|
Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1904 |
Grundlage Datierung: | Baugesuch |
|
Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohnhaus |
|
Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2013 |
|
Dokumentation |
Autorschaft: | Müller, Arnold, Aarau (Architekt) |
Würdigung: | Das 1904 für den Gemeindeschreiber und Posthalter Jakob Lienhard erbaute Wohnhaus mit Postbüro ist ein später Historismusbau, der mit Fachwerkgiebel und Treppenturm Anklänge an den Heimatstil zeigt. Mit seinem gepflegten Erscheinungsbild und den grosszügigen Raumverhältnissen spiegelt er die gehobenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Bauherrn zu einer Zeit, als das Ortsbild von Unterentfelden mehrheitlich noch von strohgedeckten Bauernhäusern geprägt war. Das äusserlich wie auch in der inneren Raumordnung und Ausstattung gut erhaltene Gebäude ist ein wichtiges Identifikationsobjekt in einem ehemals ländlichen Umfeld, das während der letzten Jahrzehnte grosse bauliche Umbrüche erfahren hat. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Ab dem frühen 19. Jh. wurden die Haushaltungen in Unterentfelden wie in den übrigen Suhrentaler Gemeinden durch einen gemeinsamen Postboten von Staffelbach aus bedient. Die erste staatliche Postablage im Dorf entstand 1845, erster Posthalter war Johannes Goldenberger. 1857 folgte Schreiner Gottlieb Styner-Stauffer, welcher die Tätigkeit bis 1889 ausübte. Die Poststelle befand sich in seinem damals noch strohgedeckten Haus an der Hauptstrasse, gegenüber dem Gasthof zum Rössli. Ab 1889 amtete der Pintenwirt Adolf Bolliger als Posthalter und richtete das Büro in seiner "Pinte" ein, die er zu Restaurant "Post" umbenannte. Nach seinem Tod übernahm die Tochter Frieda Bolliger das Amt. 1903 heiratete sie den Gemeindeschreiber Jakob Lienhard, welcher sogleich den Bau eines neuen "Posthauses" unmittelbar nördlich des alten "Styner-Hauses" in Angriff nahm [1]. Das Wohnhaus mit Postbüro wurde 1904 nach Plänen des Aarauer Architekten Arnold Müller erstellt. Die Zimmereiarbeiten übernahm Zimmermeister Wacker aus Wittwil, die Schreiner- und Glaserarbeiten gingen an die Firma Hunziker und Zimmerli aus Aarau. Die Gesamtkosten des Hauses betrugen knapp 25'000 Franken [2]. Der in der Art eines kleinen Landschlösschens erstellte Neubau setzte zwischen den beiden noch strohgedeckten Nachbarhäusern auffällige Akzente. Frieda Lienhard-Bolliger war bis zu ihrem frühen Tod 1907 als Posthalterin tätig. Danach übernahm ihr Ehemann Jakob Lienhard das Amt, und ab 1915 führte dessen zweite Gattin Anna die Posthalterstelle bis 1941. Daraufhin folgte Tochter Annemarie bis zu ihrer Pensionierung 1974. Mit dem Antritt von Walter Grütter am 1. Dez. 1974 endet die lange Ära der Familie Lienhard als Posthalter. Das Postlokal war indessen schon 1963 auf die andere Strassenseite, in den Nachfolgebau des abgebrochenen Gasthofs "Rössli", verlegt worden. Fortan diente die "Alte Post" ausschliesslich zu Wohnzwecken. Als einziger grösserer Eingriff wurde der ehemalige strassenseitige Posteingang aufgehoben und durch ein Fenster ersetzt. Zurzeit wird das Haus von einer Wohngruppe der Schwerhörigenschule Landenhof genutzt. |
