INV-MEL917 Bahnhofstrasse 24, 1898 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-MEL917
Signatur Archivplan:MEL917
Titel:Bahnhofstrasse 24
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordwesten (2012)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Mellingen
Adresse:Bahnhofstrasse 24
Versicherungs-Nr.:201
Parzellen-Nr.:198
Koordinate E:2662974
Koordinate N:1252710
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2662974&y=1252710

Chronologie

Entstehungszeitraum:1898
Grundlage Datierung:Brandkataster, Auskunft Eigentümer

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2013

Dokumentation

Würdigung:Das 1898 vom Ziegeleibesitzer und Stadtrat Oswald Biland direkt neben dem neuen Schulhaus erstellte Zweifamilienhaus ist ein zeittypischer Bau mit historistischen Stilmerkmalen, der im Innern durch die gut erhaltene bauzeitliche Ausstattung besticht. Der beispielhaft aus fabrikeigenen Baumaterialien erstellte Baukörper mit dem steilen Dach prägt aufgrund der vorgerückten Stellung die ostseitige Vorstadtbebauung entlang der Bahnhofstrasse. Einst „Aushängeschild“ der Ziegelei an zentraler, im Wachstum begriffener Lage zwischen Fabrikareal und Städtchen, ist der im Kontext der Ziegelei entstandene Bau heute als intakter Bauzeuge von besonderem gewerbegeschichtlichem Wert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Wohnhaus mit zwei abgetrennten Stockwerkswohnungen wurde 1898 als eines der ersten Gebäude in der Breite, direkt neben dem neu errichteten Schulhaus an der Bahnhofstrasse erstellt. Es gehörte Oswald Biland, der 1886 neben der Station Mellingen eine mechanische Ziegelei gegründet hatte, und lag somit an der Verbindungsachse zwischen Fabrikareal und dem Städtchen. Biland wohnte mit seiner Familie am nordöstlichen Rand der Ziegelei, wo er ein Wohnhaus mit Restaurantbetrieb, separater Ökonomie und Remise und ab 1910 eine Villa besass (Obere Bahnhofstrasse 24, 26 und 29 bzw. Vorgängerbauten). Er war nicht nur als Unternehmer erfolgreich, sondern machte sich auch im Stadtrat, als Mitglied der Kirchen- und Schulpflege und als Grossrat verdient [1]. Nach seinem Tod 1916 ging das Haus Bahnhofstrasse 24 an seinen Sohn, den Chemiker Dr. Hans Biland über, der es 1919 an den Fabrikanten Jean Schmid verkaufte [2]. Die Ziegelei wurde noch bis zur Erschöpfung der Lehmvorräte 1943 weitergeführt, an der Stelle der Lehmgrube befindet sich heute der Bahnhofweiher.
Die Bauweise des Hauses lässt keinen Zweifel daran, dass in allen möglichen Anwendungsbereichen fabrikeigene Ware zum Einsatz kam. Mit den verwendeten Ziegeln, Backsteinen, Hourdis und Zementkunststeinen wurde das Haus sozusagen zum Anschauungsbeispiel der von Biland fabrizierten und im Briefkopf beworbenen Bauteile und Materialien. Insofern war Bilands Haus an dieser Lage bestplatzierte Werbung für die Erzeugnisse seiner Fabrik!
Das Gebäude erfuhr in der Zwischenzeit nur geringe Veränderungen und ist sowohl am Äusseren wie im Innern nahezu unverändert erhalten.
Beschreibung:Das auf einer Parzelle nordwestlich des Schulhauses erstellte Wohnhaus eröffnet von Fislisbach her kommend die ostseitige historische Vorstadtbebauung. Es steht weit vorne an der Bahnhofstrasse und prägt mit seinem steilen, leicht geknickten Satteldach und einem übergiebelten Mittelrisalit mit Balkon den Strassenraum. Das Erdgeschoss des zweigeschossigen gemauerten Baukörpers ist durch Fugenstriche im Putz und ein abschliessendes Gurtgesims als Sockelgeschoss gekennzeichnet. Vertikal werden die Fassaden von zwei bis drei regelmässig verteilten Fensterachsen gegliedert.
