INV-TUR914 Villa "Sonnenschein" mit Parkanlage, 1900 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-TUR914
Signatur Archivplan:TUR914
Titel:Villa "Sonnenschein" mit Parkanlage
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von der Kronenstrasse (2015)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Turgi
Adresse:Kronenstrasse 11
Versicherungs-Nr.:154
Parzellen-Nr.:121
Koordinate E:2661559
Koordinate N:1260585
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2661559&y=1260585

Chronologie

Entstehungszeitraum:1900
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Autorschaft:Jacques Kehrer, Architekt, Zürich
Würdigung:Malerisch-asymmetrisch gegliederte Villa des Späthistorismus, die im Jahr 1900 nach Plänen von Jacques Kehrer in Zürich erbaut wurde. Das qualitätvoll gestaltete und intakt erhaltene herrschaftliche Wohngebäude ist zeittypisch in Formen der Gotik und der deutschen Renaissance gehalten und durch Bauplastik besonders reich instrumentiert. Mit ihrem bauzeitlichen Interieur steht die Villa „Sonnenschein“ für die gehobene Wohnkultur der Jahrhundertwende. Bemerkenswert ist die reizvolle, im Sinn des englischen Gartens gestaltete Parklandschaft mit ihrem alten und seltenen Baumbestand.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Wohngebäude wurde 1900 im Auftrag des Fabrikantenehepaars Peter und Nina Zai-Kappeler errichtet. Die Pläne stammten vom Zürcher Architekten Jacques Kehrer, der seit 1880 zusammen mit Karl Knell (gest. 1901) das Architekturbüro Kehrer & Knell führte und in dieser Arbeitsgemeinschaft wie auch später alleine zahlreiche öffentliche und private Bauten in den Kantonen Zürich, Aargau und Glarus realisierte [1].
Vor einigen Jahren wurde, von der Villa möglichst weit abgesetzt, in der Südwestecke des Parks ein Mehrfamilienhaus errichtet [2].
Beschreibung:Die Villa „Sonnenschein“ liegt in einem reizvollen, noch heute sehr ausgedehnten englischen Park, der zur Entstehungszeit sogar den ganzen Ostabschnitt der Turgemer Halbinsel einnahm. Von der Villa führte damals ein schnurgerader Weg, von dem noch eine Treppe erhalten ist (Bauinventarobjekt TUR928), durch die Parkanlage bis vor das östliche der beiden Verwaltungsgebäude der Spinnerei (Bauinventarobjekt TUR907). Erhalten hat sich der seltene Baumbestand (u.a. Ginkgo). Beachtenswert ist auch die originale Einfriedung mit Schmiedeeisengittern, die sich mit einem kleinen Tor und einer breiten Vorfahrt samt aufwendig behauenen Granitpfosten zur Kronenstrasse öffnet.
Die späthistoristische Villa ist nach einem zeitgenössisch beliebten Modell malerisch-asymmetrisch gegliedert und mit Motiven der Neugotik und der deutschen Renaissance reich instrumentiert. Auf annähernd quadratischem Grundriss erhebt sich der durch Vor- und Rücksprünge in verschiedene Volumen artikulierte Baukörper, der als zweigeschossiger verputzter Mauerbau auf einem grob bossierten Hausteinsockel aufsetzt. Er wird von einem Stockwerkgesimse umfangen und an den Kanten von einzelnen Bossenquadern gefasst. Den Abschluss bildet zeittypisch ein gekapptes Walmdach mit Quergiebeln, von denen jene nach Süden, Osten und Norden als seitlich plazierte Dreiecksgiebel mit Blendfachwerk gestaltet sind. Die Eingangsfassade auf der Westseite hingegen ist als einzige annähernd symmetrisch gegliedert und besitzt über dem mittigen Treppenhausrisalit einen von der Strasse her sogleich ins Auge fallenden, kielbogig geschweiften Jugendstil-Giebel.
Der im Treppenhausrisalit gelegene Hauseingang wird von einem aufwendigen gotisierenden Gewände gefasst, über dem sich eine von Wandvorlagen gefasste, floral verzierte Supraporte mit dem als Spruchband eingefügten Hausnamen erhebt. Darauf sitzt wiederum ein gekehltes Kreustockfenster, welches über eine Kunstverglasung das Treppenhaus belichtet. Es wird von einem in Renaissanceformen gehaltenen Frauenkopf mit segmentbogiger Verdachung abgeschlossen. Die beiden seitlichen Fensterachsen der Westfassade zeigen analog zu den Einzelfenstern der übrigen Fassaden im Erdgeschoss segmentbogige, im Obergeschoss rechteckige Gewände mit Kehlungen und kämpferartigen Quaderstücken. Auf der rechten Fassadenseite ist im Obergeschoss das Allianzwappen Zai-Kappeler als Relief eingelassen.
Die aufwendigste Hausteininstrumentierung zeigen zwei Vorbauten an der als Hauptschauseite zum Park ausgebildeten Südfassade: ein Erkervorbau mit dreiteiligem Segmentbogenfenster unter dem Dreiecksgiebel und ein zweiachsiger, ursprünglich wohl offener Verandavorbau in der einspringenden Gebäudeecke neben dem Giebelrisalit, die beide im Obergeschoss Balkone mit Masswerkbrüstung tragen. Im Giebelrisalit öffnet sich ein dreiteiliges Staffelfenster mit Balkonausgang, im Hauptbaukörper eine einfache Tür. Der Dreiecksgiebel, der in den geschwungenen Formen des Blendfachwerks Anklänge an den Jugendstil erkennen lässt, ist wie seine Pendants an den anderen Fassaden in Anspielung auf den Hausnamen mit geschnitzten Sonnenmotiven belebt. Einfacher gestaltet sind die ebenfalls zum Park gewandten Fassaden nach Osten und Norden, die vier, resp. drei Achsen von Einzelfenstern besitzen.
Inneres gemäss dem Kunstdenkmäler-Band von Peter Hoegger: „Zur vollständig erhaltenen Ausstattung des Salons gehören ein mannshohes Täfer mit Blendarkaden und gotisierenden Akanthusreliefs, ein bogenförmiger Verandazugang unter à jour gearbeitetem Masswerk, ferner ein Buffet, ein Tisch, diverse Stühle und eine entzückende Jugendstil-Uhr. Das Boudoir im Obergeschoss birgt eine originale Neurokoko-Möblierung." [3] Im Treppenhaus und im Salon haben sich farbige Kunstverglasungen mit floralen Motiven aus der Bauzeit erhalten.
Anmerkungen:[1] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 144; zu Jacques Kehrer (1854-1908) und Karl Knell (1853-1901) vgl. Rucki / Huber 1998, S. 306f.
[2] Verweben 2014, S. 64-67.
[3] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 145.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- ICOMOS. Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Turgi 4042-4.
- Gemeinde Turgi. Kommunales Inventar Bauten und Anlagen, bearbeitet durch das Büro Arcoplan, 1993, Nr. 5.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Landgemeinden des Limmattals, des Surbtals, des Aaretals und des Unteren Reusstals sowie das Kloster Fahr (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band VII), Basel 1995, S. 144f. (Text), 146f. (Abb.).
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 136.
- Isabelle Rucki / Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 306f. (zum Architekten).
- Verweben. Siedlungsentwicklung und historische Identität in der Gemeinde Turgi, hrsg. von der Gemeinde Turgi, Turgi 2014, S. 64-67.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
- Eigentümer: Pläne (gemäss Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 152, Plandokument 7).
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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Related units of description:siehe auch:
DOK-TUR839.001 Villa Sonnenschein, 1900 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=129085
 

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