INV-BES930 Zihlstrasse 12, 1830 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BES930
Signatur Archivplan:BES930
Titel:Zihlstrasse 12
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2016)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Beinwil am See
Ortsteil / Weiler / Flurname:Zihl
Adresse:Zihlstrasse 12
Versicherungs-Nr.:194
Parzellen-Nr.:643
Koordinate E:2657298
Koordinate N:1235405
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657298&y=1235405

Chronologie

Entstehungszeitraum:1830
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Inschriften:"HEB 1830" (Schlussstein Hauseingang)
Würdigung:Biedermeierlich geprägtes Bauernhaus von stattlicher Erscheinung, das 1830 für Johann Eichenberger errichtet wurde. Das mehrheitlich gemauerte Gebäude ist am Wohnteil in zeittypischer Weise durch axial bezogene Einzelfenster streng gegliedert und nimmt mit seinen drei Schauseiten auf die benachbarte Strassenkreuzung Bezug. Es hat Bausubstanz wie auch Erscheinungsbild aus seiner Entstehungszeit in sehr hohem Mass bewahrt und wird zur Zeit sorgfältig restauriert. Als Gegenüber zum älteren Hochstudhaus Zihlstrasse 15 (Bauinventarobjekt BES920) kommt ihm an der alten Strasse von Reinach über das Zihl nach Birrwil zudem erheblicher Situationswert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Gebäude wurde nach der Bauinschrift auf dem Schlussstein des Hauseingangs im Jahr 1830 erbaut und im gleichen Jahr in den Brandkataster eingetragen, wo es als „Wohnhaus 2 Stok hoch, mit Bescheuerung, von Stein mit gewölbtem Keller und Ziegeldach“ beschrieben ist [1]. Bauherr war Johann Eichenberger, „Metzgerruedis“, von dem das Haus bereits 1837 erbweise auf vier seiner Söhne überging. Bis in jüngere Zeit blieb die Liegenschaft im Eigentum von Angehörigen desselben Familienzweigs der Eichenberger. Jakob und Rosina Härri-Eichenberger, die ab 1880 einen Anteil des Hauses besassen, richteten im hohen Sockelgeschoss einen Gemischtwarenladen ein, der noch bis in die 1940er Jahre als Tuch- und Stoffhandlung bestanden haben soll. 1895 liess Härri den Ökonomieteil modernisieren. Vielleicht im gleichen Zug wurden um 1900 einige Renovationen am Wohnteil vorgenommen, wobei insbesondere der Kachelofen im Erdgeschoss, einige Fenster sowie kleinere Teile des Täfers ersetzt wurde und das Haus aussen einen neuen Verputz erhielt.
Mit Ausnahme einer südseitigen Erweiterung des Ökonomieteils erlebte das Haus bis in jüngste Zeit nur sehr geringfügige Veränderungen. Seit 2005 wird es vom heutigen Eigentümer restauriert, wobei der Wohn- und Scheunenteil möglichst in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden sollen. Der nordseitige Anbau wurde unter Verwendung verschiedener Vorlagen historisierend umgestaltet und dient dem Eigentümer auch als Schaustück für die Gestaltung und Alterung von Holzoberflächen.
Beschreibung:Der bäuerliche Vielzweckbau steht auf dem „Zihl“ (auch „Ziel“), einer erhöht am Abhang des Hombergs gelegenen Geländeterrasse, über die bereits von alters her eine Strasse von Reinach nach Birrwil führte. In seiner näheren Umgebung bildet er das Gegenüber des älteren Hochstudhauses Zihlstrasse 15 (Bauinventarobjekt BES920). Das biedermeierlich geprägte und weitgehend in seinem bauzeitlichen Zustand erhaltene, stattliche Gebäude besteht aus einem giebelbetonten, gemauerten Wohnteil und der unter durchgehendem First anschliessenden, in Gemischtbauweise erstellten Ökonomie mit nachträglichen Anbauten. Der Wohnteil ist mit seiner westlichen Stirnfront an die Zihlstrasse gestellt, während die nördliche Traufseite mit dem Hauseingang der steil ins Dorf hinabführenden Wühristrasse zugewandt ist. Der zweigeschossige Baukörper setzt auf einem beinahe geschosshoch freiliegenden Kellersockel auf und trägt ein gerades, mässig steiles Krüppelwalmdach, dessen Giebelfeld in klassizistischer Form mit einem Klebdach ausgeschieden ist. Seine drei Schauseiten sind zeittypisch streng gegliedert, wobei die Stirnseite mit vier, die traufseitige, südliche Stubenfront mit fünf und die nördliche Traufseite mit drei Achsen von Einzelfenstern besetzt sind. Das Giebelfeld zeigt zwei Einzelfenster. Ob der sehr handwerklich wirkende Besenwurf-Verputz allenfalls ursprünglich ist oder aus der Zeit um 1900 stammt, wäre zu überprüfen. Die Lichtöffnungen werden von hölzernen Gewänden gerahmt und besitzen im Obergeschoss noch ihre bauzeitlichen Fenster samt Vorfenstern. Die Erdgeschossfenster stammen aus der Zeit um 1900, folgen grossteils aber ebenfalls der ursprünglichen Sprossenteilung in zweimal vier liegende Rechteckfelder. Mit Ausnahme der Nordfassade besitzen alle Fenster hölzerne Jalousieläden. Der Hauseingang liegt in der Mittelachse der zur Strassenkreuzung gewandten nördlichen Traufseite und wird über eine hohe, zweiläufige Freitreppe erreicht. Er besitzt ein gleichfalls hölzernes, mit Leisten profiliertes Gewände, das am Schlussstein mit den Initialen „HEB“ (Johann Eichenberger) und dem Baudatum 1830 versehen ist, und bewahrt noch das bauzeitliche, gefelderte Türblatt samt Beschlägen. Stirnseitig öffnet sich im Kellersockel leicht exzentrisch der Eingang zum einstmaligen Ladenlokal; ein weiterer ebenerdiger Kellereingang liegt an der Südfassade.
