INV-ROT907 Rägelerhof, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-ROT907
Signatur Archivplan:ROT907
Titel:Rägelerhof
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2017)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Rothrist
Ortsteil / Weiler / Flurname:Rägelerhof
Adresse:Sägetstrasse 168
Versicherungs-Nr.:23
Parzellen-Nr.:782
Koordinate E:2636159
Koordinate N:1238942

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Barock

Dokumentation

Würdigung:Bernisch geprägtes, barockes Wohnhaus aus dem späteren 18. Jahrhundert, das zu einem isoliert in der Wiggerebene liegenden Gehöft gehört. Der stattliche Fachwerkbau, der von einem weit ausladenden Gehrschilddach mit Ründegiebeln abgeschlossen wird und dessen Fassaden seit dem frühen 20. Jahrhundert einen Verputz tragen, bewahrt seine intakte äussere Erscheinung wie auch wesentliche Teile der Ausstattung. Erwähnung verdient insbesondere der aus wertvollen Bilderkacheln des späteren 18. Jahrhunderts neu aufgesetzte Kachelofen. Durch seine exponierte Lage im offenen Kulturland der Wiggerebene entfaltet das Gehöft eine erhebliche Fernwirkung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der „Rägelerhof“, der nach dem Grundwasserstrom der Wigger, dem „Rägeler“, benannt ist, dürfte nach seinen barocken Bauformen im späteren 18. Jh. entstanden sein. Dies wird auch durch die stilistische Einordnung der Bilderkacheln am Stubenofen unterstützt; fraglich scheint vor diesem Hintergrund hingegen eine Jahrzahl 1708, die ehemals am Ofen vorhanden gewesen sein soll, mit der entsprechenden Kachel beim Neuaufsetzen des Ofens allerdings zerstört wurde [1]. Im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1875 wird das Gebäude als „Wohnhaus von Rieg u. Holz, mit 1 gew[ölbten] u. 2 Tremkellern“ und Ziegeldach, im Eigentum des Peter Ryser, beschrieben. Dazu gehörte eine freistehende „Scheune v. Holz mit 1 Schopfanbau u. Schweinställen“, ebenfalls mit harter Bedachung [2]. 1877 wird Johann Hofer, Bäcker als Eigentümer der Scheune genannt, bevor beide Gebäude wieder gemeinsam 1880 an Johann, Gottlieb und Albert Ryser, bereits 1881 an Heinrich Vogt, Küfer, übergingen und schliesslich bei dessen Nachkommen verblieben. 1908 wurde die freistehende Scheune gemäss der Überlieferung abgebrochen und neu aufgebaut, was angesichts der Erhöhung der Versicherungssumme auf mehr als das Dreifache möglich scheint; offenbar hielt man sich dabei aber an die Abmessungen des Vorgängerbaus, der gemäss Eintrag von 1875 mit 23 x 8.8 Metern im Grundriss sowie 4.1 Metern in der Höhe etwa den Abmessungen der heute bestehenden Scheune entsprach [3]. Ebenfalls kurz nach 1900, vielleicht im Zusammenhang mit dem Neubau der Scheune, erhielt das Wohnhaus einen Fassadenverputz mit Eckquaderung. 1964 wurde der Kachelofen neu aufgesetzt.
Vor einigen Jahren erfuhr das Gebäude eine sanfte Aussenrenovation.
Beschreibung:Das stattliche, isoliert in der Wiggerebene liegende Gehöft besteht aus einem bernisch geprägten barocken Wohnhaus und einer freistehenden, in der Firstlinie vom Haus leicht abgerückten Scheune von 1908 (nicht Bestandteil des Schutzumfangs), die in ihren Abmessungen dem wohl zusammen mit dem Wohnhaus entstandenen Vorgängerbau folgt (vgl. Bilddokumentation). Die Getrenntbauweise von Wohnhaus und Scheune, wie sie gerade in Rothrist auch im typlogisch ähnlichen Grüthof (Bauinventarobjekt ROT911) dokumentiert ist, zeugt dabei von einer gewissen Wohlhabenheit der Erbauer [4]. Beim Wohnhaus handelt es sich um einen zweistöckigen, geschossweise abgezimmerten Fachwerkbau, der unter einem Gehrschilddach mit markantem, hochliegendem Knick und Giebelründen liegt. Das ursprünglich fassadensichtige Fachwerk ist heute bis auf Teile der östlichen Giebelfront unter einem Besenwurf-Verputz mit Eckquaderung aus dem frühen 20. Jh. verborgen. Die Fachwerkkonstruktion soll sich teilweise in einem schlechten Erhaltungszustand befinden, was wohl auf den Luftabschluss zurückzuführen ist.
