INV-REI947 Villa Sonnenbergstrasse 39, 1910-1912 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REI947
Signatur Archivplan:REI947
Titel:Villa Sonnenbergstrasse 39
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2011)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Reinach (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Sunneberg
Adresse:Sonnenbergstrasse 39
Versicherungs-Nr.:717
Parzellen-Nr.:1124
Koordinate E:2657198
Koordinate N:1233726
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657198&y=1233726

Chronologie

Entstehungszeitraum:1910 - 1912
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa

Dokumentation

Würdigung:Heimatstilvilla von 1910-12, welche eine für die damalige Zeit typische, aufwändig variierte und nutzungsbetonte Fassadengestaltung sowie eine bewegte Dachlandschaft zeigt. Das gut erhaltene, stattliche Haus birgt im Innern eine qualitätsvolle und originelle Ausstattung, welche teilweise aus einer späteren Umbauphase von 1929 stammt. Die von einem gepflegten Park umgebene Villa gehört zu den ersten Wohnsitzen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts am Sonnenberg errichtet wurden. Sie vertritt eine neue Generation von bürgerlichen Wohnbauten, welche sich losgelöst von der Industrie herausbildete und sich durch die schöne Lage am locker durchgrünten Ortsrand, fernab von Verkehr, Schmutz und Lärm, auszeichnete.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die wechselhafte Besitzer- und Nutzungsgeschichte kann hier nur auszugsweise wiedergegeben werden: 1910-12 wurde die Villa für den Lehrer Albert Schäfer am noch wenig bebauten Südwesthang des Ischlag erstellt [1]. 1923 wechselte die Liegenschaft an "Hans Heitz, Rd's [= Rudolfs], Kaufmann in London", der im Tabakgeschäft tätig war [2]. Die massive Erhöhung des Versicherungswertes von 31'300 auf 63'000 Franken 1929 deutet auf umfangreiche Umbauarbeiten hin. Am besten sind diese in der Erweiterung des Salons durch einen eingeschossigen Anbau nach Südosten fassbar, was eine Umgestaltung des ganzen Innenraums mit sich brachte. Die zum Wandtäfer gehörende, mit einem Pferdemotiv beschnitzte Supraporte mit Jahreszahl 1929 verweist auf das Gestüt, das damals auf dem Areal geführt wurde. Vermutlich stammen auch die Stuckdecken (Salon, Windfang), das Treppenhaus (insbesondere die volutenförmigen Antrittspfosten) und einige Bodenbeläge (Parkett, Fliesen) sowie Keramikwandverkleidungen aus dieser Zeit. Zumindest zeitweise wurde das Haus auch als Zweifamilienhaus genutzt. Unter den heutigen Eigentümern wurden vor einigen Jahren am südwestseitigen Walm einige Sonnenkollektoren montiert. Während das nach Südosten gerichtete Fenster des Salonanbaus zu einer raumhohen Glasfläche vergrössert wurde, welche den Blick in den Garten freigibt, hat man das obere WC-Fenster auf der Rückseite des Hauses bei der Einrichtung eines neuen Badezimmers zugemauert.
Beschreibung:Die zwischen 1910 und 1912 im Heimatstil erbaute Villa erhebt sich oberhalb der Sonnenbergstrasse am Südwesthang des Ischlag. Die gemauerten, am Dachgeschoss von einem Schindelschirm geschützten Fassaden zeigen eine zeittypische, nach allen Seiten individuelle Gestaltung mit Vor- und Rücksprüngen, welche von einer ebenso bewegten Dachlandschaft abgeschlossen wird. Der zweigeschossige Baukörper trägt ein geschweiftes Teilwalmdach, das nach Südosten mit einer Lukarne besetzt ist und auf der Nordwestseite von einem abgewalmten, teilweise aus der Fassade vorspringenden Treppenhaus überhöht wird. Die Dachhaut besteht noch aus alten Biberschwanzziegeln. Die mit Grobputz beworfenen Fassaden werden am zweiten Obergeschoss auf der Südwest- und Südostseite von einem auf Sohlbankhöhe durchgezogenen Zementband horizontal gegliedert. In der Südostecke befindet sich ein eingeschossiger Anbau mit Altan, während auf der talwärts gerichteten Südwestseite ein Erker aus dem Obergeschoss ragt. An das in der Mitte der Nordwestfassade