei schreitende Löwen, daneben ein senkrecht stehender Löwe sowie rechts einen Hering. Die Bleischeibe gehörte ursprünglich zu einer Bleiplombe, soviel war aufgrund der Form und der Verzierung schnell klar. Mit solchen Plomben wurden früher vor dem Versand Waren versiegelt, um sie vor Manipulation zu schützen. Am Zielort brach man die Plombe auf und entsorgte sie.

Auf den Plomben sind die "Logos" der Hersteller und Hinweise auf die transportierte Ware abgebildet. In unserem Fall das Wappen der britischen South Seas & Fisheries Company, die von 1711 bis 1853 im Überseehandel nach Südamerika und der Fischerei tätig war. Die South Sea Company erhielt von der britischen Regierung das Monopol für den englischen Handel mit versklavten Menschen aus Afrika, die in die spanischen Kolonien in Südamerika verschleppt und dort verkauft wurden. Das war damals ein lukratives Geschäft. Der Handel mit den Aktien der Company mündete jedoch in einem grossen Börsencrash, einem der bekanntesten in der Geschichte des Börsenhandels.

Eine junges Forschungsfeld

Solche Bleiplomben waren ursprünglich vierteilig mit zwei grossen verzierten Scheiben und zwei kleineren – eine gelocht und eine mit einem Dorn, die ineinander geschlagen wurden. Per Zufall wurde in einem älteren Konvolut von Prospektionsfunden aus Wohlen eine Scheibe gleicher Grösse entdeckt, die von der Nachbarparzelle stammte. Auf der Scheibe sind trotz der schlechten Erhaltung das Wappen des Vereinigten Königreichs von England flankiert von einem Löwen und einem Einhorn zu erkennen. Die beiden Scheiben gehörten einst wohl zur gleichen Plombe, wie Vergleichsfunde zeigen. Sie sind nun wiedervereint.

Mit ihrer Arbeit erschliessen die Freiwilligen neue Fundgattungen, zu denen bisher noch wenig geforscht wurde. Denn die Neuzeitarchäologie ist in der Schweiz ein noch junges Forschungsfeld. Gerade Warenplomben geben jedoch einen Einblick in die einstigen Warenströme und Handelsnetze und sind ein grosses Forschungsdesiderat. Die Plombe der South Seas & Fisheries Company zeugt denn auch von den weltweit verzweigten Handelsströmen, an die auch Wohlen angeschlossen war.

Mehr zum Thema

  • Pirmin Koch, Eine Bleiplombe aus Wohlen als Zeugnis weltweiter Handelsbeziehungen. In: Unsere Heimat 88/89, 2021/2022, 165−173.