Portrait JVA Lenzburg
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg wurde 1864 eröffnet. Sie besteht aus der Strafanstalt und wurde 2011 mit dem Zentralgefängnis erweitert.
Auftrag
Die JVA Lenzburg erfüllt einen gesetzlichen und somit gesellschaftlichen Auftrag, der im Strafgesetzbuch (StGB) sowie in Verordnungen und Erlassen des Kanton Aargaus festgelegt sind. Dazu gehören:
Die Betreuung der Gefangenen orientiert sich am gesetzlichen Auftrag. Mehr dazu erfahren Sie im Abschnitt "Betreuung".
Betreuung
Die Grundzüge des Straf- und Massnahmenvollzugsrechts sind in den Art. 74 bis 92 des Strafgesetzbuchs geregelt. Die Umsetzung dieser Grundsätze bleibt dagegen der Gesetzgebung der Kantone überlassen. Zahlreiche Regelungen finden sich damit in kantonalen Vollzugserlassen sowie in Vereinbarungen und Richtlinien der Konkordate. Die Kantone sind zur Vollstreckung der freiheitsentziehenden Urteile verpflichtet und haben die hierfür notwendigen Einrichtungen bereitzustellen (Art. 372 und 377 StGB).
Der Strafvollzug hat das soziale Verhalten des Gefangenen zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben (Art. 75 StGB).
Aus diesem Vollzugsziel lässt sich die Aufgabe der Vollzugsbehörden ableiten, Angebote für soziale Lernprozesse zwecks Rückfallverhütung zu machen. Diese haben die intensive Auseinandersetzung mit der Tat und der Opferproblematik, die Wiedergutmachung und die Entwicklung von Strategien zur Rückfallprävention zu umfassen. Die künftige Legalbewährung hängt aber auch wesentlich vom sozialen Umfeld ab, weshalb die Pflege und der Ausbau wertvoller Kontakte zu Bezugspersonen ebenso wichtig sind wie die deliktpräventive Arbeit mit dem Gefangenen.
Die JVA Lenzburg sieht ihre Hauptaufgabe darin, dem Gefangenen zu einem künftig eigenverantwortlichen Lebensweg zu verhelfen, auf dem er die Rechte und die Würde seiner Mitmenschen achtet und respektiert. Als Wegleitung, das Leben in der Zwangsgemeinschaft auf menschliche Art zu regeln, dient die Hausordnung. Die in den Vollzugsplänen mit dem Gefangenen vereinbarten Ziele können nur dann erreicht werden, wenn auch er zu aktiver Zusammenarbeit bereit ist.
Der Resozialisierungsauftrag ist in den letzten Jahren insbesondere im geschlossenen Strafvollzug zunehmend in Widerspruch zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern geraten. Der Grund dafür liegt unter anderem in der stark gestiegenen Zahl von psychisch auffälligen Gefangenen. Von den Gefangenen sind rund 20 Prozent gemäss Gutachten und/oder aufgrund unserer Beobachtungen verhaltensgestört. Diese erzeugen vielfältige Konflikte und erfordern eine hohe Toleranz seitens der Betreuenden.
Die Anstrengungen sind gross, die Gefangenen auf ihr Leben ausserhalb der Gefängnismauern vorzubereiten. Kompetente Mitarbeitende in den Bereichen Gewerbe, Schule, Freizeit, Sozialdienst, Medizin/Psychiatrie bzw. Psychologie sowie Seelsorge begleiten und fördern den Gefangenen auf dem Weg zur Entlassung.
Durch interdisziplinäres Zusammenwirken werden personen- und zielbezogene Vollzugspläne (Risikoorientierter Sanktionenvollzug-ROS) erstellt, welche beispielsweise eine Suchttherapie, die Förderung der Sozialkompetenz, Teilnahme am allgemeinbildenden Unterricht (Bildung im Strafvollzug-BiSt) und/oder eine Berufsausbildung (interne Praxisausbildung) beinhalten können.
