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Nachhaltige Entwicklung

Lärm macht krank - Interview mit Philipp Huber

Die Lärmminderung ist entscheidend, um die Lebensqualität zu verbessern und die Gesundheit zu schützen. Lärm ist eine grosse Umweltbelastung und kann die Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Der Tag gegen den Lärm am 30. April 2025 macht unter dem Motto „Lärm macht krank“ auf diese Problematik aufmerksam. Wir haben bei Philipp Huber, Fachspezialist für Lärm und NIS beim Kanton Aargau, nachgefragt:

Welche Art von Lärm stört dich persönlich am meisten? Gibt es ein bestimmtes Erlebnis, dass dir dazu in den Sinn kommt?

Autoposerlärm finde ich etwas vom störendsten, da dieser Lärm total unnötig und problemlos vermeidbar wäre.
Wenn ich jeweils an der Bahnhofstrasse in Aarau entlanglaufe und ein Fahrer eines getunten Autos das Gefühl hat, er müsse mit aufheulendem Motor allen zeigen, was für ein tolles Fahrzeug er hat, dann stört mich das gewaltig. Das Vergnügen eines Einzelnen führt zu unnötiger Lärmbelästigung von vielen. Das muss nicht sein.

Gemäss einer Umfrage nimmt der Anteil der Bevölkerung, die sich vom Verkehrslärm gestört fühlt, in den letzten Jahren wieder zu. Gleichzeitig investiert der Kanton viel in lärmmindernde Strassenbeläge. Wie erklärst du dir das?

Dies hat zwei Gründe. Einerseits nimmt der Verkehr auf den Kantonsstrassen kontinuierlich zu, was nur über eine gewisse Zeit mit der Wirkung der lärmmindernden Beläge kompensiert werden kann. Und andererseits wird immer mehr und dichter an stark lärmbelasteten Lagen gebaut. Diese Problematik wird in Zukunft noch zunehmen, da die Revision des Umweltschutzgesetzes, welche vom Parlament im September 2024 genehmigt wurde, zu einer massiven Schwächung des Lärmschutzes beim Bauen in lärmbelasteten Gebieten führt.

Welche gesundheitlichen Auswirkungen hat Lärm auf Menschen?

Lärm führt zu Stress und erhöht damit den Blutdruck. Dies kann zu Herz-Kreislauf-Problemen oder sogar zu einem Herzinfarkt führen. Zudem kann Lärm zu Diabetes führen.

Schweizer Studie zu gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm

In der SiRENE-Studie haben Schweizer Forschende den Zusammenhang zwischen Verkehrslärm und Lärmbelästigung, Schlaf, Kreislauf und Metabolismus untersucht. Beispielsweise schien Lärmbelästigung und ein dadurch gestörter Schlaf einen Einfluss auf die Glukosetoleranz und Insulinsensitivität von Probandinnen und Probanden zu haben - dies weist auf einen Zusammenhang von Lärmbelästigung und der Entstehung von Diabetes Typ 2 hin.

In der Schweiz sind rund eine Million Menschen von lästigem und schädlichem Lärm betroffen. Der Strassenverkehr ist der Hauptverursacher. Jedes Jahr verursacht Verkehrslärm rund 2'500 Diabeteserkrankungen und 500 vorzeitige Todesfälle infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Verkehrslärm verursacht in der Schweiz jährliche Kosten von rund 2,6 Milliarden Franken. Rund 55% sind Gesundheitskosten. Der Rest ist der Wertverlust von Liegenschaften. Lärm beeinträchtigt auch die sprachliche Kommunikation, vermindert die Denkleistung und stört den Schlaf, was zu weiteren gesundheitlichen Problemen führen kann. Der diesjährige Tag gegen den Lärm, welcher am 30. April 2025 stattfindet, steht deshalb unter dem Motto: "Lärm macht krank" um auf diese Problematik hinzuweisen (siehe Tag gegen Lärm - Lärm macht krank).

Wie plant man Freiräume für die Ohren?

Der Cercle Bruit (Vereinigung der kantonalen Lärmschutzfachleute) hat zu diesem Thema eine eigene Homepage kreiert, damit die akustischen Aspekte bei der Planung von Freiräumen von Anfang an mitberücksichtigt wird (siehe Klangraumarchitektur). Die akustischen Aspekte sind mitentscheidend, ob ein Freiraum eine gute Aufenthaltsqualität aufweist und sich die Leute gerne darin aufhalten und sich vom hektischen Alltag erholen können. Viele der Massnahmen, welche zu einer guten akustischen Qualität beitragen, leisten auch einen Beitrag zur hitzeangepassten Siedlungsentwicklung, wie z.B. unversiegelte Flächen oder fliessendes und bewegtes Wasser.

Philipp Huber ist Fachspezialist für Lärm und NIS (Nichtionisierende Strahlung) bei der Abteilung für Umwelt. Zum Kompetenzzentrum Lärm des Kanton Aargau