INV-KOB909 Kath. Pfarrkirche St. Verena, 1958-1959 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-KOB909
Signatur Archivplan:KOB909
Titel:Kath. Pfarrkirche St. Verena
Bezirk:Zurzach
Gemeinde:Koblenz
Adresse:Schulstrasse 5
Versicherungs-Nr.:293
Parzellen-Nr.:645
Koordinate E:2660153
Koordinate N:1273310
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2660153&y=1273310

Chronologie

Entstehungszeitraum:1958 - 1959
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (röm.-kath.)
Epoche / Baustil (Stufe 3):Nachkriegsmoderne

Dokumentation

Autorschaft:Otto Sperisen (1902-1966), Architekt, Solothurn
Würdigung:Nach Plänen des Solothurner Architekten Otto Sperisen erbaute Katholische Pfarrkirche von 1958/59, welche der Heiligen Verena geweiht ist. Der Neubau ersetzte die im Hinterdorf gelegene und anschliessend abgebrochene alte Kirche, deren Verenastatue (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB002) in der neuen Vorhalle Aufstellung fand. Mit dem im Grund- und Aufriss trapezförmig verjüngten Kirchenschiff, dem freistehenden Glockenturm und den weit vorkragenden Flugdächern ist der Kirchenbau ein typischer Zeuge für die Architektur der 1950er Jahre. Zu dieser Gesamtkonzeption passen auch die sorgfältig gestalteten Details wie die Betonvergitterungen an der Eingangsfront oder das geschwungene, auf Stützen freitragend ausgebildete Vordach. Die Raumkonzeption belegt die Hinwendung des katholischen Kirchenbaus zum längsgerichteten Einheitsbau im Sinn der liturgischen Bewegung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:In Koblenz bestand in Verbindung mit dem Verenakult schon früh eine Kapelle. Der Vorgängerbau, der kurz nach dem Bezug der bestehenden Kirche abgebrochen wurde, erhob sich östlich des sogenannten Schlosses (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB003) in unmittelbarer Nachbarschaft des Schweri-Hauses (Bauinventarobjekt KOB903). Diese alte Kapelle ersetzte ihrerseits eine Vorgängerin, die beim Dorfbrand vom 12. Mai 1795 zerstört worden war, soll aber erst 1814 erbaut worden sein. Nach jahrelangen Bemühungen um die Abtrennung von der Pfarrei Klingnau wurde sie 1927 zur Pfarrkirche erhoben [1].
1958/59 entstand auf einem neuen, rund 150 Meter hangaufwärts gelegenen Bauplatz nach Plänen von Architekt Otto Sperisen, Solothurn, der bestehende Neubau [2]. Dieser konnte am 21. Juni 1959 nach fünfzehnmonatiger Bauzeit durch Bischof Franziskus von Streng geweiht werden. Die spätbarocke Verenastatue, die sich an der Westfassade der alten Kirche in einer Nische gestanden hatte, stellte man nach einer Restaurierung in der Vorhalle der neuen Kirche auf; sie wurde 1963 unter Denkmalschutz gestellt (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB002). Kreuzweg und Tabernakel wurden von Albert Wider geschaffen, der auch die von Kütele ausgeführte Farbverglasung entwarf (1959/60) [4].
Den sogenannten Verenastein, auf dem sich die Statue in der alten Nische erhoben hatte, fand man hingegen zu „schwerfällig & klobig“, weshalb man ihn im Vorgarten des Neubaus plazierte und an der Verenastatue selbst durch einen neuen Stein ersetzte [3]. Der Legende nach soll die Hl. Verena auf diesem Stein auf der Aare nach Koblenz gefahren sein, bevor sie schliesslich nach Zurzach gelangte. Es wurde vermutet, dass es sich gar um einen heidnischen Opferstein handeln könnte, dem durch diese Legende später eine christliche Bedeutung unterlegt wurde [5].
Beschreibung:Die katholische Pfarrkirche St. Verena erhebt sich auf einer Hangterrasse südöstlich oberhalb des alten Dorfes und der Bahnlinie nach Zurzach. Östlich schliesst das nur kurz vor der Kirche erbaute Schulhaus an. Für die Konzeption des Bauwerks könnte die katholische Kirche Bruder Klaus des bekannten Kirchenarchitekten Hermann Baur in Bern (1953/54) Pate gestanden haben [6]. Das Kirchenschiff weitet sich wie dort als freistehender Körper trapezförmig und mit ansteigendem Dach zur Eingangsfront, um derart gewissermassen den Vorplatz in den Kirchenraum einzubeziehen, und der Glockenturm ist ebenfalls wie dort in zeittypischer Weise seitlich freistehend vor dem Kirchenschiff aufgestellt. Auch könnten sich die Unterteilung des Eingangsvorbaus in zwei halbtransparente Seitenstreifen und eine stärker verschlossene Mittelpartie wie auch die differenzierte Lichtführung im Inneren direkt an das Berner Vorbild anlehnen.