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Wiedereingliederungsbemühungen ist das Freizeitangebot. Diesem liegt der Gedanke zugrunde, dass Delikte (häufig) in der freien Zeit, sprich Freizeit, begangen werden. Wenn also eine sinnvolle Freizeitgestaltung Teil des Alltages wird, verringert sich die Rückfallgefahr. Die klassischen Freizeitaktivitäten wie Basteln, Tiffany, Sprachkurse und Malen wurden in der Zwischenzeit durch Angebote im Bereich Informatik und Musik erweitert. Die Ausrichtung des Sportangebotes hat sich in den letzten Jahren vom eigentlichen Kraftsport tendenziell zum Fitness- und Gesundheitssport verlagert.
Mehr zu diesem Thema
- Schweizerisches Kompetenzzentrum für den Justizvollzug
- Strafvollzugskonkordate
- Fachstelle Bildung im Strafvollzug
- Risikoorientierter Sanktionenvollzug
- Amt für Statistik
- Schweizerisches Strafgesetzbuch
- Amt für Justizvollzug Zürich
Sicherheit
Die JVA Lenzburg hat im Laufe der letzten Jahre einen sehr hohen Stand an sicherheitstechnischer Ausrüstung erreicht. Doch trotz der vielen Technik- und Überwachungsmöglichkeiten ist nach wie vor ein gut ausgebildetes Personal das Mass aller Dinge.
Um den physischen wie auch psychischen Belastungen während der täglichen Arbeit gewachsen zu sein, werden die Mitarbeitenden laufend im fachlichen Bereich (Elektronik, Ausbildung zum dipl. Fachmann / zur dipl. Fachfrau für Justizvollzug etc.) geschult. Zudem besuchen die Dienstgruppen regelmässig stattfindende Supervisionen unter Leitung eines externen Psychologen.
Was bedeutet Sicherheit im Vollzug? Wie definiert sich der Sicherheitsbegriff im Strafvollzug?
Vorerst gibt es einmal den Standpunkt des externen Beobachters, mit anderen Worten der Bevölkerung. Diese erwartet vom Gefängnis resp. von der JVA die Gewissheit, dass die eingesperrten Gefangenen auch sicher untergebracht und von den Menschen draussen ferngehalten werden. Durch jeden Sicherheitsvorfall fühlt sich ein grosser Teil der Bevölkerung verunsichert, ganz besonders die früheren Opfer, welche den Vorfall als konkrete Gefährdung erleben.
Sodann gibt es zweitens auch den Standpunkt der Vollzugsangestellten, nämlich jener Männer und Frauen, die ihre ganze Arbeitszeit mit Gefangenen zusammen verbringen, mit Gefangenen, deren Sprache und Mentalität ihnen oft fremd sind, auch mit Gefangenen, die psychisch gestört sind, aber auch mit ganz normalen Straftätern. Täglich muss der Vollzugsangestellte selbstständig mehrere Entscheidungen treffen, die in direktem Zusammenhang mit Ruhe und Ordnung und somit mit der Sicherheit stehen.
Der dritte Aspekt der Sicherheit im Vollzug betrifft schliesslich die Sicherheit der Gefangenen vor- und untereinander.
Zusätzlich ist diese Vielfalt von Sicherheitsperspektiven durch die besondere Konstellation der Gefängnisinstitution im geschlossenen Vollzug geprägt. Denn kaum eine andere Institution oder Organisation muss Menschen mit derart verschiedenen Charakteren, Nationalitäten, Lebensgewohnheiten, Krankheiten und Veranlagungen zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen.
SITRAK
Hochsicherheitstrakt
Der SITRAK I (Hochsicherheitstrakt) wurde 1995 in Betrieb genommen und kann maximal acht Gefangene aufnehmen. Der SITRAK II (erhöhte Sicherheit), im Zentralgefängnis seit Mai 2011 in Betrieb, kann maximal zwölf Gefangene aufnehmen.
Bei den im SITRAK eingewiesenen Straftätern handelt es sich um schwerstkriminelle, gefährliche Menschen mit schwerwiegenden Delikten und einem hohen Fluchtrisiko. Diese Männer stellen nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für das Vollzugspersonal sowie für die Mitgefangenen ein beträchtliches Gefahrenpotenzial dar.
