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INV-SEO931 Ausserdorfstrasse 15, 1752 (Dossier (Bauinventar))
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1752 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Dokumentation |
Würdigung: | Mitte des 18. Jahrhunderts errichtetes und wenig später ostseitig erweitertes ehemaliges Strohdachhaus, das seine charakteristisch abgewalmte Dachform und wesentliche Teile der in Holz und Stein aufgeführten Wände bewahrt hat. Insbesondere die südliche, hölzerne Stubenfront zeigt mit den zeittypischen Reihenfenstern, den durchlaufenden profilierten Gurtgesimsen und dem auffällig geschweiften Haustürsturz noch das ursprüngliche spätbarocke Gesicht. In der Stube ist ein Kachelofen mit aufwändig gestalteter Sitzkunst von 1807, aus der Werkstatt des Aarauer Hafners Johann Jakob Fischer, erhalten. Die gut belegte Bau- und Nutzungsgeschichte des „Statthalterhauses“ spiegelt eindrücklich den sozialen Aufstieg der Erbauerfamilie Döbeli. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Gebäude weist eine vielfältige Baugeschichte auf, welche trotz dendrochronologischer Analyse nicht in allen Teilen geklärt ist [1]. Nach den heutigen Erkenntnissen kann von einem Kernbau von 1752 ausgegangen werden, bei dem allerdings auch ältere Bauteile von 1735 verwendet wurden. Bauherr dürfte demnach Daniel Döbeli (1726-1799), möglicherweise auch sein Vater Hans U. Döbeli, gewesen sein. In späteren Jahren bewohnte Sohn Samuel die Liegenschaft. Samuel Döbeli (1752-1823) war Friedensrichter und bekleidete das Statthalteramt, weshalb das Gebäude im Volksmund auch „Statthalterhaus“ genannt wird. Gemäss dendrochronologischer Analyse fand um 1769, also nur kurze Zeit nach der Erbauung, eine ostseitige Verlängerung des Wohnteils statt. Zu den bereits bestehenden Räumen (Küche, Stube, Gang) kamen eine Nebenstube und zwei kleinere Kammern hinzu, und an den Gewölbekeller des Kernbaus wurde ein Keller mit Balkendecke (Trämkeller) angefügt. Damit einher ging eine nordseitige Erweiterung im Bereich der Küche, so dass der alte Aussenabgang zum Keller neu ins Hausinnere zu liegen kam. Mit der Aufrichtung einer massiven Bruchsteinmauer an der östlichen Stirnseite und im rückwärtigen nördlichen Bereich des Wohnteils wurde der ursprüngliche Bohlenständerbau in eine Mischkonstruktion aus Holz und Stein umgewandelt. Im Gegensatz zu den Ansatzstellen im Dachgebälk (Hochstudkonstruktion 2004 entfernt) ist die Anbauphase an der südlichen hölzernen Stubenfassade (Schwellen, Wandrähme) heute noch gut ablesbar. Eine in die Ofenwand der Stube eingemauerte alte Kachel mit der Jahreszahl „1772“ ist ebenfalls mit dieser Erweiterungsphase in Verbindung zu bringen (vgl. Bilddokumentation). Eine Generation später wurde der heutige Kachelofen aufgesetzt, dessen Inschriften „1807“ (Ofenfuss) und „SA.DO 1807“ (Ofenkachel) Bezug auf den damaligen Eigentümer Samuel Döbeli nehmen. Von den zahlreichen Nachkommen des 1823 verstorbenen Samuel Döbeli übernahm dessen gleichnamiger Sohn (1794-1866), späterer Gemeinderat von Seon, die Liegenschaft. Im Brandkataster von 1850 wird das Gebäude als „Wohnhaus mit gewölbtem und Tremkeller samt Scheune mit 2 Schöpfen, von Mauer und Holz, mit Strohdach“ bezeichnet [2]. Der Strohbelag wurde in der Folge erst 1925 durch Ziegel ersetzt. In den 1970er und 80er Jahren fanden verschiedene bauliche Eingriffe statt. So wurde der ehemalige Scheunentrakt zu Garage und Werkstatt umfunktioniert und mit neuen Böden und Decken (Beton, Backstein) versehen. Der interne Kellerabgang von der Küche wurde aufgehoben und stattdessen ein neuer Aussenabgang auf der Südseite geschaffen. Einen bedeutenden Verlust an historischer Bausubstanz stellte der 2004 erfolgte Totalersatz der alten, rauchgeschwärzten Hochstudkonstruktion durch ein neues Dachgerüst dar. |
