INV-JON934 Bäckerei Obschlagen 8, 10, 1887 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-JON934
Signatur Archivplan:JON934
Titel:Bäckerei Obschlagen 8, 10
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2016)
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Jonen
Ortsteil / Weiler / Flurname:Obschlagen
Adresse:Obschlagen 8, 10
Versicherungs-Nr.:144
Parzellen-Nr.:93
Koordinate E:2672796
Koordinate N:1239496
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2672796&y=1239496

Chronologie

Entstehungszeitraum:1887
Grundlage Datierung:Brandkataster
Nutzungen:1883-1951 Bäckerei

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:JON925, JON935
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäckerei

Dokumentation

Würdigung:Baugeschichtlich interessantes Bäckerei- und Ökonomiegebäude, das über längere Zeit mit der Mühle eine funktionale Einheit bildete und an die Blütezeit des einstigen Grossbetriebs im landwirtschaftlich und gewerblich geprägten Weiler Obschlagen erinnert. Der langgezogene, sich hangparallel in die Topografie fügende Baukörper vereint einen wohl noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden, 1883 zur Bäckerei umgebauten ehemaligen Speicher mit einem schmucken, 1887 ostseitig in spätklassizistisch-biedermeierlichem Stil angefügten Hausteil. Der sorgfältig aus Bruchsteinmaterial gefügte Kellersockel mit den früheren Gewerberäumen beeindruckt in der westlichen Gebäudehälfte durch seine Mächtigkeit, während der Dachkonstruktion des ehemaligen Speichers aufgrund ihrer eigentümlichen Ausprägung besonderer Wert zukommt. Ab 1895 etappenweise zu Wohnzwecken umgebaut. Während die Mühle 1922 verkauft und der Mühlenbetrieb eingestellt wurde, diente die Bäckerei noch bis 1951 ihrem Zweck.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die westliche Hälfte des ehemaligen Bäckereigebäudes dürfte aufgrund der mächtigen Bruchsteinmauern am Kellersockel und der altertümlichen Dachkonstruktion noch aus dem 18. Jh. stammen. Im ersten Brandkataster von 1812 ist am selben Standort „Ein Holtzhauss und Spicher von Stein mit Ziegel gedekt“ verzeichnet [1]; 1829 ist von einem „Speicher mit Keller, von Stein und Holz mit Ziegeldach“ die Rede [2]. Aus diesem Kernbau ging dann in Etappen das vorliegende Bäckerei- und Ökonomiegebäude hervor. Bereits Müller Jost Huber (1798-1846) errichtete 1823 darin einen Backofen [3]. Seinem Antrag, als Bäckermeister in die Bäckereigenossenschaft Bremgarten aufgenommen zu werden, wurde seitens des Regierungsrates jedoch nicht entsprochen, da er weder eine Lehre noch Wanderjahre absolviert hatte. Auf dem Wasserwerkplan von 1860 wird das Gebäude wohl entsprechend seiner damaligen vorwiegenden Nutzung lediglich als Keller bezeichnet [4], im darauf folgenden Brandkataster von 1876 wiederum als „Speicher v. Stein u. Rieg mit 2 Tremkeller“. Unter den Brüdern Beda und Emil Huber, welche den Mühlenbetrieb 1880 von ihrem Vater und Erbauer des neuen Mühlengebäudes, Balthasar Huber, übernommen hatten, erfolgte 1883 ein grösserer Umbau, bei dem nun offiziell eine Bäckerei eingerichtet wurde [5]. Das Gebäude war in der Folge für 3000 Franken versichert, der Backofen für 1800. 1886/87 erfuhr die Bäckerei durch den ostseitigen Anbau eines „Ökonomiegebäudes“ eine wesentliche Erweiterung (vgl. Wasserwerkplan von 1886 in der Bilddokumentation). Dieses dürfte neben Lagerräumen im Obergeschoss die Wohnung des Bäckermeisters aufgenommen haben (später modernisiert). 1895 wurden eine Obstpresse aufgestellt und im Obergeschoss des älteren Gebäudeteils Zimmer für die Angestellten eingerichtet [6].
Zu Zeiten, als Mühle und Bäckerei florierten, wurde das Brot mit dem Zweispänner bis nach Wohlen geliefert. Während die Mühle nach einem Eigentümerwechsel 1922 bald zum Stillstand kam, wurde die Bäckerei bis 1951 weiterbetrieben [7]. Anschliessend baute man im Bäckereigebäude eine zweite Wohnung ein. Aus dieser Zeit stammt möglicherweise die südseitige Giebellukarne.
Beschreibung:Die ehemalige Bäckerei fügt sich hangparallel ins ansteigende Gelände nordöstlich der Mühle ein. Vom Fussweg Richtung Kapelle führt von Osten her eine Zufahrt zum südseitigen Vorplatz. Der langgezogene Baukörper besteht aus zwei unterschiedlich dimensionierten Gebäudeteilen, die mit einem leichten Knick so aneinandergefügt und gestaffelt sind, dass ihre Südfassaden bündig zusammenlaufen und die Satteldächer einen durchgehenden, weit vorkragenden und auf beschnitzte Büge abgestützten Vorscherm bilden. Der Kellersockel, der talseitig freiliegt und gewissermassen das Erdgeschoss bildet, ist bei beiden Hausteilen aus Bruchsteinmaterial gefügt, während der Oberbau in Fachwerk aufgeführt ist. Die Rafen der nur mittelsteilen Satteldächer liegen auf einem Kniestock auf.
