U11 Abfälle und Verwertung
Die Menge von Kehricht pro Person, der über die Sammelstrukturen der Gemeinde entsorgt wurde, ist im Kanton Aargau in den letzten Jahren gesunken. Teilweise werden Siedlungsabfälle auch über private Sammelstellen entsorgt. Der Anteil an Recyclingbaustoffen gegenüber dem Kiesabbau steigt weiter an.
Um den Wohlstand und eine leistungsfähige Wirtschaft langfristig zu erhalten, ist die Übernutzung der natürlichen Ressourcen zu vermeiden. Dies bedingt eine Abnahme des Rohstoffverbrauchs und der Materialintensität sowie ein Schliessen von Stoffkreisläufen in Produktion und Konsum. Aus Nachhaltigkeitsperspektive ist der beste Abfall der, der nicht entsteht. Die Auswirkungen der Abfälle auf die Umwelt sollen begrenzt und das wirtschaftliche und technische Potenzial der Wiederverwertung von Rohstoffen ausgeschöpft werden. Zudem soll die Wiederverwendung von Produkten gefördert werden.
Indikatoren: Kehrichtmenge pro Person und Anteil Recyclingbaustoffe
Der Verbrauch an Rohstoffen sowie die Menge und Qualität der Abfälle widerspiegeln den heutigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und sind ein Abbild des Konsumverhaltens. Die Kehrichtmenge pro Person, als eine wichtige Fraktion der gesamten Abfallmenge, soll abnehmen. Die Wiederverwertung von Wertstoffen trägt zur Schliessung von Stoffkreisläufen bei. Der Anteil Recyclingbaustoffe an der Gesamtmenge des Kiesabbaus weist auf den Umgang mit den einheimischen, nicht erneuerbaren Kiesreserven hin. Er soll ansteigen.
Der Indikator umfasst die Menge an Kehricht, entsorgt über die Sammelstrukturen der Gemeinden und der Verbrennung zugeführt.
Kehricht aus Haushalten pro Person, Aargau, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | positiv |
Der Indikator zeigt den Anteil Recyclingbaustoffe aus mineralischen Bauabfällen an der Gesamtmenge Kiesabbau und Recyclingbaustoff, die zur Betonherstellung verwendet werden.
Anteil Recyclingbaustoffe am Wandkiesabbau, Aargau, 2006 - 2023
langfristig (seit 2006) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | positiv |
Stand 2024
Abnahme des Kehrichts aus Haushalten, erhöhter Einsatz von Recyclingbaustoffen
Die Kehrichtmenge, die über die Sammelstrukturen der Gemeinde entsorgt wurde, sank seit 2020 um 5 % auf 151 kg pro Kopf im Jahr 2023. Neben dem Kehricht wurden von den Aargauer Gemeinden 2023 durchschnittlich insgesamt 158 kg pro Kopf Grüngut, Papier/Karton, Glas und Metall gesammelt. Die Separatsammelquote liegt damit bei mehr als 51 % (BVU 2024). Die Menge der separat gesammelten Abfälle geht im Aargau laufend zurück. Grund dafür ist zumindest teilweise eine lückenhafte Erhebung. So fehlen die Abfallmengen, die zunehmend in privaten Recyclinghöfen entsorgt werden.
Rund ein Drittel des Abfalls, und damit die grösste Fraktion in den Kehrichtsäcken, betrifft schweizweit biogene Abfälle, meistens Rüstabfälle (BAFU 2023a). Bei biogenen Abfällen ist das Potenzial der stofflichen Verwertung am grössten, sie machen fast zwei Drittel des gesamten geschätzten Verwertungspotenzials aus (BAFU 2023a). Übergeordnet ist die Vermeidung von Lebensmittelverlusten (Food Waste) im Vornherein zu priorisieren. Privathaushalte verursachen den zweitgrössten Anteil an der Gesamtmenge von Food Waste in der Schweiz und damit 38 % der von Food Waste ausgehenden Umweltbelastung (Beretta und Hellweg 2019). Der Bundesrat verfolgt mit dem 2022 verabschiedeten Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung das Ziel, die vermeidbaren Lebensmittelverluste in der Schweiz bis 2030 gegenüber 2017 zu halbieren.
Im internationalen Vergleich belegt die Schweiz bei der Menge der Siedlungsabfälle pro Person weltweit einen Spitzenplatz (BAFU 2022). Gesamtschweizerisch sind 2022 pro Kopf 671 kg Siedlungsabfälle aus Haushalten, Bürogebäuden, Kleinbetrieben, Hof und Garten sowie aus öffentlichen Abfalleimern angefallen. Davon wurden 52 % dem Recycling zugeführt (biogene Abfälle, Glas, elektrische und elektronische Geräte, Textilien, PET, Blech, Aluminium, Batterien) (BAFU 2023b). Die hohe Abfallmenge verursacht bei ihrer korrekten Entsorgung in der Schweiz keine grosse Umweltbelastung mehr, sie zeigt jedoch den hohen Ressourcenverbrauch und Konsum. Zwei Drittel der gesamten in der Schweiz mit der Ressourcennutzung verbundenen Umweltbelastung fällt aufgrund der grossen Mengen an importierten Waren im Ausland an (EBP/Treeze 2022).
