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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1876 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | KOB004, KOB908A |
Nutzung (Stufe 1): | Verkehrs- und Infrastrukturbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Güterschuppen |
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Dokumentation |
Würdigung: | Wohl 1876 erbauter Güterschuppen, der in seltener Ausführung als Fachwerkbau mit Ausfachungen in Sichtbackstein konstruiert ist. Das renovationsbedürftige, aber in bemerkenswerter Vollständigkeit erhaltene Gebäude stellt einen wichtigen Zeugen seiner seltener werdenden Baugattung dar. Zusammen mit dem Aufnahmegebäude (Bauinventarobjekt KOB908A) und der teilweise ebenfalls in Sichtbackstein-Fachwerk errichteten Lokomotivremise (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB004) bildet der Güterschuppen ein gut erhaltenes und bedeutendes Ensemble aus der Frühzeit des schweizerischen Eisenbahnbaus, zu dem im weiteren Umfeld noch die Gitterfachwerkbrücke über den Rhein von 1859, der gleichzeitig erbaute Tunnel unter dem Frittel sowie die jüngere Eisenfachwerkbrücke über die Aare von 1892 gehören (Bauinventarobjekte KOB904, 905, 912). |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Koblenz erlebte seinen Anschluss an das Eisenbahnnetz mit dem Bau der Strecke Turgi-Waldshut, die am 18. August 1859 von der Schweizerischen Nordostbahn (NOB) eröffnet wurde und zum ersten Mal eine direkte Verbindung mit dem badischen und damit deutschen Eisenbahnnetz herstellte [1]. Aus der Entstehungszeit des Bahnhofs stammt noch das bestehende Aufnahmegebäude (Bauinventarobjekt KOB908A). Nachdem die Strecke über Koblenz mit der Eröffnung der Basler Rheinbrücke 1873 ihre Rolle als einzige Eisenbahnverbindung in das deutsche Rheintal bereits wieder eingebüsst hatte, gewann der Bahnhof Koblenz 1876 durch die Eröffnung der Strecke von Winterthur und Bülach neue Bedeutung. Wohl erst zu diesem Zeitpunkt entstand die anfänglich nicht vorhandene Lokomotivremise. Gleichzeitig verschob man den Güterschuppen, wobei es sich möglicherweise auch um einen vollständigen Neubau handelte [2]. Zumindest dürften die ungewöhnlichen Backsteinausfachungen der Fachwerkwände erst zu diesem Zeitpunkt entstanden sein, zumal eine solche Ausführung nicht dem Typenprojekt aus der Entstehungszeit des Bahnhofs, sondern der wohl ebenfalls zu diesem Zeitpunkt erbauten Lokomotivremise entsprach. Im Zusammenhang mit der Fortsetzung der linksufrigen Rheintalbahn nach Laufenburg und Stein wurde der Güterschuppen 1892 an der Südseite um 7.5 Meter verlängert [3]. Gleichzeitig oder wenig später dürfte die offene Halle an der Südseite entstanden sein. |
Beschreibung: | Der Güterschuppen des Bahnhofs Koblenz steht, durch das Dienstgebäude von 1970 getrennt, südlich des Aufnahmegebeäudes (Bauinventarobjekt KOB908A). Es handelt sich um einen vergleichsweise grossen Vertreter seiner Baugattung, was das ehemalige Güteraufkommen am Kreuzungsbahnhof Koblenz spiegelt. Der langgestreckte Baukörper erhebt sich auf einer südseitig fortgeführten Verladerampe und wird von einem flach geneigten Satteldach mit weitem Überstand abgeschlossen. Er ist als Sichtfachwerkkonstruktion mit Backsteinausfachungen ausgeführt, wie sie im schweizerischen Eisenbahnbau ausgesprochen selten war. Das konstruktive Gerüst entspricht in seiner Grundanlage der üblichen Bauweise von Güterschuppen, die in der Regel freilich nicht ausgefacht, sondern mit einer vertikalen Verbretterung abgeschlossen wurden. Gerade in Koblenz fand der Sichtfachwerkbau auch an der wahrscheinlich von 1876 stammenden Lokomotivremise (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB004) Verwendung. In ähnlicher Bauweise sind im Kanton Aargau sonst nur die Güterschuppen von Wohlen und Boswil ausgeführt, die allerdings beide von der Schweizerischen Centralbahn erbaut wurden [4]. Die Fachwerkkonstruktion bildet dabei ein rein orthogonales Muster aus Ständern und Riegeln, ohne Verwendung von Diagonalstreben. Das Obergeschoss ist in der für Güterschuppen geläufigen Weise mit einer vertikalen Verbretterung versehen, die unten in der Art des Schweizer Holzstils zierförmig ausgesägt ist. Die Verladerampen auf Bahn- wie auch auf Strassenseite werden von weit auskragenden Vordächern beschirmt, die sich auf weit vorstossende Dachbalken und Pfettenstreben stützen. Der ursprüngliche Bau umfasste die nördlichen vier Joche, die beidseitig im Rhythmus a-b-a-b-a mit drei Fenstern und zwei grossen Toren versehen waren; später fügte man die südlichen beiden Joche mit einem weiteren Tor und einem Fenster an. Mit Ausnahme der nachträglich vergrösserten mittleren Öffnung auf der Strassenseite verfügen alle noch über die bauzeitlichen, in der Art des Schweizer Holzstils verzierten Tore. Das zum Aufnahmegebäude gerichtete erste Joch enthielt das Büro, das an der nördlichen Stirnseite über zwei Einzelfenster belichtet wird und von der bahnseitigen Verladerampe über eine Tür zugänglich ist. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. An der Südseite des Güterschuppens ist eine als Holzkonstruktion realisierte, offene Verladehalle angebaut, die wohl aus der Zeit um 1900 stammt. Sie ist an der Stirnseite korbbogig verbrettert und wird von einem sehr flach geneigten Welleternit-Dach abgeschlossen. Bis vor einigen Jahren war an der Stirnseite noch die alte, emaillierte Bahnhofstafel „Koblenz“ vorhanden, die jetzt an der Lokomotivremise hängt. Das Gütergleis ist schon seit längerem verschwunden. |
Anmerkungen: | [1] Zur Geschichte der Eisenbahnstrecke vgl. Affolter 2009, S. 7-9. [2] Affolter 2009, S. 15f. Baupläne für den Um- oder Neubau des Güterschuppens sind in den Bauakten zur Strecke Turgi-Koblenz-Waldshut nicht vorhanden (SBB Historic, SBB_VGB_GEM_2001-008_039_01). [3] Affolter 2009, S. 16. [4] Vgl. Kurzinventar SBB 2013. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen. Kanton Aargau, SBB, Fachstelle für Denkmalpflege, 2013. |
Literatur: | - Claudio Affolter, Station Koblenz. Erster Grenzbahnhof der Schweiz (Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 853), Bern 2009, S. 15f. (zum Objekt) sowie passim (zum Kontext). |
Quellen: | - SBB Historic, Windisch: SBB_VGB_GEM_2001-008_039_01 (Situationsplan, Akten). |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=130878 |
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