INV-LEN949 Villa Bahnhofstrasse 28, 1905 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-LEN949
Signatur Archivplan:LEN949
Titel:Villa Bahnhofstrasse 28
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2016)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bahnhofstrasse
Adresse:Bahnhofstrasse 28
Versicherungs-Nr.:755, 933
Parzellen-Nr.:1881
Koordinate E:2655500
Koordinate N:1249066

Chronologie

Entstehungszeitraum:1905
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2017

Dokumentation

Würdigung:Villenartig gestaltetes Zweifamilienhaus in Späthistorismusformen, das 1905 für Kaufmann Alfred Müller, Gründer der nach ihm benannten Papierwarenfabrik, erbaut wurde. Das Gebäude, das durch asymmetrisch angeordnete Risalite mit Sichtfachwerkgiebeln, einen Erkervorbau sowie eine Veranda eine zeittypische, malerisch-unregelmässige Erscheinung erhält, ist äusserlich weitgehend intakt erhalten und bewahrt auch Teile der qualitätvollen originalen Ausstattung. Zu seiner Entstehungszeit stand es in räumlichem Zusammenhang mit der Gruppe von Fabrikanten- und Unternehmervillen entlang der Angelrain- und der Bahnhofstrasse (Bauinventarobjekte LEN914, 915, 923 sowie das entlassene Bauinventarobjekt LEN925). Zur Zeit ist die als bauliches Verdichtungsgebiet vorgesehene Umgebung durch eine ganze Reihe von projektierten und ausgeführten Neubauten in starker Veränderung begriffen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Zweifamilienhaus wurde gemäss Angabe im Brandkataster 1905 für Kaufmann Alfred Müller erbaut [1]. Dieser gründete später die nach ihm benannte Papierwarenfabrik, die zunächst in Wohlen und ab 1910 in einem Neubau (Vers.-Nr. 841) auf der Nordseite des Bahnhofs Lenzburg ansässig war und vor allem für die Herstellung von Verpackungsmaterial bekannt war [2]. Um 1920/30 dürfte nach Ausweis seiner Bauformen der Gartenpavillon zur Bahnhofstrasse hin (Vers.-Nr. 933) entstanden sein.
1989 wurden die beiden Wohnungen unter weitgehender Erhaltung der Raumstruktur sanft renoviert [3].
Beschreibung:Das villenartig gestaltete, späthistoristische Zweifamilienhaus erhebt sich in prominenter Lage in einem grosszügigen Gartengrundstück auf der Nordseite der Bahnhofstrasse. Der räumliche Zusammenhang mit den im gleichen Zeitraum erbauten Fabrikanten- und Unternehmervillen an der Bahnhof- und der Angelrainstrasse (Bauinventarobjekte LEN914, 915, 923 sowie entlassenes Bauinventarobjekt LEN925), an die sich das Gebäude damals anschloss, ist heute nur noch beschränkt wahrnehmbar. Es handelt sich um einen zweigeschossigen verputzten Mauerbau, der in zeittypischer Weise malerisch-unregelmässig gegliedert und durch entsprechende Zierformen belebt ist. An einen im Grundriss annähernd quadratischen Baukörper sind nach drei Seiten Risalite angefügt, die mit Sichtfachwerk-Quergiebeln an das zeltförmig ausgebildete Hauptdach stossen und der Dachlandschaft eine entsprechend vielfältige Erscheinung geben. Einen Blickfang bilden die in Sichtfachwerk ausgebildeten Giebelfelder, von denen die beiden prominenter gelegenen mit Krüppelwalm und Firstknauf abgeschlossen werden.
Die beiden glatt verputzten Hauptgeschosse setzen auf einem hohen, mit Besenwurf versehenen Kellersockel auf und werden an den Gebäudekanten von einzelnen, grob bossierten Hausteinquadern akzentuiert. Die Fenster sind mit ein- und mehrteiligen, sorgfältig gearbeiteten Sandsteingewänden gerahmt. Eine Besonderheit bilden die am Sturz geschweiften Ladenfalze, mit denen die geschweiften Oberkanten der durchgehend erhaltenen bauzeitlichen Jalousieläden korrespondieren. Die Fenster zur Bahnhofstrasse waren schon ursprünglich mit Rollläden ausgestattet, von denen noch die bauzeitlichen Lambrequins (Verschalung der Rollladenkästen) erhalten sind, während die Rollläden selbst erneuert sind.
