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2. Sozialhilfeverfahren und Anspruchsvoraussetzungen

2.2 Ermittlung – Sachverhaltsabklärung

Die Sozialbehörden haben bei Geltendmachung einer Notlage den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln und die notwendigen Untersuchungen anzustellen (Untersuchungsmaxime gemäss § 17 VRPG, vgl. Kapitel 1.2.3 Untersuchungsmaxime). Sie haben von Amtes wegen dafür zu sorgen, dass der rechtserhebliche Sachverhalt richtig und vollständig abgeklärt wird. Erst aufgrund dieser Sachverhaltsabklärung kann die Sozialbehörde feststellen, ob eine Bedürftigkeit im Sinne der Sozialhilfe besteht und somit ein Anspruch auf materielle Hilfe gegeben ist.

Die Abklärung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse erfolgt in der Regel durch Befragung der hilfesuchenden Person sowie das Einfordern und Prüfen von Kontoauszügen, Krankenkassen- und anderen Versicherungspolicen, Mietverträgen, Lohn- und Taggeldabrechnungen, Arztzeugnissen, Belegen über Unterhaltszahlungen etc.

Daneben kann auch ein Augenschein in der Wohnung ein Bild von der sozialen und wirtschaftlichen Lage der hilfesuchenden Person vermitteln. Der Hausbesuch dient der zuständigen Gemeinde einerseits zur Sachverhaltsabklärung und andererseits bei der Bedarfsklärung. Mittels Hausbesuchs kann die fallführende Person beispielsweise erkennen, ob die betroffene Person zusätzliche persönliche Hilfe benötigt oder ob ein Bedarf in Bezug auf die Wohnungseinrichtung besteht. Die hilfesuchende Person darf den Augenschein in ihrer Wohnung ablehnen. Da die Bedürftigkeit einer Person in aller Regel auch ohne einen Hausbesuch ausreichend festgestellt werden kann, darf die Verweigerung eines Hausbesuchs nicht automatisch zur Ablehnung oder Einstellung der Sozialhilfe führen. Nur wenn die Bedürftigkeit ohne einen Hausbesuch tatsächlich nicht festgestellt werden kann, ist es unter Umständen zulässig, dass die Sozialbehörde als Folge einer Verweigerung nicht auf ein Sozialhilfegesuch eintritt oder die Sozialhilfe einstellt.

Die Untersuchungsmaxime wird durch die in § 2 SPG statuierten Mitwirkungspflichten relativiert. Die Untersuchungsmaxime entbindet die hilfesuchende Person nicht davon, bei der Abklärung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. Kapitel 1.3.3 Mitwirkungspflichten). Die Mitwirkungspflicht gilt insbesondere für Tatsachen, welche die hilfesuchende Person besser kennt als die Sozialbehörde und welche die Sozialbehörde ohne Mitwirken der hilfesuchenden Person gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben kann. Die Sozialbehörde würdigt die Ergebnisse der Untersuchung frei und trifft ergänzend eigene Abklärungen. Gemäss § 24 Abs. 1 VRPG kann die Sozialbehörde jene Beweismittel einsetzen, die sie zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere auch Drittpersonen befragen, Urkunden beiziehen, vertrauensärztliche Untersuchungen verlangen, Testarbeitseinsätze zur Abklärung der Arbeitsfähigkeit anordnen, Internetrecherchen oder Abklärungen bei anderen Behörden (zum Beispiel Strassenverkehrsamt, Amt für Migration und Integration, Sozialversicherungsanstalten oder Steuerbehörden) vornehmen.

Dem Datenschutzbedürfnis der betroffenen Person wird Rechnung getragen, indem die Gemeinde nur so viele Daten einholt, wie zur Ermittlung des erheblichen Sachverhalts tatsächlich notwendig sind. Nur wenn die betroffene Person ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und die notwendigen Unterlagen und Auskünfte nicht innert nützlicher Frist selbst beibringt, holt die Gemeinde die Informationen – unter Mitteilung an die unterstützte Person – direkt bei Dritten ein (§ 1 Abs. 4 SPV).

Unter bestimmten, restriktiven Voraussetzungen darf sich die Sozialbehörde auch dem Mittel der Observation bedienen. Dies allerdings nur, wenn bereits konkrete Anhaltspunkte für einen Sozialhilfemissbrauch bestehen und alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Feststellung des Verdachts ausgeschöpft worden sind (vgl. Kapitel 14.1. Observationen).