Die nach Süden auf den Fahrweg ausgerichtete Traufseite ist axialsymmetrisch mit sieben Fensterachsen gegliedert, die gemäss der Raumstruktur im Inneren mittig zu dreien und seitlich zweimal zu zweien gruppiert sind. Die Rechteckfenster besitzen Holzeinfassungen mit sorgfältig profilierten, wulstige Bänken. Im Erdgeschoss sind hölzerne Jalousieläden aus der Zeit um 1900 und wohl zeitgleiche oder noch ältere Fensterverschlüsse erhalten. Eine Ausnahme bildet die zweiachsig befensterte westliche Giebelfront, die im gemauerten Erdgeschoss stichbogige Sandsteingewände aufweist. Die hofseitige, östliche Giebelfassade, über die auch der Zugang zum Haus erfolgt, ist mit einer Obergeschoss- und einer Giebellaube auf Holzpfosten versehen, von denen sich die erstere auch über die ganze nördliche Traufseite hinwegzieht. Der Hauseingang wird von einem profilierten Sturzholz abgeschlossen und besitzt die originale Brettertür mit aussen aufgedoppelten Füllungsfriesen. Die traufseitig weit vorspringenden Dachuntersichten sind vertäfert. Die westseitige Giebelründe ruht auf beschnitzten Bügen.
Die Erschliessung erfolgt stirnseitig vom Hof her über einen mittigen Stichgang, an dessen Ende sich Türen auf die Stube im Vorderhaus und die Küche im Hinterhaus öffnen. An diese schliesst westseitig je ein weiterer Raum an; zwei weitere Kammern liegen beidseits des Stichgangs, in dem eine Treppe ins Obergeschoss führt. Die Ausstattung stammt zum Grossteil noch aus der Entstehungszeit und umfasst Sichtbalkendecken mit Zierfasen und eingeschobenen Bretterböden, stehendes Wandtäfer mit Deckleisten, Tannenriemenböden sowie Füllungstüren mit teilweise originalen Beschlägen des 18.Jh. Das Prunkstück bildet der Ofen in der erdgeschossigen Stube, der weisse, in Sepia bemalte Kacheln zeigt und 1964 mit verstärkenden Stahlbändern neu aufgesetzt wurde. Eine 1708 datierte Bilderkachel ist wohl eine Replik vom Zeitpunkt des Wiederaufsetzens, zumal die Jahrzahl in einer für das 18. Jh. unüblichen Weise aufgemalt ist und auch stilistisch höchst fragwürdig scheint. Ob weitere Kacheln erneuert wurden, wäre am Original zu überprüfen. Für den Wiederaufbau der zweistufigen Kunst wurden Bilderkacheln von der Feuerwand verwendet. Die wertvollen barocken Bilderkacheln zeigen Landschaftsszenen mit Rocaillenrahmung, die stilistisch ins spätere 18. Jahrhundert weisen und vielleicht dem Aarauer Hafner Johann Jakob Fischer (1746-1809) zugeschrieben werden können [5]. Im Obergeschoss hat sich eine Truhe aus der Entstehungszeit des Hauses erhalten. Das Dachgerüst ist eine Sparrenkonstruktion mit Aufschieblingen auf liegendem Stuhl. Ein von aussen zugänglicher, quer zum First gerichteter Gewölbekeller liegt unter dem westlichen Gebäudeteil (Hausinneres gemäss Kurzinventar 1995).
Die grossvolumige Stallscheune (Vers.-Nr. 22, nicht Bestandteil des Schutzumfangs) stammt in ihrer heutigen Form aus dem frühen 20. Jh. und ersetzt in gleicher Stellung einen Vorgängerbau.
Anmerkungen:[1] Hofer 1981, Abb. 55.
[2] Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
[3] Hofer 1981, Abb. 55; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
[4] Vgl. Räber 2002, S. 373f.
[5] Vgl. Karl Frei, Zur Geschichte der aargauischen Keramik des 15. bis 19. Jahrhunderts, Zürich 1931 (Sonderdruck aus: Anzeiger für schweizerische. Altertumskunde, N.F., Bd. 33 (1931), S. 73-332), S. 122, Abb. 34-37.
Literatur:- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 373f.
- R[olf] Hofer, Rothrist in alten Ansichten, Zaltbommel (NL), 2. Auflage, 1981, Abb. 55.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
- Archiv Schweizerische Bauernhausforschung, jetzt im Freilichtmuseum Ballenberg, Brienz BE: Aufnahmepläne Kant. Bernisches Technikum Burgdorf, 1928.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-ROT839.009 Sägetstrasse 11 (=ROT907), 1708 (ca.) (Dossier (Dokumentationsobjekte))

siehe auch:
DOK-ROT839.010 Scheune zu Wohnhaus Sägetstr. 11 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133541
 

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