Auffallend ist hier der hohe Anteil an psychisch kranken, unberechenbaren und deshalb äusserst gefährlichen Gefangenen, welche mangels geeigneter Strukturen in den psychiatrischen Kliniken im SITRAK geführt werden müssen.
Entsprechend der hohen Sicherheit ist auch eine besonders intensive Betreuung der Gefangenen gewährleistet. Ziel des Spezialregimes im SITRAK ist es, die Gefangenen wieder in den Normalvollzug übertreten zu lassen.
Personal
Die JVA Lenzburg verfügt über rund 214 Vollzeitstellen, die von 280 Mitarbeitenden besetzt sind. Darunter befinden sich sechs Stellen für Lernende und zwei für Praktikanten.
Arbeiten in der JVA
Der 24-Stunden-Betrieb bringt es mit sich, dass die Mehrheit der Mitarbeitenden in Vollzeitpensen arbeitet, weil die komplexen Betriebsabläufe eine andere Beschäftigungsart nicht gestatten. Teilzeitpensen versehen die Seelsorger, die Freizeitleitenden und Fachlehrer, die Mitarbeiter/innen vom Gesundheitsdienst sowie Bereiche der Verwaltung und der Kanzlei.
Rechnet man die Vollzeit- und Teilzeitarbeitenden zusammen, so ergibt dies einen Bestand von rund 280 Personen, wovon rund die Hälfte Vollzugsangestellte des Sicherheitsdienstes sind.
Anforderungsprofil Vollzugsangestellte/r
Alter: 30- bis 48-jährig
Berufliche Voraussetzungen:
- Abgeschlossene 3- oder 4-jährige Berufslehre im handwerklichen oder kaufmännischen Bereich
Körperliche Anforderungen:
- Robuste Gesundheit, sportliche Betätigung in der Freizeit
Persönlichkeitsbezogene Anforderungen:
- Menschliche Reife und Ausgeglichenheit
- Geordnete Familien- und Finanzverhältnisse
- Professionelle Handhabung von Nähe und Distanz
- Sachlichkeit, Zuverlässigkeit, Flexibilität
- Geduld und natürliche Autorität
- Durchsetzungsvermögen
- Mit Konflikten und Widersprüchen umgehen können
- Technisches Verständnis
Spezielles:
- Keine Vorstrafen, einwandfreier Leumund (aktueller Straf- und Betreibungsregisterauszug)
- Mündliche Fremdsprachenkenntnisse von Vorteil
- Wohnsitznahme im Kanton Aargau, Nähe Lenzburg erwünscht
- Bereitschaft Abend-, Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste zu leisten
Weitere Informationen zu Aus- und Weiterbildung erhalten Sie auf www.skjv.ch (Schweizerisches Kompetenzzentrum für den Justizvollzug)
Zivildienst
Das Zentralgefängnis ist ein anerkannter Einsatzbetrieb für Zivildienstleistende.
Nähere Informationen über den Zivildienst finden Sie unter www.zivi.admin.ch.
Organigramm
Geschäftsberichte
- Jahrbuch 2020/2021 (PDF, 88 Seiten, 2,6 MB)
- Jahrbuch 2018/2019 (PDF, 91 Seiten, 3,3 MB)
- Jahrbuch 2016/2017 (PDF, 104 Seiten, 3,1 MB)
- Jahrbuch 2014/2015 (PDF, 93 Seiten, 1,6 MB)
- Jahrbuch 2012/2013 (PDF, 91 Seiten, 1,3 MB)
- Jahrbuch 2010/2011 (PDF, 108 Seiten, 3,5 MB)
- Jahrbuch 2008/2009 (PDF, 100 Seiten, 3,1 MB)
Geschichte
Die ganze Geschichte der Strafanstalt finden Sie in einem umfassenden Werk von Peter M. Schulthess, entstanden zu dem 150-Jahr-Jubiläum. "Damals in Lenzburg", Alltag in der Strafanstalt 1864 - 2014.
ISBN: 978-3-905731-06-4
Ein umfangreiches Wissen über die aktuelle Situation, aber auch den geschichtlichen Rückblick finden Sie in unserem Archiv 1864. Nebst Radio- und Fernsehsendungen finden Sie dort auch sehr viele andere interessante Berichte zum Thema Strafvollzug.