Beim hinteren, westlichen Gebäudeteil handelt es sich um einen ehemaligen Speicher, der aufgrund seiner mächtigen Bruchsteinmauern im Kellerbereich und der altertümlichen Dachkonstruktion noch ins 18. Jh. einzuschätzen ist. Das Kellergeschoss öffnet sich in der Mitte der Südfassade mit einer Rechtecktür. Daneben ist auf beiden Seiten je ein grosses Rechteckfenster eingelassen. Alle Wandöffnungen werden von eichenen Gewänden eingefasst. Den gemeinsamen Sturz bilden innenseitig zwei mächtige durchgehende Balken.
Die Fenster stammen ihrem Beschlagwerk zufolge noch aus dem frühen oder mittleren 19. Jh., möglicherweise auch die handgeschmiedeten Gitter hinter den Vorfenstern. Das Türblatt dürfte aus der Zeit um 1900 datieren. Die Bäckereieinrichtung ist nicht mehr vorhanden. Die darüber liegende Fachwerkkonstruktion weist verschiedene grosszügig bemessene Fenster unterschiedlichen Formats auf, die erst mit der Umnutzung des oberen Geschosses zu Wohnzwecken hinzugekommen sein dürften. Der Zugang zur Wohnung erfolgt über eine Tür auf der rückwärtigen Traufseite, welche bis zum Kniestock massiv gemauert ist. Die südseitig angelegten Räume, die 1895 als Kammern für die Angestellten eingerichtet wurden, sind über einen Längsgang erschlossen (auf der Nordseite weitere Räume unter einem angeschleppten jüngeren Anbau). Im ausgebauten Dachgeschoss hat sich eine altertümlich anmutende Konstruktion mit kräftigen Dreieckstreben, Firstpfette und ursprünglichem Kniestock erhalten. Als bemerkenswerte Besonderheit liegen die Mittelpfetten nicht direkt auf den Streben, sondern sind auf Balkenstüde gesetzt.
Unter etwas höherem First schliesst nach Osten das 1887 in spätklassizistisch-biedermeierlichem Stil erstellte Ökonomiegebäude an. Der unverputzte, aus Bruchsteinmaterial gefügte Kellersockel weist nach Süden auf den Vorplatz hin zwei unterschiedlich breite Rechtecktore auf, welche noch die alten Türflügel mit horizontaler Aufdoppelung bewahren. Dazwischen befindet sich ein hochrechteckiges Fenster. Wie die beiden schmalseitigen Fenster, die heute zu einer nachträglich in die südöstliche Gebäudeecke eingebauten Garage gehören, zeigen alle historischen Öffnungen am Erdgeschoss Entlastungsbögen aus Backsteinen sowie fein scharrierte, steinerne Gewände. Die Fenster sind wie beim Speicher mit Brettläden ausgestattet.
Das in Fachwerk mit nur grob gemörtelten Bruchsteinfüllungen errichtete Obergeschoss, das von Beginn weg die Wohnung des Bäckers enthalten haben dürfte und im Verlauf des 20. Jh. umgebaut wurde, ist mit vier auf drei Achsen regelmässig mit Fenstern besetzt (nördliches Fenster in der Ostfassade nachträglich verbreitert). Sie werden von hölzernen Rahmen eingefasst und bewahren noch die Vorfenster und Jalousieläden. Zwei weitere Fenster belichten das geräumige Dachgeschoss, das auf der rückwärtigen Traufseite am Kniestock ein zweiflügliges Türchen besitzt. Das dekorative Giebelfeld schmückt unter dem First eine biedermeierlich geprägte Lünette mit dekorativem, filigran ausgesägtem Holzladen.
Im Innern existieren auf allen Geschossebenen direkte Durchgänge zum älteren Gebäudeteil. Nennenswerte historische Ausstattung hat sich mit Ausnahme von Füllungstüren aus dem späten 19. Jh. im Obergeschoss des ehemaligen Speichers nicht erhalten.
Anmerkungen:[1] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828 (Vers.-Nr. 80).
[2] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1829-1849 (Vers.-Nr. 79).
[3] Widler 1998, S. 66. Bürgisser 1991, S. 74.
[4] Staatsarchiv Aargau, DB.W01/0024/06(W.W.Nr. 216/217): Getreidemühle B. Huber in Obschlagen, Plan von 1860.
[5] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898 (Vers.-Nr. 133). – Gleichzeitig investierten die Brüder in die Modernisierung der Mühleneinrichtung, vgl. Widler 1998,S. 67.
[6] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898 (Vers-Nr. 144).
[7] Widler 1998, S. 70.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Max Widler, Es bsonders Volk. Litzi, Mörgeln, Obschlagen – die Aussenhöfe von Jonen, Jonen 1998, S. 62-63, 66-67, 70 (Abb.).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938.
- Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828, 1829-1849, 1876-1898.
- Staatsarchiv Aargau, DB.W01/0024/06(W.W.Nr. 216/217): Getreidemühle B. Huber in Obschlagen, Pläne von 1860 und 1886.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, III-11/34.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131958
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds