INV-SEO903 Seetalstrasse 61, 1797 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SEO903
Signatur Archivplan:SEO903
Titel:Seetalstrasse 61
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Hauptansicht von Süden (2014)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Seon
Hist. Name Objekt:"Blauhaus", ehem. "Bären"
Adresse:Seetalstrasse 61
Versicherungs-Nr.:234
Parzellen-Nr.:1121
Koordinate E:2654523
Koordinate N:1244113
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2654523&y=1244113

Chronologie

Entstehungszeitraum:1797
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof

Dokumentation

Inschriften:"SM LR 1797" (Hauseingang)
Würdigung:Durch Untervogt Samuel Lüscher errichtetes Bauernhaus, das als stattlicher spätbarocker Mauerbau von 1797 in Erscheinung tritt und bis 1819 die Gastwirtschaft "Bären" beherbergte. Der Wohnteil bewahrt mit den axial gesetzten stichbogigen Fenstern, dem grosszügigen Eingangsportal und der charakteristischen Giebelründe weitgehend noch das bauzeitliche Erscheinungsbild, während der Scheunentrakt im Laufe der Zeit mehrfach verändert und ungenutzt worden ist. Mit seiner grosszügigen Bauweise repräsentiert das Gebäude die gehobene wirtschaftliche und soziale Stellung des Erbauers. Der lang gestreckte, traufständig zur Dorfstrasse angeordnete Baukörper nimmt eine beherrschende Stellung im Ortsbild ein.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss Inschrift am Schlussstein wurde das Gebäude 1797 durch Samuel Lüscher (1750-1822), letzter Untervogt in Seon, erbaut [1]. Bis 1819 bestand hier eine Gastwirtschaft, daraufhin ging das Tavernenrecht an den heutigen Gasthof "Bären" im Unterdorf über (Bauinventarobjekt SEO923).
Im Brandkataster von 1850 ist das Gebäude als "2-stöckiges Wohnhaus mit Kaufladen, zwei Gewölbekellern, Scheune, Waschhaus und Holzschopf", in den Händen von Johannes Lüscher, Handelsmann, verzeichnet. Anschaulich werden die Wohn- und Lebensverhältnisse der Familie "Vogt's Lüscher" während der Zwischenkriegszeit von Dr. Felix Schwank in seinen Kindheits- und Jugenderinnerungen beschrieben, als er seine Grossmutter Anna Klara Lüscher im "Blauhaus" besuchte: "In der Stube, wo gegessen und gewohnt wurde, stand der grosse, blaue Kachelofen. (….) Es gab keine schönere Wärme, wenn man aus der Kälte kam, als die auf der 'Chuuscht'. (…) Die Schlafzimmer im ersten Stock, fünf an der Zahl, waren nicht geheizt. Es gab zwar Öfen, die alle auf den Gang gingen. Aber die wurden nur in Notfällen gebraucht. Dort wo man schlief, war das Reich der Steinsäckli." [2]. Den Ausführungen von Felix Schwank zufolge betrieb der Grossvater am Aabach einst eine Zigarrenfabrik, die so genannte "Stampfi", und hatte sein Büro im "Blauhaus" neben der Stube eingerichtet.
Der Scheunentrakt erfuhr im Laufe der Zeit einige Umbauten und Nutzungsänderungen. Schon im frühen 19. Jh. wurden eine zusätzliche Wohnung und ein Ladenlokal eingerichtet. 1952 erfolgte der Einbau einer Autogarage durch Ernst Hauri, den Mitbegründer des auf der anderen Strassenseite gelegenen Möbelhauses (Bauinventarobjekt SEO902). Vor kurzem hat man die Ökonomieräume modernisiert und das Dachgeschoss zu Wohnraum ausgebaut. Zur Belichtung wurden die Dachflächen mit Gauben ausgestattet.
Beschreibung:Die auffällige Farbgebung der Fassaden hat dem ehemaligen Gasthaus zum Bären die volkstümliche Bezeichnung "Blauhaus" eingebracht. Der traufständig in die Biegung der Seetalstrasse gestellte Baukörper ist ein stattlicher gemauerter Vielzweckbau spätbarocker Prägung, welcher unter einem leicht geknickten Satteldach mit Gehrschild und verschaltem Giebelbogen (Ründe) ruht. Den lang gestreckten Baukörper fassen gequaderte Ecklisenen mit skulptierten Kapitellen ein. Der Wohnteil ist an der strassenseitigen Trauffront mit sechs und an der Stirnseite mit drei Fensterachsen besetzt. Die stichbogigen Fenstergewände mit den kräftig profilierten Simsen sind aus Muschelkalk gefertigt, desgleichen die Tür- und Torumrahmungen und die doppelläufige Treppe zum vorderen Hauseingang. Besonders auf¬wändig präsentiert sich das strassenseitige Hauptportal mit reich pro-filiertem Stichbogengewände und Gesimsbekrönung [3]. Der Schlussstein trägt die Initialen "SM LR" des Bauherrn Samuel Lüscher nebst dem Baudatum 1797. Ebenfalls dem Originalbestand zuzurechnen ist die schmucke zweiflüglige Haustür mit charakteristischen Louis XVI-Formen, während die Verschalung des Fluggespärres (Ründe) möglicherweise erst nachträglich erfolgte.
Die innere Raumordnung zeigt ein gängiges Muster mit längs dem Tenn durchlaufendem Hausgang und vierteilig angeordneten Räumen. Die Wirtsstube dürfte sich im strassenseitigen Vorderhaus befunden haben. Hausinneres vermutlich modernisiert.
Der südöstlich an den Wohnteil anschliessende, grosszügig konzipierte Scheunentrakt besass ursprünglich wohl die Nutzungsabfolge Tenn-Futtertenn-Stall (Mittertennhaus). Erhalten geblieben ist das zentral gesetzte Tennportal mit dem zeittypischen Rundbogen aus Muschelkalk und modern verglaster Öffnung. Vom ehemals baumbestandenen Vorplatz ist einzig noch die Brunnenanlage vorhanden (Bauinventarobjekt SEO932G).
Anmerkungen:[1] Sein ebenfalls als Untervogt amtierende Vater, Christoph Lüscher, hatte 1769 das "Lüscherhaus" am Berg errichten lassen (Bauinventarobjekt SEO917). Näheres zur Familie Lüscher und zum Untervogtsamt in Wyrsch 1976, S. 4-8.
[2] Schwank 1992/93, S. 5-13. Der 1922 geborene Dr. Felix Schwank war langjähriger Stadtpräsident von Schaffhausen.
[3] Das praktisch identische Türgewände am 1801 errichteten heutigen Gasthof "Bären" im Unterdorf (Bauinventarobjekt SEO923) dürfte vom gleichen Steinhauer stammen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A
Literatur:- Günter Windfelder/Felix Müller/Willi Wyrsch/René Lenzin, Seon – eine Dorfgeschichte, Seon 1992.
- Felix Schwank, Kindheits- und Jugenderinnerungen an das Seon der Zwischenkriegszeit, in: Seener Spiegel 1992/93, S. 5-13.
- Willi Wyrsch, Samuel Lüscher (1750-1822) und das Blauhaus, in: Seener Spiegel 1976, S. 4-8.
- Willi Wyrsch, Eine Reise nach Amerika um die Jahrhundertwende, in: Seener Spiegel 1992/93, S. 24-32.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 57.
- Michael Stettler/Emil Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg, Basel 1953, S. 212.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0450-0453: Brandkataster Gemeinde Seon 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126434
 

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