Beschreibung: | In verkehrsgünstiger Lage unmittelbar an der Hauptstrasse und den Geleisen der 1901 eröffneten Suhrentalbahn erhebt sich die "Alte Post" als stattlicher, originell gestalteter Baukörper mit lebendiger Dachlandschaft. Vielfältige, in Einer-, Zweier- und Dreiergruppen angeordnete Fensterformate, ein dekoratives Sichtfachwerk mit beschnitzten Streben, Balkenköpfen und Stützbügen im Giebelfeld sowie ein leicht vorgeschobener Treppenhausturm mit steilem Pyramidendach verleihen dem Gebäude einen schlössliartigen Charakter. Die nach Westen zur Strasse gerichtete Hauptfassade besass ursprünglich zwei Eingänge. Der prominentere führte im südlichen Gebäudeteil direkt ins erdgeschossige Postbüro (Eingang heute durch Fenster ersetzt). Der Wohnungszugang liegt leicht zurückversetzt in der arkadenartig gestalteten nordwestlichen Hausecke. Hier hat sich das bauzeitliche Türblatt mit floraler Fenstervergitterung erhalten. Zwischen die beiden grossen Fensteröffnungen des Treppenturms war im vertieften Brüstungsfeld ein kunstvoll verschnörkeltes Schweizerkreuz als Kennzeichen des staatlichen Postregals angebracht (heute überdeckt oder entfernt). Auf der Hausrückseite setzt sich die differenzierte Gestaltung über unregelmässigem Grundriss fort. So war in der Südwestecke eine Loggia mit darüber liegender Veranda vom eigentlichen Wohnraum ausgeschieden (heute ummauert). Den nordwestlichen Bereich nimmt ein eingeschossiger Vorbau mit Terrasse ein, der als Werkstatt und Holzlager diente. Das Innere zeichnet sich durch eine durchdachte, auf die Doppelnutzung als privates Wohnhaus und Postlokal zugeschnittene Raumorganisation aus. Vom nördlich gelegenen Hauseingang gelangt man über einen kleinen Vorraum in das grosszügig gehaltene Treppenhaus. Seitlich schliessen Küche und Stube, rückwärtig ein Abtritt und der Werkraum an. Von der Stube führt ein interner Durchgang in das geräumige Postlokal mit ehemals abgetrenntem Schalter- und Bürobereich. Im Obergeschoss reihen sich um einen winkelförmigen Gang vier grosszügig bemessene und ein kleineres Zimmer, im ansonsten offenen Dachraum ist auf der Südostseite eine zusätzliche Kammer ausgeschieden. Von der bauzeitlichen Ausstattung haben sich Parkettböden und einfache Gipsdecken, diverse Einbauschränke und vierteilige gestemmte Innentüren erhalten. Besondere Erwähnung verdient die mit Riffelglaseinsätzen versehene zweiflüglige Eingangstür zum Treppenhaus. Auch die hölzerne Wangentreppe mit Staketengeländer und gedrechseltem Antrittspfosten gehört zur originalen Einrichtung. Gleiches gilt für den crèmefarbenen Stubenofen mit floralen Reliefkacheln in der Art des Jugendstils. Ähnliche Motive wie am Ofen finden sich in der ansonsten modernisierten Küche auf blau bemalten Keramikplatten an der Feuerwand. |
Anmerkungen: | [1] Zur Geschichte des Postwesens in Unterentfelden vgl. Dorfchronik Unterentfelden 1996, S. 265-272; Linder 1987/77, S. 12-23. [2] Baupläne, Werkverträge und Abrechung befinden sich in Privatbesitz der Eigentümerschaft. |
Literatur: | - Heinz Baumann/Walter Linder, Mer luege zrugg, Alte Fotografien von Unter- und Oberentfelden, Schöftland 1984, S. 21. - Dorfchronik Unterentfelden, Unterentfelden 1996. - Walter Linder, Unterentfelden hat eine neue Post, in: Der Postillion, Entfelder Nachrichten, 1987/88. S. 12-23. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
|
|
URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=119719 |
|
Social Media |
Share | |
|