Die hochrechteckigen Fenster werden von einfachen Zementgewänden mit Blockbänken und Konsolen eingefasst und zeigen an den oberen Geschossen als historisierendes Zierelement auf Sicht belassene Entlastungsbögen mit Schlussstein und seitlichen „Ohren“. Als Abdeckung für die Rollläden hat man sich ursprünglich gestanzte Lambrequins vorzustellen (heute ersetzt). Unter dem First ist jeweils eine backsteingefasste Lünette eingelassen, die im Zwerchgiebel mit einem kleinen Rechteckfenster zu einer Rundbogenöffnung zusammengefasst ist.
Den Hauptakzent bildet die vorspringende Mittelachse der Strassenfront, die durch gekuppelte Öffnungen und ein profiliertes Kranzgesims über dem Balkonausgang im ersten Obergeschoss ausgezeichnet ist. Am Balkon haben sich sowohl das schlichte bauzeitliche Eisengeländer als auch zwei kunstvoll geschmiedete Stützstreben erhalten. Ein zweiter Balkon befindet sich auf der Südostseite im Dachgeschoss.
Ein auf den Schweizer Holzstil verweisendes Zierelement sind die beschnitzten Pfettenköpfe und Büge. Als Auflager dienen letzteren kleine Konsolen aus Zementkunststein.
Der Hauseingang ist in der Mitte der zum Schulplatz gerichteten Stirnfront angelegt. Durch eine historisierende Füllungstür mit Oblicht und schwungvoll geformten Fenstergittern gelangt man ins Treppenhaus. Die in der südöstlichen Ecke des Hauses untergebrachte doppelläufige Wangentreppe besitzt ein Geländer mit gedrechselten Staketen. Zweiflüglige Wohnungstüren mit Riffelglaseinsätzen öffnen sich auf die Stockwerkswohnungen, deren Räume um einen mittleren Stichgang verteilt sind. Darin haben sich die bauzeitlichen Böden (zweifarbiger Tafelparkett im Wohnzimmer zur Strasse, Fischgratparkett in den anderen Zimmern), Füllungstüren und Wandschränke erhalten. Die reich verzierten Gusseisengriffe und Beschläge der alten Fenster wurden bei deren Erneuerung im ersten Obergeschoss wiederverwendet.
Der mit einer Hourdisdecke versehene Keller weist bemerkenswert hohe Räume auf. Eine Besonderheit der Bauherrschaft Biland ist der Fussbodenbelag aus Backsteinen. In die Leibungen der Kellerfenster sind spezielle Lüftungskanäle eingelassen, wie sie im Wohnungsbau des späten 19. Jh. typisch sind. Bei diesem System war das Kellerfenster ursprünglich innen angeschlagen und aussen lediglich ein Gitter angebracht, damit trockene kalte Luft durch den Kanal zum Boden geführt werden konnte, wo sie sich erwärmte und Feuchtigkeit aufnehmen konnte.
Das Wohnhaus ist von einem teils mit immergrünen Koniferen bepflanzten Garten umgeben, der strassenseitig von einem niedrigen Mäuerchen und hinten von einem Metallzaun eingefasst wird. Das reich verschnörkelte schmiedeeiserne Gartentor wird von zwei gemauerten Pfeilern flankiert.
Anmerkungen:[1] Reussbote 1989, S. 3.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0051: Brandkataster Gemeinde Mellingen 1899-1938.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Mellingen. Bilder einer aargauischen Kleinstadt, Mellingen 1996, S. 108-109 (Abb.).
- Rainer Stöckli, Rund um Mellingen, Mellingen 1997, S. 17-18.
- 100 Jahre "Bahnhöfli", in: Der Reussbote, Nr. 118, Freitag 29. September 1989, S. 2-3.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0051: Brandkataster Gemeinde Mellingen 1899-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=120172
 

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