Das Kirchenschiff ist als verputzter, weitgehend geschlossener Mauerbau ausgeführt, dem an der Stirnseite ein dreiteiliger Risalit vorgestellt ist. Der leicht erhöhte, eingezogene Chor, der sich nach Südosten richtet, ist als eigenständiger Flachdachkubus an das Schiff angeschoben. Über den in sich ungegliederten Aussenwänden greift ein durchlaufendes Fensterband von den Seitenfassaden an die Stirnseite über. Es betont gleichzeitig das weit vorspringende Flugdach, geradezu ein Leitmotiv der Architektur der 1950er Jahre. Der dreiteilige Eingangsrisalit ist in der Mittelpartie über dem Kircheingang schmucklos belassen, während die beiden seitlichen Streifen mit einem ornamentalen Betongitter in Kreuz- und Quadratformen halbtransparent gestaltet sind. In der wohl bauzeitlichen Farbfassung sind nur die Umrahmung des Risalits sowie die Betonvergitterungen ockergelb, alle übrigen Wandpartien hingegen weiss gehalten.
Vor dem Risalit erhebt sich ein sorgfältig gestaltetes Vordach, das freistehend als Scheibe über acht schlanken Eisenstützen ausgebildet ist und wiederum eine für die 50er Jahre charakteristische, geschwungene Form zeigt. Darunter liegt der vierteilige Eingang, der mit Aluminiumprofilen geometrisch akzentuiert wird. Die Eisenstützen des Vordachs sind vertikal mit Gräten besetzt, welche den Schaft von den beiden Auflagern trennen; sie werden von jeweils einem Kranz aus trichterförmigen Deckenstrahlern umfangen.
Der als freistehender Campanile ausgebildete Glockenturm antwortet mit seinem auffälligen Flugdach auf die Schräge des Hauptbaukörpers. Die beiden Längsseiten des Turms sind bis unter das Dach verschlossen; die leicht zurückspringenden Aussenwände der beiden Schmalseiten öffnen sich im Glockengeschoss über Betongitter, wie sie analog auch am Eingangsvorbau verwendet sind. Die Farbigkeit ist gegenüber dem Kirchenschiff umgekehrt, indem die Wandflächen am Turm ockergelb, seitliche Grate und Stockwerkbänder weiss gefasst sind. An den drei Seiten zum Dorf hin prangen grosse Zifferblätter in zeittypisch geometrisierten Formen.
Auf der Westseite verbindet ein gedeckter Korridor den Kirchenbau mit dem Pfarrhaus, das an dieser Stelle wohl schon ursprünglich geplant war, nach den Bauformen aber offensichtlich später ausgeführt wurde. Die zum Hang gewandte und kaum einsehbare Rückseite ist wenig gestaltet.
Das Kirchenschiff, das über eine Vorhalle betreten wird, verjüngt sich entsprechend dem Äusseren in Grundriss wie Aufriss konisch zum Chor hin. Es handelt sich nicht um einen Einheitsraum, doch ist die Altarzone wie generell im Kirchenbau der Nachkriegszeit stärker in das Schiff einbezogen, um die „aktive Teilnahme der Gläubigen an den liturgischen Handlungen“ zu stärken [7]. Das Schiff empfängt sein Licht durch das schmale, ornamental verglaste Fensterband direkt unter der Decke und die farbig verglasten Seitenstreifen des Eingangsrisalits. Den um einige Stufen erhöhten und architektonisch abgesetzten Chor dagegen beleuchtet auf der östlichen Längsseite ein raumhohes Fenster mit farbiger Kunstverglasung. Terrakottaboden und Bankreihen sind in bauzeitlichem Zustand erhalten; die Beleuchtungskörper wurden in Anlehnung an die ursprüngliche Form ersetzt. In der Vorhalle fand die Verenastatue (Kantonales Denkmalschutzobjekt KOB002) aus der abgebrochenen Kirche Aufstellung.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Seiler 1990, S. 95f. u. Mittler 1937, S. 138f. Angabe des Baujahrs in einem Schreiben von Pfarrer Meyer in Koblenz, 5.4.1961 im Kunstdenkmäler-Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[2] Baugeschichte nach Seiler 1990, S. 95f. und Schreiben von Pfarrer Meyer, 5.4.1961 (wie Anm. 1). Otto Sperisen (1902-1966) erbaute ausserdem 1937 die kath. Marien-Pfarrkirche von Oberbuchsiten SO anstelle des angebrochenen Kirchenschiffs von 1520, 1954-55 die kath. Pfarrkirche St. Johann Baptist in Härkingen SO, 1962-64 die kath. Kirche Urdorf ZH; 1963 die kath. Kirche Eschlikon TG 1963 (Lebensdaten nach SBZ, 84. Jg. (1966), S. 729).
[3] Schreiben von Pfarrer Meyer, 5.4.1961 (wie Anm. 1).
[4] Signatur „Wider / Kütele, 1959/60“ am Fenster der linken Chorseitenwand.
[5] Schreiben des Denkmalpflegers und Kantonsarchäologen Robert Bosch, 9.4.1961 im Kunstdenkmäler-Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[6] Vgl. zur Berner Kirche Furrer 1995, S. 92, 119f.
[7] Vgl. allg. Furrer 1995, S. 89-95 (Zitat) sowie Brentini 1994, S. 115-136.
Literatur:- Fabrizio Brentini, Bauen für die Kirche. Katholischer Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in der Schweiz, Luzern 1994, S. 115-136 (zum Kontext).
- Bernhard Furrer, Aufbruch in die fünfziger Jahre. Die Architektur der Kriegs- und Nachkriegszeit um Kanton Bern, 1939-1960, Bern 1995, S. 92, 89-95, 119f. (Vergleichsbeispiele).
- Christophe Seiler, Geschichte von Koblenz im 20. Jahrhundert, Koblenz 1990 (Sonderdruck aus: 5 mal 80 Jahre. Albert Stoll und sein Unternehmen, Kulturgeschichte des Bürostuhls, Geschichte von Koblenz und Waldshut, Koblenz 1990), S. 95f.
- Schweizerische Bauzeitung (SBZ), 84. Jg. (1966), S. 729 (zum Architekten).
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Kunstdenkmäler-Archiv.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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