Aushub- und Ausbruchmaterialien sind verantwortlich für knapp zwei Drittel aller Abfälle (BAFU 2022). Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wie Kies oder Sand ist hoch. Für die Herstellung von Beton fördern Schweizer Kies- und Betonwerke jährlich mehr als 30 Millionen Kubikmeter Kies und Sand (FSKB 2023). Im Jahr 2023 wurden im Kanton Aargau knapp 1,67 Millionen Kubikmeter Kies (fest) abgebaut, dies entspricht 3.18 Millionen Tonnen Wandkies. Nach den Jahren 2020−2022, in welchen die Kiesabbaumenge über 4 Millionen Tonnen jährlich betrug, ist 2023 erstmalig eine Abnahme zu verzeichnen. Auch der Output an Recyclingprodukten ging 2023 zurück auf 712'000 Tonnen. Der Anteil von Recyclingbaustoffen an der Gesamtmenge Wandkies und Recyclingbaustoffen ging von 2020−2022 etwas zurück auf 15,6 %. Aufgrund des aussergewöhnlich starken Kiesabbau-Rückgangs 2023 ist in jenem Jahr eine Zunahme des Recyclingbaustoff-Anteils auf 18,3 % zu verzeichnen (BVU 2024). Gesamtschweizerisch wird zunehmend eine Mangelsituation beim Kies- und Sandangebot festgestellt. Geologisch bedingt sind aber im Kanton Aargau noch sehr viele Kies- und Sandressourcen vorhanden. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Rohstoffbedarf anderer, weniger kiesreichen Kantone zukünftig auch aus dem Kanton Aargau gedeckt wird. Neben dem hohen Bedarf kollidiert der Rohstoffabbau mit Interessen wie Umweltschutzanliegen, Siedlungsentwicklung, Land- und Forstwirtschaft. Dies reduziert die realistisch abbaubaren Lagerstätten (swisstopo 2017). Die abgelagerte Aushubmenge pro Einwohnerin und Einwohner (inklusive Importe) betrug 2022 3,79 m3. Diese Menge ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken (um 0,51 m3). Aufgrund der jahrelang grösseren Aushubmengen im Verhältnis zum Kiesabbauvolumen, hat sich das nutzbare Auffüllvolumen verringert (BVU 2023).
Fast 70 % des gesamten Abfallvolumens werden in der Schweiz wiederverwertet. Sogenannte Sekundärrohstoffe (aus Abfällen rückgewonnene Materialien) machen trotz stetig steigendem Anteil immer noch einen geringen Anteil des Materialverbrauchs aus. Das heisst, damit eine Kreislaufwirtschaft erreicht werden kann, müssen zusätzlich zum Recycling weitere Strategien verfolgt werden, um zu einer Reduktion des gesamten Materialverbrauchs beizutragen (BAFU 2022).
2010 hat der Regierungsrat die Recycling-Strategie des Kantons Aargau (RC-Strategie) verabschiedet. Die RC-Strategie war sinnvoll und erfolgreich; sie war aber nur auf das Recycling und das Deponieren als Teile des Baustoffkreislaufs fokussiert. Die anderen Bestandteile des Kreislaufs, also Planung, Produktion, Handel, Nutzung und Rückbau, wurden nicht berücksichtigt. Die RC-Strategie wird nun zu einer Kreislaufwirtschaftsstrategie überführt. Hierzu muss der Betrachtungsraum erweitert und der gesamte Zyklus von Produkten berücksichtigt werden.
Herausforderungen
- Die hohen Umweltbelastungen durch den übermässigen Konsum bedingen zunehmend Abfallvermeidungsstrategien und Optimierungen der Kreislaufwirtschaft. Um Kreisläufe zu schliessen, muss der gesamte Zyklus von Produkten betrachtet werden, nur so kann sich die Abfallwirtschaft vom Entsorgungsdienstleister zu einer Plattform für qualitativ hochstehende (Sekundär-)Rohstoffe entwickeln (BAFU 2022).
- Das Potenzial zur Vermeidung und besseren Verwertung biogener Abfälle ist noch nicht ausgeschöpft.
- Die Teilliberalisierung des Entsorgungsmonopols der öffentlichen Hand schreitet weiter voran. Vermehrt sind private Unternehmen an der Entsorgung der Siedlungsabfälle beteiligt, und die Bedürfnisse der Bevölkerung bei der Entsorgung verändern sich. Auswirkungen auf die Finanzierung der Siedlungsabfallentsorgung sind möglich.
- Vorurteile und Hürden (wie beispielsweise bestehende Normen) gegenüber umweltschonender und rezyklierbaren Baumaterialien machen es schwierig, den Bausektor ressourcenschonender auszurichten (BAFU 2022).
- Für die meisten Materialien sind die Möglichkeiten der Rückgewinnung technisch begrenzt und der Rohstoffbedarf vieler Branchen lässt sich nicht vollständig aus einheimischen Quellen decken (BAFU 2022).
Spotlight Klima
Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen, welche ein nachhaltiges Handeln erfordern. Die Spotlights-Klima beleuchten ausgewählte Massnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel aus Sicht der kantonalen Verwaltung.
Weitere Informationen zum Klimawandel
Aufgabeln! – Gemeinsam Food Waste messen: mit der Bevölkerung dem Food Waste auf der Spur
Das Wegwerfen von Lebensmitteln verschwendet Ressourcen und belastet das Klima und die Umwelt. Im partizipativen Projekt "Aufgabeln!" gehen freiwillige Teilnehmende dem Food Waste auf den Grund und messen den in ihrem Haushalt anfallenden Food Waste. Das Citizen Science Projekt wurde in insgesamt sieben Gemeinden durchgeführt. Aus den Resultaten und Diskussionen mit den Teilnehmenden entstand ein praktisches Infoplakat sowie ein Leitfaden mit Tipps und Tricks zur Reduktion von Food Waste in Haushalten.
Verweise
Für das Thema "Abfälle und Verwertung" relevantes SDG der Agenda 2030
Das Thema "Abfälle und Verwertung" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:
Quellen
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