W10 Leistungsfähiger Staat
Die Staatsquote des Kantons Aargau nimmt, nach einem mehrheitlich Covid-19 bedingten Peak, wieder ab. Der allgemeine Verwaltungsaufwand ist auf einem vergleichsweise tiefen Niveau leicht zunehmend.
Ein leistungsfähiger Staat ist von zentraler Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Leistungsfähigkeit des Staats zeigt sich darin, wie wirksam und effizient Parlament, Regierung, Verwaltung und Gerichte handeln. Die Leistungs- und Wirkungsziele der kantonalen Aufgabenbereiche sowie die dafür verwendeten Ausgaben sind im Jahresbericht des Regierungsrats aufgeführt. Die Leistungsfähigkeit des Staats bedingt, dass er die gesetzten Ziele in effizienter Weise erreicht.
Indikatoren: Staatsquote und Verwaltungsaufwand pro Person
Die Staatsquote zeigt den Anteil der Wirtschaftstätigkeit, welche dem Staat zukommt. Sie ist neben der Aufwandentwicklung auch vom Wirtschaftswachstum abhängig. Die Staatsquote soll gemäss "Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen" langfristig stabilisiert und wenn möglich gesenkt werden. Die Effizienz des Staats wird am allgemeinen Verwaltungsaufwand von Kanton und Gemeinden gemessen. Damit wird ein über die Kantone vergleichbarer Teilbereich der Verwaltung erfasst. Der allgemeine Verwaltungsaufwand pro Person soll sich an den Aufgaben ausrichten, mindestens konstant bleiben und unter dem schweizerischen Durchschnitt liegen.
Die Staatsquote weist den Aufwand des Kantons im Vergleich zum kantonalen BIP aus und zeigt damit das Verhältnis des Aufwands für den Staatshaushalt zur Wirtschaftsleistung.
Staatsquote, Aargau, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | negativ |
kurzfristig (seit 2020) | positiv |
Der Allgemeine Verwaltungsaufwand enthält die Kosten für Legislative, Exekutive, Finanz- und Steuerverwaltung sowie allgemeine Dienste.
Allgemeiner Verwaltungsaufwand pro Person, Aargau und alle Kantone (inklusive Gemeinden), 2000 - 2022
langfristig (seit 2000) | negativ |
kurzfristig (seit 2020) | negativ |
Stand 2024
Unterdurchschnittlicher Verwaltungsaufwand
Die Staatsquote ist nach einem Abwärtstrend bis 2018 zwischen 2019 und 2021 sprunghaft um 1,2 Prozentpunkte auf 11,0 % angestiegen. Grund für den Anstieg waren die finanziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, zum Beispiel durch höhere Beiträge an die Spitäler, aber auch die höheren Investitionsausgaben wie zum Beispiel für den Strassenbau oder die Limmattalbahn (Regierungsrat 2021). 2022 führten zudem Rückstellung im Zusammenhang mit der Kantonsspital Aarau AG zu einer relativ hohen Staatsquote. Erst 2023 ist die Staatsquote aufgrund geringerer Ausgaben gegenüber den Vorjahren deutlich zurückgegangen (Regierungsrat 2024).
Mit 45 % machten 2023 Transferaufwände den grössten Teil des Aufwands im Kanton Aargau aus. Sie beliefen sich auf 2,8 Milliarden Franken. Darunter fallen insbesondere Beiträge an Institutionen (z. B. Spitäler, Hochschulen, Heime und Werkstätten, Verkehrsbetriebe) sowie Beiträge an Private (z. B. Ergänzungsleistungen, Prämienverbilligung). Die Personalkosten des Kantons (inklusive Löhne der Lehrpersonen) betrugen 2023 rund 1,8 Milliarden Franken oder 29 % der Aufwände. Die beiden grössten Aufwandpositionen (Transferaufwand und Personalaufwand) sind, in Bezug zur Bevölkerung, seit 2017 im Kanton Aargau relativ stabil geblieben (DFR 2024b).
Der allgemeine Verwaltungsaufwand pro Kopf von Kanton und Gemeinden lag während des gesamten Betrachtungszeitraums seit 2000 im Kanton Aargau unter dem Schweizer Durchschnitt. In den letzten vier Jahren, das heisst, seit 2019, ist der Verwaltungsaufwand pro Kopf im Kanton Aargau um 11 % gestiegen. Der Verwaltungsaufwand pro Kopf von Gemeinden und Kanton betrug 2022 im Kanton Aargau 921 Franken. Davon machte der Verwaltungsaufwand von Gemeinden 61 % aus (EFV 2024). In Folge von Covid-19 hat der addierte Verwaltungsaufwand aller Kantone und Gemeinden 2020 gegenüber 2019 um 55 % zugenommen. Demgegenüber war im Kanton Aargau kein eigentlicher Peak erkennbar.