vorspringende Treppenhaus fügt sich in der Westecke ein eingeschossiger Gebäudeteil an, während die Ostecke bis unter die Dachtraufe aufgeführt ist. Die Fensteröffnungen werden mit Ausnahme der Dachgeschoss- und Erkerfenster (Holzrahmen) von gefalzten Gewänden aus gelblichem Kunststein mit Scharrieroptik eingefasst. Die nach historischem Vorbild in Holz erneuerten Fenster weisen unterschiedliche Sprosseneinteilungen und teilweise Oberlichter auf. Dazu haben sich die in Ölfarbe gestrichenen, hölzernen Jalousieläden aus der Bauzeit erhalten. Der südwestseitig über eine siebenstufige Freitreppe mit gemauerter Brüstung zu erreichende Hauseingang wird von einem Gesims bekrönt und seitlich von glatt verputzten Ecklisenen mit Gesimsabschlüssen eingefasst.
Die zweiflüglige Aussentür öffnet sich auf einen Windfang mit Stuckdecke und gekachelten Wänden. Von hier gelangt man durch eine zweite Tür in den zentralen Vorraum mit Treppenanlage, welche gedrechselte Staketen und volutenförmig beschnitzte Antrittspfosten aus Eichenholz besitzt. Zur linken Seite des Eingangs hat sich eine kunstvoll mit Pilastern und Eierstab beschnitzte, eichene Einbaugarderobe samt Kästchen aus der Bauzeit erhalten. Um den Vorraum sind im Uhrzeigersinn ein Nebenraum, die Küche, das WC, der Salon und das Esszimmer angelegt. Fast überall ist Fischgratparkett verlegt, der zumindest teilweise von 1929 stammen dürfte. Das Cheminée im Salon, welches aus einem möbelartigen Rahmen mit Marmorplatte und einer messingfarbenen Metallhaube in Hämmeroptik besteht, gehört noch zur Heimatstilausstattung des Hauses. Die Stuckdecke kam hingegen erst mit der Erweiterung des Raumes hinzu, ebenso das von einem in Nussbaum geschnitzten Akanthusfries begleitete Täfer und die Türrahmung, welche mit ihrer reliefierten Supraporte teilweise die Stuckverzierung verdeckt. Letztere zeigt inmitten von rahmendem Blattwerk ein über die Jahreszahl 1929 springendes Pferd und eine Landschaft mit spitzem Turm im Hintergrund. Die Decke des angrenzenden Esszimmers war laut Eigentümer ursprünglich durch dekorative Balken gegliedert, welche bei einer jüngeren Renovation entfernt wurden.
Das Obergeschoss umfasst auf der Südostseite zwei grosse Zimmer, von welchen dasjenige mit dem Erker nahezu vollständig mit Feldertäfer ausgestattet ist und einen effektvollen zweifarbigen Fischgratparkett besitzt. Ausser einem Bad befindet sich auf diesem Stockwerk noch ein origineller, von einer hölzernen Tonne überwölbter offener Raum mit Einbauschränken. Im zweiten Obergeschoss sind über variiertem Grundriss mehrere kleinere Zimmer eingerichtet, welche wie die unteren Räume noch ihre bauzeitlichen Füllungstüren bewahren. Von hier führt eine schmale einläufige Stiege auf den Dachboden.
Der Keller ist sowohl im Innern über das Treppenhaus zu erreichen als auch über einen nordwestseitigen äusseren Abgang.
Die Villa steht auf einer gepflästerten Plattform am Hang, die über eine private Auffahrt erschlossen ist. In die Gestaltung des grosszügigen Umschwungs, welcher mit Stützmauern, Tannen und anderen Gewächsen sowie einer Bronzeskulptur noch ältere Teile umfasst, fügen sich jüngere Elemente wie ein kleiner Weiher, Terrassierungen und Staudenbepflanzungen am Hang. Ostseitig ist ein grosses Gewächshaus in den Hang gebaut, in welches später zwei Garagen integriert wurden.
Anmerkungen:[1] Ein Zeitungsfund von 1910 könnte auf den Beginn der Planungs- und Bauarbeiten im selben Jahr hindeuten (freundl. Auskunft Gerhard Döbeli), während der Eintrag im Brandlagerbuch häufig verspätet erfolgte. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
[2] Freundliche Mitteilung von Gerhard Döbeli betreffend Hans Heitz sowie zum Gestüt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Reinach 4141-7.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 380.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=122002
 

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