Die zum Garten und zur Bahnhofstrasse gewandte Südfassade ist mit einem seitlich angeordneten, Quergiebeltrakt und einer doppelgeschossigen Balkonlaube vor dem Hauptbaukörper besonders vielfältig gestaltet. Im Erdgeschoss ist dem Risalit ein dreiseitig gebrochener Erker mit geschweifter Blechhaube angefügt; das Obergeschoss besitzt ein Dreierfenster. Das Blendfachwerk des Giebelrisalits ist hier wie auch an der Westfassade in geschweiften Jugendstilformen gestaltet. Die Balkonlaube wird im Erdgeschoss (wohl nachträglich verschlossen) von einem gemauerten Segmentbogen, im Obergeschoss von einer Holzkonstruktion in den Formen des Schweizer Holzstils gebildet. Die etwas einfacher gestaltete Westfassade ist in dem hier flacher ausgebildet Risalit und im anschliessenden Wandstück mit jeweils einer Achse von Einzelfenstern versehen. Nach Westen hin öffnet sich auch der Hauseingang, der im Treppenhausrisalit an der rückwärtigen Nordfassade liegt. Er wird über eine Freitreppe und eine Vorhalle mit Balkonaufbau erreicht und besitzt noch das bauzeitliche Türblatt mit schönen schmiedeeisernen Vergitterungen in floralen Jugendstilformen. Einfacher gestaltet sind die Nordfassade mit den stufenartig ansteigenden Treppenhausfenstern und die mit Einzel- sowie Doppelfenstern besetzte Ostfassade. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Auf den Nebenfirsten sitzen jeweils einfache Knäufe, auf dem Hauptfirst ein solcher mit Wimpel. Zur Bahnhofstrasse hin öffnet sich in der Dachfläche eine kleine Giebellukarne, die in ähnlicher Form wohl schon ursprünglich bestand. Komplettiert wird die Dachlandschaft von zwei bauzeitlichen Kaminen mit detailreich gestalteten Hüten.
Im Inneren hat sich die qualitätvolle Ausstattung in wesentlichen Teilen im bauzeitlichen Zustand erhalten. Der Hauseingang öffnet sich direkt auf das Treppenhaus, von dem aus mit Stichgängen die beiden Geschosswohnungen erschlossen werden. Das Treppenhaus besitzt noch die ursprüngliche Holztreppe mit gedrechseltem Staketengeländer samt Antrittspfosten. Auf dem mit einem Terrazzoboden versehenen Antrittspodest sind als Intarsien die Initialen „AM“ für den Erbauer Alfred Müller eingelassen. Die bauzeitlichen Wohnungsabschlüsse sind in geschweiften Jugendstilformen gestaltet und mit verschiedenfarbigem Kathedralglas verschlossen. Der Hauptwohnraum der Erdgeschosswohnung ist mit einem schön gearbeiteten, holzsichtigen Arventäfer und einem ockerbraunen historistischen Ofen mit Reliefkacheln ausgestattet. Zwischen den beiden weiteren Zimmern steht ein analog gestalteter, graufarbener Ofen. Ein Zimmer ist mit einer Deckenmalerei in floralen Jugendstilformen geschmückt. In der Obergeschosswohnung ist das ebenfalls aufwendig gestaltete, hier dreiviertelhohe Täfer mit einem geschweiften Abschluss versehen und zweifarbig mit qualitätvollen Holzmaserierungen versehen. Die Böden sind hier im Unterschied zum Erdgeschoss erneuert. Die übrigen Räume sind modernisiert und teilweise durch Wanddurchbrüche verbunden. Das Dachgeschoss ist heute mit der Obergeschosswohnung zusammengefasst.
Der aufmerksam gepflegte Garten wird zur Bahnhofstrasse hin von einer bauzeitlichen Umfriedung abgeschlossen, die zwischen Hausteinpfosten mit glockenförmigen Abschlüssen einen geschweiften Schmiedeeisenzaun mit ähnlichen Zierformen wie an der Vergitterung der Haustür. An der zum Bahnhof gerichteten Ecke der Parzelle erhebt sich ein etwas jüngerer, oktogonaler Gartenpavillon mit Schweifdach, an den eine wohl gleichzeitig erstellte seitliche Umfriedung des Gartens mit geschweiftem Holzlattenzaun und Mauerpfosten anschliesst. Vom Toreingang an der Bahnhofstrasse führt eine Granittreppe in den um einige Stufen erhöhten Garten. Dieser ist mit Sträuchern und Bäumen reich bepflanzt.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
[2] Vgl. Hektor Ammann, Lenzburg, Kulm. Heimatgeschichte und Wirtschaft, Zürich 1947, S. 150; VAMUS, Datenbank Industriekultur: http://www.vamus.ch/industriekultur/index.cfm, Art. ‚Kartonagenfabrik Alfred Müller & Co.‘ (Zugriff 25.4.2017).
[3] Baugesuche im Baugesuchsarchiv.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Aargauer Heimatschutz AHS / Aargauer Landschaftsarchitekten BSLA, Inventar der Historischen Gärten und Anlagen des Kantons Aargau, Stadt Lenzburg, LEN-G-047.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, ZwA 1940.0007/4463, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1829-1850; CA.0001/0413-0417, Brandkataster Gemeinde Lenzburg, 1850-1938.
- Stadt Lenzburg, Baugesuchsarchiv: Umbauten 1989.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=132655
 

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