Der nach Osten anschliessende Ökonomieteil besitzt eine ebenfalls gemauerte Stirnseite, die analog zur Vorderfront von einem Krüppelwalm abgeschlossen wird. Eine spätere Aufmauerung der Traufwände wurde an der Nordseite seit 2005 in Anlehnung an die ursprüngliche Konstruktionsweise durch eine Ständerwand mit Bohlenfüllungen ersetzt. Zum ursprünglichen Bestand gehört hier noch das Tenntor samt Mannstür, das von einem gerundet ausgesägten Jochbalken überspannt wird. Analog gestaltet ist die östlich daran anschliessende, rekonstruierte Stallfront. An der Südseite ist das Dach des Ökonomieteils über eine nachträgliche Erweiterung mit Kalksandsteinmauerwerk herabgeschleppt.
An der Nordseite des Ökonomieteils ist quer zum First ein zweigeschossiger Anbau mit Satteldach an das Haus gestellt (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Dieser entspricht im Grundriss einem nachträglich angefügten Schweinestall, der allerdings lediglich eingeschossig unter abgeschleppter Dachfläche lag. Der heutige Bestand mit gemauertem Sockelgeschoss und einem in Ständerbauweise mit Bohlenfüllungen errichteten Obergeschoss samt Trauflaube ist seit 2005 in Anlehnung an verschiedene historische Bauformen aus der Region errichtet worden.
Die Raumdisposition im Inneren des Wohnteils ist, wohl wegen der Stellung des Hauses an der nördlich vor dem Haus gelegenen Strassenkreuzung, gegenüber dem üblichen Schema variiert. Der Hauseingang öffnet sich auf einen Stichgang, an den linkerhand die Treppe ins Obergeschoss und dahinter die Küche, rechterhand eine Kammer gefügt ist. Geradeaus liegt die nach Süden orientierte, drei Fensterachsen umfassende Stube, aus der wiederum die Nebenstube in der Südwestecke des Hauses zugänglich ist. Erhalten sind in allen Wohnräumen das bauzeitliche, gefelderte Weichholztäfer, Tannenriemenböden, Balkendecken mit Deckleisten sowie die bauzeitlichen Türen samt restaurierten Schlössern. Am Täfer wurden die Farbschichten grossteils abgelöst; sichtbar sind Reste einer hellgrünen, biedermeierlichen Farbfassung. In der Stube steht ein schöner, mit geometrischen Jugendstilornamenten verzierter Kachelofen samt Sitzkunst aus der Zeit um 1900. Aus derselben Zeit stammen die Fenster, die Basculeverschlüsse besitzen. In der zur Zeit im Umbau befindlichen Küche ist eine Binnenwand aus einem Ständergerüst mit einer Ausfachung aus liegenden Staketen zu sehen. Ein unter dem Fenster an ursprünglicher Stelle eingebauter Muschelkalk-Schüttstein stammt aus einem Haus vergleichbaren Alters in Gontenschwil. Geplant ist die Rekonstruktion der „Chemihurd“ (Rauchabzug).
Das Obergeschoss ist in analoger Gliederung seit jeher als eigene Wohnung eingerichtet. In den südseitigen Wohnräumen haben sich ebenfalls Feldertäfer, Riemenböden, Balkendecken und Türen erhalten, wobei das Täfer im Südwestzimmer in weitgehend identischer Gestaltung mehrheitlich in der Zeit um 1900 entstanden ist. Vom bauzeitlichen Kachelofen besteht noch die hellblaue, kürzlich restaurierte Sitzkunst. Das Nordzimmer hatte wohl seit jeher nur geweisselte Wände. Im Dachgeschoss befinden sich zwei Mansarden mit Tapetenresten. Unter Stube und Küche erstreckt sich quer zum First ein geräumiger Gewölbekeller. Strassenseitig schliesst daran auf gleichem, nur leicht unter dem gewachsenen Terrain liegenden Niveau das ehemalige Verkaufslokal an.
Im Inneren des Ökonomieteils hat sich zu grossen Teilen das ursprüngliche Ständergerüst bewahrt, das seit 2005 teilweise entsprechend dem ursprünglichen Zustand mit behauenen Balken ergänzt wurde. Das Dachgerüst ruht als Sparrenkonstruktion auf einem stehenden Stuhl und besitzt keine Aufschieblinge.
Anmerkungen:[1] Baugeschichte nach Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938 sowie Bolliger 2003, freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom heutigen Eigentümer, Zimmermann Martin Hoffmann.
Literatur:- Rolf Bolliger, Das Zihl in Beinwil am See. Die Geschichte seiner Häuser, Typoskript, [2003], beim heutigen Eigentümer (2016).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938.
- Fotografien, Pläne und weiter Dokumentationen zum Umbau seit 2005 beim heutigen Eigentümer.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131010
 

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