Im Kanton Aargau gehört die öffentliche Verwaltung mit knapp 3 % im Jahr 2018 zu den beschäftigungsmässig grössten Branchen. Ihr Gewicht an der Gesamtbeschäftigung ist jedoch geringer als im Schweizer Durchschnitt, was auf einen eher schlanken Staatsapparat hinweist (Credit Suisse 2021).
Werden die gesamten Personalaufwände der Kantons- und Gemeindeverwaltungen eines Kantons betrachtet, so weist der Kanton Aargau im Vergleich zu den anderen Kantonen die tiefsten Ausgaben pro Kopf auf. In den Stadtkantonen Basel-Stadt und Genf sind die Ausgaben pro Kopf mehr als doppelt so hoch wie im Kanton Aargau. Zudem gehört das Wachstum der Personalausgaben im letzten Jahrzehnt im Kanton Aargau mit 3 % zu den kleinsten (Universität Luzern 2023).
Der Arbeitsmarkt hat sich grundlegend verändert. Seit mehreren Jahren gestaltet sich die Rekrutierung von qualifiziertem Personal schwierig. Der Arbeitgeber Kanton Aargau konnte sich dank einem modernen Arbeitgeberauftritt, der gewährten Lohnerhöhung und durch das grosse Engagement der Führungspersonen diesen Herausforderungen stellen. In den vergangenen Jahren durchlief die Arbeitswelt eine tiefgreifende Transformation. Der technologische Wandel, geopolitische Spannungen und Krisen im In- und Ausland erzeugten Verwerfungen in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und arbeitsbezogener Hinsicht. Der Staat ist dadurch mit zusätzlichen Aufgaben und neuen Formen der Aufgabenerfüllung konfrontiert. Zudem haben sich die Arbeitsinhalte in den letzten Jahren stark verändert: Die Digitalisierung hilft, das Mengenwachstum zu bewältigen und Effizienzsteigerungen in der Verwaltung und vor allem bei den Bezügern der kantonalen Dienstleistungen – bei den Einwohnerinnen und Einwohnern und Unternehmen – zu erzielen. Sie erfordert aber aufgrund der Komplexität auch Zusatzaufwendungen und neue Arbeitshinhalte beispielsweise bei der Informationssicherheit oder dem Umgang mit künstlicher Intelligenz.
Die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur von Behörden und Unternehmen sind zunehmenden Angriffen ausgesetzt. Die Systeme der kantonalen Verwaltung verzeichnen täglich Angriffe aus dem Cyberraum. Der Ausfall eines Informatiksystems kann, je nachdem, wie heikel oder wichtig die damit bearbeiteten Informationen sind, erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen oder in schwerwiegenden Fällen sogar die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Staats verunmöglichen. Der Schutz sensibler Daten vor Cyberangriffen und anderen Bedrohungen wird immer wichtiger und ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren der Verwaltung.
Herausforderungen
- Der Kanton muss immer mehr Leistungen übernehmen und erbringen aufgrund von Erwartungen seitens der Politik und der Öffentlichkeit, aber auch aufgrund von Umfeldentwicklungen.
- Als Reaktion auf die deutlich wachsende Gefahr von Cyberangriffen und anderen Bedrohungen ist die Informationssicherheit gesetzlich zu normieren. Um die Sicherheit digitaler Daten auf einem genügend hohen Stand zu haben, müssen auch technische und organisatorische Massnahmen ergriffen werden. Dies erfordert einerseits Investitionen aber vor allem auch eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden im Umgang mit Cyberrisiken.
- Der Fachkräftemangel bleibt in vielen Bereichen herausfordernd. Teilweise können Stellen gar nicht oder nur unter massivem Zeit- und Arbeitsaufwand verzögert besetzt werden. Herausfordernd ist zudem, dass für die Aufgabenerfüllung genügend und gut ausgebildete Mitarbeitende angestellt werden können. Umso wichtiger ist es, dass der Kanton Aargau die Anstellungsbedingungen weiterhin an die aktuellen Gegebenheiten anpasst.
- Im kantonalen Vergleich weist der Kanton Aargau die geringsten kantonalen und kommunalen Personalausgaben je Einwohner sowie die drittniedrigste Wachstumsrate der Personalausgaben aus. In verschiedenen Aufgabenbereichen ist ein Nachholbedarf offensichtlich, weshalb zusätzliche Stellen aufgebaut werden müssen.
Verweise
Für das Thema "Leistungsfähiger Staat" relevantes SDG der Agenda 2030
Das Thema "Leistungsfähiger Staat" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:
Quellen
Mitarbeit | |
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Referenzen |
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