Beschreibung: | Das an der Alten Landstrasse gelegene „Döbelihaus“ leitet die historische Strassenbebauung des Ausserdorfs ein. Mit seinem markanten, weit heruntergezogenen Vollwalmdach offenbart sich der bäuerliche Vielzweckbau als ehemaliges Strohdachhaus. Der unter der imposanten Dachfläche geborgene Baukörper ist in West-Ost-Ausrichtung stirnseitig an die Strasse gestellt. Der ostseitig gelegene Wohnteil blickt mit seiner hölzernen Stubenfront nach Süden. Hier ist die traditionelle Holzbauweise der Region mit Ständergerüst, liegenden Bohlenfüllungen und verblatteten Kopfhölzern noch in praktisch unveränderter Form ablesbar. Die spätbarocke Formensprache manifestiert sich in der Reihenbefensterung mit durchlaufend profilierten Brustriegeln und in der profilierten Türrahmung mit geschweiftem Sturzholz. Die Hauserweiterung von 1769 ist aufgrund der Ansatzstellen im Bereich der mächtigen Eichenschwelle und der Gurtgesimse unschwer ablesbar. Nach Osten und Norden wird der vergrösserte Wohnteil von massiv aufgeführten Bruchsteinmauern umfasst, wobei die Nordfassade deutlich vor die alte Gebäudeflucht des hölzernen Kernbaus gesetzt ist. Im Gegensatz zu den gut erhaltenen Hausfassaden ist die rauchgeschwärzte Hochstud-Dachkonstruktion, an welcher lehrbuchmässig die beiden Bauphasen von 1752 und 1769 abzulesen waren, einem Umbau von 2004 zum Opfer gefallen (vgl. Kurzinventar von 1999). An wertvoller historischer Ausstattung haben sich in der Stube ein aus grünen, glatten Kacheln aufgesetzter Kastenofen und eine Sitzkunst mit balusterartigen Sandstein-Ofenfüssen (dat. 1807) erhalten. Die weissgrundigen Zierkacheln zeigen eine qualitätvolle sepiablaue Bemalung (Landschaften mit idyllischen Ruinen in Rocaillerahmen). Eine Kachel trägt die Initialen SA.DO für Samuel Döbeli und die Jahreszahl 1807, eine zweite die Initialen „IF“, die als Hafner- oder Ofenmaler-Signatur zu lesen sind. Es dürfte sich dabei um das Monogramm des Aarauer Hafners Johann Jakob Fischer (1746-1809) handeln, für den der Zürcher Ofenmaler Conrad Kuhn (1767-1827) tätig war [3]. Weiterhin erwähnenswert ist in der Stube ein firstparalleler Deckenunterzug mit Mittelprofil, welcher wohl zum Kernbau aus der Mitte des 18.Jh. gehört. Am stärker veränderten ehemaligen Scheunentrakt sind als historisch wertvolle Bauteile die alten, holzgenagelten Tenntore mit aufgemalten, allerdings stark verblichenen Zimmermannswerkzeugen erhalten. |
Anmerkungen: | [1] Zur Bau- und Nutzungsgeschichte vgl. Gutachten von Dr. Benno Furrer, Schweizerische Bauernhausforschung Zug, Januar 1995. Dendrochronologische Altersbestimmung durch Dendrolaboe Heinz Egger 1995. [2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0450-0453: Brandkataster Gemeinde Seon 1850-1938. [3] Ein mit nahezu identischen Zierkacheln geschmückter Kachelofen von 1793 aus der Werkstatt von Johann Jakob Fischer ist aus Rupperswil bekannt (Stettler/Maurer 1953, S.174). Vgl. auch Räber 2002, S. 198, 199 (Abb. 406). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A. |
Literatur: | - A. Müri, Zum Umschlafbild: Das "Haus Döbeli" oder "Statthalterhaus" im Ausserdorf, in: Seener spiegel 1975, S. 4-6. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 124 (Abb. 225). |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0450-0453: Brandkataster Gemeinde Seon 1850-1938. - Benno Furrer, Gutachten betreffend Haus Vers.-Nr. 296 Ausserdorfstrasse 15, Gemeinde Seon, Bericht Januar 1995 (Archiv Denkmalpflege Aargau) - Dendrolabor Heinz Egger, Seon - Ausserdorfstrasse 15, Dendrochronologische Analyse des Kernbaus und des Anbaus, Bericht Januar 1995 (Archiv Denkmalpflege Aargau). - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Materialien, Seon Haus Döbeli. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126462 |
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